Faktor-Investing, Quant-Strategien & Co. „Weniger Big Data, sondern Alternative Data interessieren uns“

Dr. Alexander Hillert (links), Professor der Frankfurter Goethe Universität, und Dr. Ulrich Neugebauer, Geschäftsführer der Deka Investment.

Dr. Alexander Hillert (links), Professor der Frankfurter Goethe Universität, und Dr. Ulrich Neugebauer, Geschäftsführer der Deka Investment. Foto: Deka Investment

private banking magazin: Herr Neugebauer, Sie arbeiten schon lange mit Faktor-Investing. Was verbirgt sich dahinter und was ist das Besondere daran?

Ulrich Neugebauer: Mit Faktor-Investing sind Anleger in der Lage, anhand diverser Daten die Zukunft von Aktienrenditen zu prognostizieren. Faktoren sind ausgewählte Kennzahlen, die helfen Risiko- und Ertragseigenschaften eines Unternehmens und seiner Emissionen zu analysieren und zu bewerten. Basierend auf einer großen Zahl von Daten wie Bilanz-, Preis- und ökonomischen Daten sucht man diejenigen Unternehmen, die die vielversprechendsten Ertragsaussichten aufweisen. Die Faktoren besitzen dabei unterschiedliche Rendite- und Risiko-Eigenschaften, die sich zeitlich dynamisch verändern.

Alexander Hillert: Es geht beim Faktor-Investing darum, viele Unternehmens-Charakteristika wie Unternehmensgröße, also Size, Momentum, Value oder Growth, zu analysieren, um dann anhand dieser zu prognostizieren, wie sich eine Aktie im nächsten Monat, Halbjahr oder Jahr entwickelt. Ziel ist es also, die Aktien herauszufinden, bei denen man die höchste prognostizierte Rendite erwartet, und im Umkehrschluss solche Aktien zu meiden oder sogar zu verkaufen, für die man einen eher pessimistischen Ausblick hat.

Der große Vorteil von Faktor-basiertem Investments ist…

Neugebauer: …, dass sie es ermöglichen, Renditechancen flächendeckend und systematisch in globalen Märkten mit Tausenden von Unternehmen zu erschließen. Der gesamte Markt wird dabei analytisch abgedeckt. Um dies tun zu können, kommen Algorithmen zum Einsatz, die in der Lage sind, größere Datenmengen schnell auszuwerten.

Hillert: Letztendlich kann jede Variable, die Renditen vorhersagt oder mit Renditen korreliert ist, ein neuer Faktor werden. Aus ökonomischer Sicht ist aber zu differenzieren, wofür ein Faktor steht. Holt sich der Investor möglicherweise ein Risiko ins Portfolio oder ist es etwas, womit er eine Überrendite erzielen kann, ohne mit negativen Konsequenzen rechnen zu müssen?

Wie sieht dann der konkrete Einsatz bei der Deka aus?

Neugebauer: Ein wichtiges Angebot ist unser Multifaktor-Ansatz, und das sowohl auf der Aktien- als auf der Rentenseite. Faktor-Investing funktioniert analog zu Aktien auf der Rentenseite, auch wenn es hier einige Besonderheiten zu beachten gilt. Es gibt zusätzliche Treiber wie Illiquidität, Kreditrisiken und Laufzeitrisiken, aber es gibt auch Faktoren, die denen auf der Aktienseite ähneln. Dazu gehören beispielsweise Value, Momentum oder Quality. Und diese Art von Faktoren führen wir zusammen zu einem Rentenportfolio. Damit ist man in der Lage, einerseits Risiken besser zu kontrollieren und andererseits zusätzliche Renditequellen in das Portfolio aufzunehmen. Der große Vorteil: Das Investment bietet eine hohe Transparenz über die Art und Weise, wo die Erträge herkommen und wie man investiert.

Quantitative Ansätze benötigen Daten, die sie analysieren und filtern können. Schnell ist man beim Begriff „Big Data“, aber auch „Alternative Data“ oder „Smart Data“. Worin unterscheiden sich diese?

Neugebauer: Big Data ist im Wesentlichen ein Synonym für unstrukturierte Datensätze, die so groß sind, dass man sie mit herkömmlichen Methoden nicht bearbeiten kann. Wir interessieren uns im Asset Management weniger für Big Data als vielmehr für alternative Datenquellen, also Alternative Data oder Smart Data. Bei Alternative Data geht es darum, neue, gegebenenfalls unstrukturierte Datenquellen zu erschließen, um bei der Analyse bessere und stabilere – ja auch schnellere – Informationen zu gewinnen. Wichtig ist, dass die Daten für die jeweilige Fragestellung nutzbare Informationen enthalten und diese hinreichend valide sind.

Hillert: Das ist auch meine Beobachtung. Sowohl von der Praxisseite als auch von der Forschungsseite geht der Trend zu Alternative Data. In diesem Bereich gibt es viele nützliche Informationen, die man nicht in der Bilanz oder vergangenen Aktienkursen findet. Diverse Studien zeigen, dass neue Daten aus der digitalen Welt nützliche Information für Kapitalmärkte beinhalten.