Die Lufthansa stürzte 2020 ab. Das Corona-Virus und Standard and Poor’s haben das Unternehmen zum gefallenen Engel degradiert. Doch stürzte die Anleihe nicht engelsgleich vom Himmel in die Hölle, sondern stolperte lediglich. Über die entscheidende Stufe zwischen Investment-Grade- und High-Yield-Anleihen, die Anleihen in Engel und gefallene Engel unterteilt.
Verliert eine BBB-Anleihe ein B, fällt sie nicht einfach nur einen Rang im Rating, sie stürzt vom Niedrigzins- ins Junk-Bond-Segment, die Hölle des Anleiheuniversums. Das zwingt eine Reihe von Investoren zum Verkauf, beispielsweise Index Tracker, die nach Bonität abstufen, oder institutionelle Investoren, die Bonitätsvorgaben einhalten müssen.
Diese Zwangsverkäufe drücken den Preis. Gute Nachrichten für Anleger mit Risikoappetit: Sie können die Abschläge gegenüber dem Preis nutzen, der aufgrund der Fundamentaldaten eigentlich gerechtfertigt wäre.
Investoren können doppelt profitieren
„Sobald die Anleihe herabgestuft ist, erholen sich die Preise in der Regel wieder, da die Verkäufe nachlassen und die Emission in High-Yield-Indizes erscheint“, sagt Paul Syms, Leiter des Anleihen-ETF-Produktmanagements für die Emea-Region bei Invesco.
Und in einigen Fällen profitieren Investoren sogar doppelt. Anleihen mit einem BB-Rating haben unter den Hochzins-Anleihen das geringste Ausfallrisiko. Zudem haben Fallen Angels gute Chancen darauf, zum Rising Star zu werden. Die aufsteigenden Sterne sind das Gegenteil der gefallenen Engel: Sie steigen vom High-Yield- in das Investment-Grade-Segment auf, wenn Standard & Poor’s oder Fitch ihnen ein drittes B verpassen.
Diese Auszeichnung der Rating-Agenturen erhalten gefallene Engel häufiger als Anleihen, die ursprünglich als High-Yield-Anleihe emittiert wurden. Stufen Rating-Agenturen Anleihen hoch, sind Investoren, die einen Investment-Grade-Index anbieten, gezwungen, diese zu kaufen. Ein guter Zeitpunkt für Fallen-Angel-Investoren, den Rising Star zum nun gestiegenen Kurs wieder zu verkaufen.
Doch selbst wenn die Agenturen gefallene Engel nicht wieder hochstufen, lieferten sie historisch betrachtet bessere Renditen als andere Hochzinsanleihen. J.P. Morgan hat 2.000 Fallen Angels von 500 Emittenten im Zeitraum von 2000 bis 2022 untersucht. In den zwei Jahren, nachdem Rating-Agenturen sie herabstuften, haben sie im Durchschnitt 6 Prozentpunkte mehr Rendite als andere High-Yield-Anleihen erzielt. Die besten 25 Prozent kamen auf ein Renditeplus von 12 Prozentpunkten gegenüber dem gesamten High-Yield-Segment.
Fallen Angels als eine der attraktivsten Anlagemöglichkeiten?
Investoren, die bereits 2020 oder früher in Fallen Angels investiert hatten, konnten in den vergangenen Jahren profitieren. Wer nach 2020 einsteigen wollte, hatte jedoch wenig Gelegenheiten. „Es gab wenig Herabstufungen von Unternehmensanleihen, aber wir erwarten, dass sich das Blatt endlich wenden wird“, sagt Paul Benson, Leiter des systematischen Anleiheteams und Portfoliomanager des BNY Mellon Efficient US Fallen Angels Beta.
2024 hätten Fallen Angels lediglich ein Volumen von 7,5 Milliarden US-Dollar erreicht, so wenig wie noch nie. Er erwartet für 2025, dass US-Fallen-Angels auf ein Volumen von 50 Milliarden US-Dollar kommen und sich damit dem langfristigen Durchschnitt wieder nähern. „Das könnte ein fruchtbares Umfeld mit vielen Hochstufungen und wenigen Ausfällen schaffen“, so Benson.
