Falsche Signale am Rentenmarkt „Es ist zu früh, die Zinswende auszurufen“

Ist seit kurzem Geschäftsführer und Investmentchef der Laransa Private Wealth Management: Björn Siegismund

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In der letzten Aprilwoche hat sich der Zins für zehnjährige Bundesanleihen mehr als verdoppelt. Zwar erfolgte der Anstieg von einem sehr niedrigen Niveau in Höhe von 0,15 Prozent aus, der rasante Anstieg auf 0,37 Prozent in derart kurzer Zeit ist dennoch beachtlich.

Seit dem bisherigen Zinstief von nur 0,07 Prozent am 17. April ist damit die Rendite um 30 Basispunkt innerhalb kurzer Zeit überraschend deutlich angestiegen. Behält also Bill Gross mit seinem Tweet „German 10yr Bunds = The short of a lifetime“ Recht? Und markiert die jüngste Zinsbewegung nun den Anfang vom Ende des Niedrigstzinsniveaus?

Zeitpunkt für Zinswende noch nicht gekommen

Für den jüngsten Zinsanstieg wurden viele Argumente geliefert, darunter Markttechnik oder taktische Gründe. Aber auch fundamentale Begründungen kursieren, wie eine mögliche Einigung im Schuldenstreit mit Griechenland und eine gestiegene Kreditvergabe an den Privatsektor.

Wir glauben, dass es verfrüht ist, die Zinswende auszurufen. Der Hauptgrund dafür ist weiterhin in der Europäischen Zentralbank zu sehen. Erst seit zwei Monaten läuft deren Quantitative-Easing-Programm (QE) über insgesamt rund 1,14 Billionen Euro. Bis mindestens September 2016 beabsichtigt die EZB, monatlich 60 Milliarden Euro an europäischen Staatsanleihen, darunter zu großen Teilen die der Bundesrepublik Deutschland, aufzukaufen.

Angesichts der Tatsache, dass der Bund derzeit keine neuen Schulden aufnimmt, bleiben Bundesanleihen ein Knappheitsgut, was die Preise hoch halten dürfte. Auch wird der Aufschwung der Eurozone im Jahresverlauf insgesamt weiterhin fragil bleiben. Dies signalisieren die zuletzt enttäuschenden Frühindikatoren wie die Einkaufsmanagerindices vieler europäischer Länder.

Zwar liefern der niedrige Ölpreis sowie der schwache Euro einige Wachstumsimpulse und die Binnennachfrage dürfte von einer leichten Lockerung der Kreditangebotsbedingungen profitieren, aber EZB-Präsident Mario Draghi wird es unserer Meinung nach nicht riskieren, diese zarten positiven konjunkturellen Tendenzen mit einer vorschnellen Beendigung seines QE-Programms aufs Spiel zu setzen.

Vergleich mit den USA hinkt

Schnell wird auch der Vergleich mit der Entwicklung in den USA herangezogen. Die Argumentation einiger Analysten lautet, dass auch in den USA mit Start des QE-Programms der amerikanischen Notenbank Fed, die Zinsen gestiegen seien.

Dies ist richtig, aber der Vergleich hinkt dennoch. So fiel der Zinsanstieg mit Start des damals dritten QE-Programms nur gering aus. Erst die Ankündigung des damaligen Präsidenten des Federal Reserve Board, Ben Bernanke, das Ankaufprogramms zurückzufahren, ließ die US-Zinsen um rund 1,5 Prozentpunkte deutlich ansteigen.

Auch die Voraussetzungen für den Ausstieg aus dem QE-Programm waren in den USA andere, als sie heute in der Eurozone anzutreffen sind. Die US-Wirtschaft zeigte bereits deutliche Erholungstendenzen, die gesundeten US-Banken versorgten die Wirtschaft mit ausreichend Krediten und die Arbeitslosenquote sank kontinuierlich.

Inflationserwartung bleibt wichtigster Indikator

Für die Eurozone können wir uns ein ähnliches Szenario vorstellen – einen Zinsanstieg, wenn die bekannten Probleme der Eurozone gelöst werden sollten. Denn dann sollte auch für Mario Draghi ein Ausstieg aus dem QE-Programm eine Alternative sein. Doch davon ist die Eurozone noch weit entfernt.

Wann ist also der richtige Zeitpunkt, um auf einen Verfall der Bundesanleihekurse zu setzen? Wichtigster Anhaltspunkt bleibt die Erwartung der EZB hinsichtlich der Preisentwicklung in der Eurozone. Stabilisiert sich die Inflationserwartung oberhalb von ein Prozent, stehen die Chancen für einen QE-Ausstieg gut.

Aber auch schon vorher kann die Gelegenheit für den Aufbau einer Short-Position kommen. So hat Mario Draghi im März 2015 bestätigt, Anleihen nur bis zum Einlagenzins der EZB zu kaufen. Dieser liegt aktuell bei minus 0,20 Prozent. Natürlich ist diese Untergrenze nicht in Stein gemeißelt, aber das Chance-/Risikoprofil für eine Short-Position in zehnjährigen Bundesanleihen ist spätestens zu diesem Zeitpunkt ausreichend attraktiv.

Unsere Strategie lautet folglich, geduldig – unter Umständen auch gestaffelt – Short-Positionen aufzubauen und nicht vorschnell gegen die Zentralbank zu wetten. Sinnvoll skaliert kann so nicht nur eine Ertragskomponente mit einzigartigem Chance-/Risikoprofil, sondern auch ein diversifizierender Bestandteil dem Portfolio unserer Kunden hinzugefügt werden.

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