Unternehmensanleihen Fallen Angels: Das bessere High-Yield-Investment

Christian A. Kratochwil, Länderchef Deutschland und Österreich bei Lombard Odier Investment Managers

Christian A. Kratochwil, Länderchef Deutschland und Österreich bei Lombard Odier Investment Managers. Foto: Lombard Odier Investment Managers

Meist entwickeln sich Rating-Einschätzungen graduell. Das heißt, dass Bewertungen im Zeitablauf mehr oder weniger parallel zur fundamentalen Entwicklung in Stufen nach oben oder unten angepasst werden. Doch am Markt für Unternehmensanleihen gibt es eine steile Klippe: Diese befindet sich am Übergang der Ratings von BBB zu BB. Während mit BBB bewertete Anleihen noch zum Investment-Grade-Universum gehören, zählen BB-Bonds bereits zur High-Yield-Welt.

Überreaktionen bei Abstieg in High-Yield-Bereich

Fundamental muss die damit einhergehende Veränderung der Einschätzung nicht riesig sein. Doch auf dem Papier und in den Köpfen der Marktteilnehmer gibt es eine scharfe Trennung. Für Anleihen, die von Investment Grade auf High-Yield herabgestuft wurden, gibt es deshalb die besondere Bezeichnung als Fallen Angel (gefallener Engel).

Dieser Begriff ist nicht übertrieben, denn der Abstieg in den High-Yield-Bereich kann tatsächlich erhebliche Auswirkungen haben. Der Grund dafür ist, dass infolge des Abstiegs häufig Überreaktionen zu beobachten sind, die eine Marktineffizienz darstellen. Dies geht aus Untersuchungen hervor, die zeigen, dass die Risikoaufschläge herabgestufter Corporate Bonds höher sind als die von anderen Unternehmensanleihen Bonds mit BB-Rating, die dieses Rating schon zuvor hatten.

Fallen Angels: Zwei Seiten der Medaille

Interessant ist dabei, dass die Rating-Herabstufungen oft den Punkt des maximalen Wertverlustes darstellen. Das ist auf eine Kombination von Verhaltenseffekten und institutionellen Zwängen zurückzuführen. Letzteres bedeutet, dass einige Akteure dazu gezwungen sind, Anleihen, die von Investment-Grade auf High-Yield herabgestuft wurden, zu verkaufen. Diese Ineffizienz ermöglicht es, attraktive Renditen zu erzielen. Die zentrale Investmentidee beruht darauf, dass sich die durch den Ausverkauf entstandenen Aufschläge innerhalb einer gewissen Frist erholen. Außerdem weisen Fallen Angels als Sub-Anlageklasse bei unmittelbaren Markterholungen nach Turbulenzen eine hohe Outperformance auf. Das ließ sich in den Jahren 2009 (globale Finanzkrise), 2012 (Eurokrise) und 2020 (Coronakrise) beobachten. Gleichzeitig bleibt die Performance der Fallen Angel auch in Abschwungphasen robust.

 

Unabhängig vom Marktzyklus höhere risikoadjustierte Renditen

Die Kurserholung ist also nicht der einzige Renditefaktor. Denn Fallen Angels haben höhere Renditen als Investment-Grade-Anleihen, zudem bieten sie eine erheblich bessere Kreditqualität als klassische High-Yield-Bonds. Unabhängig vom Marktzyklus weisen sie deshalb signifikant höhere risikoadjustierte Renditen auf als beide klassischen Segmente für sich genommen. Letztlich basiert die Performance der Fallen Angels dabei auf einer Kombination von starker Kurserholung und zusätzlicher Carry-Prämie. Die Wertentwicklung der klassischen Segmente wird dagegen meist nur durch Carry erzielt.

Der Vorteil von Fallen Angels gegenüber klassischen Hochzinsanleihen wird auch anhand des Betas deutlich. In Aufwärts-Marktphasen liegt es deutlich über eins, in Abwärtsphasen etwas unter eins. Diese besondere Eigenschaft ermöglicht es, Fallen Angels als konvexes High-Yield-Investment mit reduziertem Abwärtsrisiko und erhöhter Partizipation in guten Zeiten einzusetzen.

Permanentes Investieren statt Timing-Versuche

Die Sub-Anlageklasse kann als Ergänzung in einer bestehenden High-Yield-Allokation dienen, aber diese auch ganz ersetzen. Denn das Engagement in Fallen-Angels-Strategien sollte ohnehin keine Timing-Versuche aufweisen, sondern permanent bestehen. Das liegt daran, dass starke Erholungsphasen tendenziell in Zeiten auftreten, in denen die Märkte stark verängstigt sind. Dann ist es unwahrscheinlich, dass Allokation im High-Yield-Bereich wirklich aufgestockt und Timing-Ansätze realisiert werden.

Fallen Angels können als Anlagestrategie in einer renditehungrigen Welt überzeugen. Ein disziplinierter systematischer Ansatz in der Portfoliostrukturierung ist notwendig, um zunächst die Merkmale des Fallen-Angels-Universums unverzerrt nachzubilden (Top-Down-Ansatz). Diese Beta-Komponente kann problemlos auch Nachhaltigkeitsfaktoren berücksichtigen.

Alpha- und Beta-Renditekomponenten im Anlageprozess kombinieren

Daneben sind qualitative Elemente entscheidend, um zusätzliche Chancen zu nutzen und bestimmte Risiken zu vermeiden (Bottom-Up-Beitrag). Spezialisierte Kreditanalysten können in dieser Alpha-Komponente die Rendite optimieren.

Insgesamt bieten Fallen Angels also die Möglichkeit, sowohl Alpha- als auch und Beta-Renditekomponenten im Anlageprozess zu kombinieren. Gleichzeitig stellt ein globales Anlageuniversum sicher, dass ausreichend viele Gelegenheiten in Unternehmensanleihen verschiedener Emittenten verfügbar sind, um eine ausreichende Diversifikation zu erzielen. Dank bestehender Benchmarks lässt sich dabei gezielt auch ein Tracking Error einhalten.


Über den Autor:

Christian A. Kratochwil ist Länderchef Deutschland und Österreich bei Lombard Odier Investment Managers (LOIM). Er kam 2017 zu LOIM. Zuvor war Christian von 2009 bis 2017 Co-Founder und Managing Partner bei Nestor advisory/Io Capital Partners in Frankfurt, einem Vermögensverwaltungs- und Beratungsunternehmen. Dort beriet er institutionelle Investoren und Family Offices bei ihren Portfolios und Sachwertinvestitionen und war für alle Vertriebsaktivitäten verantwortlich.

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