Fallen Angels könnten sich dieses Jahr zu einer der attraktivsten Anleihen-Gelegenheiten entwickeln. „Mit einer Rendite von 6,95 Prozent – Stand: 27. Januar – bieten sie den Anlegern weiterhin einen potenziell attraktiven Carry bis ins Jahr 2025“, sagt Benson.
Weiterer Rückenwind komme vom makroökonomischen Umfeld und den Zentralbanken, die ihre Zinspolitik normalisiert hätten.
Wird die Zinspolitik zum Motor oder zur Bremse?
Anderer Ansicht ist Andreas Fitzner von Eyb und Wallwitz; er ist Fondsmanager des Phaidros Kairos Anleihen: „Die Gründe für die guten risikoadjustierten Renditen von Fallen-Angels-Indizes bestehen weiterhin. Durch die aktuell niedrigen Risikoprämien von BB-Anleihen im Vergleich zu BBBs ist das Segment aber natürlich weniger interessant als noch vor ein oder zwei Jahren.“
Aktuelle Lockerungspolitik ist Motor
Günstig für die gefallenen Engel wiederum ist die aktuelle Lockerungspolitik der Zentralbanken. Denn Fallen Angels haben durch ihr besseres Rating eine höhere Duration als das breite Hochzins-Segment.
Darauf weist Kamil Sudiyarov hin, Produktmanager bei Vaneck: „Das bedeutet, dass ihre Renditen anfälliger für Zinsschwankungen sind.“ Dem stimmt auch Syms von Invesco zu. Die Zentralbankpolitik schaffe ein positives Umfeld für die Anlageklasse und Rentenmärkte im Allgemeinen.
Die Performance der Fallen Angels sei durch die steigenden Zinsen der vergangenen Jahre „etwas gebremst“ worden. „Doch nun wird mit einer weiteren Lockerung durch die Fed gerechnet“, so Syms.
Inflation könnte Fedpolitik zur Bremse werden lassen
Da die Hochstufungen die Abwertungen wahrscheinlich weiter übertreffen werden, könnten Fallen Angels aktuell gut abschneiden. „Allerdings sollte man bei der Bewertung der Zinsaussichten vorsichtig sein“, warnt Syms. „Sollte Trumps Politik als starker Wachstums- und Inflationsmotor angesehen werden, wird die Federal Reserve ihre Politik möglicherweise nicht mehr wesentlich lockern, was die Performance von Anleihen mit längerer Laufzeit einschränken könnte.“
Trumps erratischer Führungsstil drosselt Fallen-Angels-Renditen
Wachstum wiederum könnte die Rendite der gefallenen Engel treiben. „Wenn die geplanten marktfreundlichen Reformen von Trumps Regierung umgesetzt werden, könnte dies dazu beitragen, die Bilanzen der Fallen Angels zu verbessern und möglicherweise mehr Rising Stars zu schaffen“, sagt Sudiyarov von Vaneck.
Doch seien Hochzinsanleihen im Allgemeinen und insbesondere Fallen Angels anfällig für wirtschaftliche Schwankungen. „Eine längere Phase wirtschaftlicher Unsicherheit wird sich höchstwahrscheinlich negativ auf die Renditen auswirken“, so Sudiyarov.
Ob Fallen Angels von Trump profitieren, hängt also auch davon ab, wie unberechenbar und inflationär seine Wirtschaftspolitik sein wird, insbesondere seine Handelspolitik.
Private Märkte schlucken Abstiegskandidaten
Und noch ein Punkt spricht laut Benson von BNY Mellon für Fallen Angels: „Geschäfte mit niedrigerem Rating werden zunehmend auf privaten Märkten statt auf dem öffentlichen US-Hochzinsmarkt finanziert.“ Dadurch sei die Qualität des US-Hochzinsuniversums gestiegen und die Zahl der Zahlungsausfälle gesunken.
Je höher die Qualität, desto wahrscheinlicher sind Rising Stars. Gute Aussichten für Fallen-Angels-Investoren. Auch die Lufthansa hat es nach ihrem Absturz 2020 geschafft, wieder abzuheben. 2023 wandelte sie sich vom gefallenen Engel zum aufsteigenden Stern.