Genial und getrieben Peter Thiel, der umstrittene Milliardär aus dem Silicon Valley

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Peter Thiel, der umstrittene Milliardär aus dem Silicon Valley
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Peter Thiel, Silicon Valley-Milliardär mit deutschen Wurzeln und eigenem Weltbild

Peter Thiel, Silicon Valley-Milliardär mit deutschen Wurzeln und eigenem Weltbild: „Freiheit und Demokratie sind nicht miteinander vereinbar." Foto: Imago Images / Zuma Wire

Knapp 1,8 Milliarden Euro – das entspricht etwa 0,4 Prozent des aktuellen Gesamtwerts des weltweiten Bitcoin-Bestands – soll Peter Thiel laut Financial Times mit seinen Investments in den Bitcoin und andere Kryptowährungen verdient haben. Auf den ersten Blick keine besondere Mitteilung, Thiel ist für sein goldenes Investoren-Näschen bekannt. 2004 gab er einem gewissen Marc Zuckerberg 500.000 US-Dollar für dessen damals noch unbekanntes Netzwerk Facekook. 2012 verkaufte er den Großteil seiner Aktien für 400 Millionen US-Dollar. Dass Thiel 2022, nachdem er über acht Jahre lang in Kryptowährungen investiert war, ausgestiegen ist, ist dennoch eine Meldung wert.

Der Tech-Milliardär zeigte sich nämlich noch im April 2022 auf einer Branchenkonferenz in Miami, sprach voller Zuversicht über die Zukunft von Bitcoin und Co., prognositizierte gar, dass „wir am Ende des Fiatmoney-Regimes stehen“. Außerdem schoss er gegen Warren Buffett sowie die Chefs der amerikanischen Bank J.P. Morgan und des Vermögensverwalters Blackrock, Jamie Dimon und Larry Fink, bezeichnete sie als Mitglieder einer „Finanzgerontokratie“ – also einer Herrschaft des Rates der Alten, die sich einer „revolutionären Jugendbewegung“ entgegenstellt. „Feind Nummer eins", sagte Thiel laut dem TV-Sender CNBC, sei „der soziopathische Opa aus Omaha“. Womit er Buffett meint, wohl weil der einst sagte, dass er für sämtliche Bitcoins der Welt keine 25 US-Dollar bezahlen würde.

Ein heftiger Rundumschlag, der im Nachhinein betrachtet geradezu verrückt, größenwahnsinnig (obwohl Thiel selbst sagt: „Ein Gründer sollte groß denken, aber nicht größenwahnsinnig sein“) oder einfach nur bösartig anmutet. Laut Financial Times wickelte seine Risikokapitalfirma Founders Found nämlich bereits bis Ende März 2022 große Teile seiner Krypto-Anlagen ab. Zu der Zeit stand der Wert eines Bitcoins bei gut 45.000 US-Dollar. Inzwischen liegt der Kurs eines Bitcoins bei rund 21.000 US-Dollar.

Der Ausstieg bescherte Thiel einen Geldregen – und nun reichlich Gegenwind aus der Krypto-Szene. Den Tech-Milliardär dürfte dieser kalt lassen. Eines der Narrative aus dem Silicon Valley ist schließlich die Disruption, die Störung oder auch Zerstörung: eine neue, einfache, bequemere, kostengünstigere oder schnellere Innovation löst eine alte, etablierte Lösung ab – auch an alten Regeln vorbei. Und der Gewinn heiligt die Mittel.

Das Silicon Valley will ohne den Staat, ohne Regulation und ohne die Zivilgesellschaft funktionieren, Thiel kam das schon immer entgegen

Max Chafkin schrieb über den Milliardär die Biografie „The Contrarian: Peter Thiel and Silicon Valley's Pursuit of Power“, sagte in einem Podcast, Thiel sei getrieben von Wut und Ehrgeiz. Nur wenige Personen, schreibt der Journalist weiter, haben das Silicon Valley mehr geprägt als Thiel. Der milliardenschwere Risikokapitalgeber und Unternehmer habe hinter den Kulissen zahllose Aspekte unseres heutigen Lebensstils beeinflusst, von den Technologien, die wir täglich nutzen, bis hin zum empfindlichen Machtgleichgewicht zwischen den Tech-Giganten im Silicon Valley, Wall Street und Washington. Doch trotz seiner Macht und der Allgegenwärtigkeit seiner Projekte ist kaum eine andere öffentliche Figur so geheimnisvoll.

 

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Thiel selbst scheint das ambivalente, das widersprüchliche Bild seiner Person in der Öffentlichkeit zu gefallen, heizt es weiter an – mit Sätzen wie: „Neue Ideen sind gefährlich. Aber wir werden sie brauchen für unsere Rettung. Wir sollten auch nicht vergessen, dass die Parole des Antichrist 'Frieden und Sicherheit' lautet. Und heute müssen wir eher den Antichrist fürchten als Armageddon“. Zudem fördert er mit Millionen-Zuwendungen die Methusalah Foundation, die lebensverlängernde Technologien erforscht – angeblich soll er als Paypal-Chef seinen Angestellten als Sonderzulage auch angeboten haben, ihren Körper nach dem Tod einfrieren zu lassen, um derart schockgefrostet des wissenschaftlichen Durchbruchs zu harren. Zudem ist er ein großer Fan und bereitwilliger Finanzier von Elon Musks Projekt, den Mars zu besiedeln.

Was für andere verrückt klingen mag: Für Thiel ist es sicher innovativ, visionär, angestrebter Sollzustand. Das zeigt sich auch an seiner politischen Gesinnung. Demokratie und unternehmerische Freiheit hält er für nicht kompatibel. Als leidenschaftlicher Libertärer versucht er Autonomie und politische Freiheit zu maximieren. Im politischen Spektrum sehen Libertäre sich als strikte Gegner von autoritärer Politik. Das spiegelt die Start-up-Mentalität wider. Die Versprechen des Silicon Valley tendieren im Allgemeinen dazu, ohne den Staat, ohne Regulation und ohne die Zivilgesellschaft zu funktionieren. Thiel kam das schon immer entgegen, seit gut 20 Jahren treibt er die Entwicklung mit voran.