Kreditbedingungen im Euroraum EZB stellt Stützmaßnahmen in Aussicht

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Skeptischer äußert sich Christian Lips, Chefvolkswirt bei der Nord/LB: „Eine knappe Woche nach der historischen geldpolitischen Wende befindet sich die EZB bereits wieder im Krisenmodus.“ Das Dilemma der EZB in den Augen des Ökonomen: „Eine effektive Begrenzung der Spread-Ausweitung bei gleichzeitig gewünschter Straffung der allgemeinen Geldpolitik ist zumindest mit den gegebenen Mitteln und Prinzipien (Sequencing) wenig überzeugend – dies erklärt auch die heftigen Marktbewegungen der vergangenen Tage.“ Sequencing beschreibt das schrittweise Straffen der Geldpolitik, das sich die EZB selbst vorgegeben hat – erst nach Beendigung der Anleihekäufe dürfen die Leitzinsen erhöht werden. 

Lips diagnostiziert: Der Plan des EZB-Rats, über flexibel wiederangelegte Kredite des PEPP-Programms die Anleihemärkte beruhigen zu wollen, könnte nicht ausreichen. Er rät: Die Euro-Währungshüter sollten sich „im Notfall auch Nettoanleihekäufe bei zugleich steigenden Leitzinsen zumindest als Möglichkeit offenhalten“.

Andrew Mulliner, Portfoliomanager bei Janus Henderson Investors, gibt zu bedenken: „Die EZB muss jedoch das Anti-Fragmentierungsinstrument relativ schnell umsetzen, wenn sie an einer hawkishen Zinsprognose festhalten will.“ Insgesamt eigne sich das in Aussicht gestellte „Anti-Fragmentierungsinstrument“ weniger für ein straffendes als vielmehr für eine lockerndes geldpolitisches Umfeld. Mulliner gibt sich vom dauerhaften Erfolg der Maßnahme wenig überzeugt:Es wäre ein wenig überraschend, wenn der Markt nicht versuchen würde, die EZB weiter zu testen.“

EZB zaghafter als die Fed

Der EZB-Rat hatte nach seiner Sitzung am Donnerstag vergangener Woche angekündigt, die Leitzinsen im Euroraum schrittweise von ihrem derzeitigen Niveau bei null Prozent anheben zu wollen: im Juli um 25 Basispunkte, im Herbst sollten weitere Zinsschritte folgen.

Die US-amerikanische Notenbank Fed ist bereits seit März dieses Jahres wieder auf Falkenkurs eingeschwenkt. Nach zwei Anhebungen um insgesamt 75 Basispunkte auf einen Zinskorridor von 0,75 und 1,0 Prozent erwarten Beobachter aktuell, dass die Fed auf ihrer Sitzung am heutigen Mittwoch die Leitzinsen erneut anheben wird. Hintergrund für die geldpolitische Straffung in den USA und auch diesseits des Atlantiks ist die zuletzt deutlich gestiegene Inflation, der die Notenbanker mittels höherer Zinsen Herr zu werden versuchen.  

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