Wealth-Management-Studie von EY „Kundenbetreuer sind auch für die jüngere Klientel als Bezugsperson wichtig“

Sebastian Schäfer ist Leiter Wealth & Private Banking im Bereich Financial Services Consulting bei EY Deutschland. Er ordnet die Ergebnisse der Wealth Management Studie 2023 der Beratungsgesellschaft ein.

Sebastian Schäfer ist Leiter Wealth & Private Banking im Bereich Financial Services Consulting bei EY Deutschland. Er ordnet die Ergebnisse der Wealth Management Studie 2023 der Beratungsgesellschaft ein. Foto: EY

private banking magazin: EY hat nach 2019 und 2021 in einer Studie den deutschen Wealth-Management-Markt unter die Lupe genommen. Gab es Ergebnisse, die Sie überrascht haben?

Sebastian Schäfer: Allen voran, dass die Wechselbereitschaft der Wealth-Management-Kunden das bisher höchste Niveau erreicht hat – eine Entwicklung, die wir sowohl in Deutschland als auch Europa beobachten. Etwa die Hälfte der deutschen Kunden plant, einen ihrer Wealth-Management-Anbieter zu wechseln. Ein wichtiger Grund für diesen Trend ist die gestiegene Volatilität, auf die viele Kunden reagieren möchten, indem sie ihre Portfolien über verschiedene Anbieter diversifizieren und Risiken entsprechend minimieren. Eine weitere bemerkenswerte Erkenntnis ist, dass es eine gesteigerte Beratungsnachfrage gibt – insbesondere bei hochvermögenden Kunden. Wir sehen da eine Korrelation: Je höher das Vermögen, desto höher ist die Beratungsnachfrage bei fallenden Portfoliowerten. Im UHNWI-Segment wünschen sich vier von fünf Befragten zusätzliche Beratung.

Der Wunsch nach mehr Beratung ist laut Studie unter den jüngeren Kunden, den Millennials, besonders ausgeprägt. Ist das nicht eine Riesenchance für Privatbanken im Kampf um diese Kundengruppe – besonders im Vergleich mit digitalen Vermögensverwaltungsangeboten, die diese Betreuung nicht bieten können?

Schäfer: Ohne Frage. Unsere Studie hat gezeigt, dass der persönliche Kontakt zum Relationship Manager auch für jüngere Kunden ein wichtiges Argument ist. Nur knapp ein Fünftel der Anleger kann sich bei der Erstellung und Überwachung ihres Finanzplans vorstellen, auf einen persönlichen Kontakt zum Berater zu verzichten. Das zeigt, dass der Kundenbetreuer als Bezugsperson auch für die jüngere Klientel im vermögenden Segment sehr wichtig ist. Nichtsdestotrotz bleibt die Investmentperformance – gerade vor dem Hintergrund volatiler Märkte – über alle Kundengruppen der wichtigste Auswahlgrund für einen Wealth Manager. 

 

Welche Rolle spielen Finanzplanungs- und Portfolio-Management-Tools, mobile Apps und Online-Plattformen? Müssen die Banken insgesamt noch stärker in Digitalisierung investieren?

Schäfer: Wir müssen unterscheiden zwischen digitalen Lösungen für den Kunden und den Berater. Der typische Private-Banking-Kunde hat nicht nur ein Portfolio. Er bedient sich eines Beratungsmandats, hat vielleicht noch ein Vermögensverwaltungsmandat und möglicherweise ein Depot, in dem er selbst handelt. Es ist wichtig, diese Formen der Dienstleistung zusammenzuführen und über die verschiedenen Kanäle einheitlich darstellen zu können. Der Ankerpunkt ist für die meisten Kunden aber wie gesagt der Berater. Und hier müssen Banken sich bei ihrer Digitalisierungsstrategie fragen: Wie unterstütze ich die Berater in der Erbringung ihrer Dienstleistung? Hier besteht für Banken Handlungsbedarf.

Besonders kritisch werden von Kunden die Komplexität und die Volatilität neuerer Anlageklassen betrachtet. Müssen es Kundenbetreuer mehr denn je schaffen, mit ihren Mandanten auf Augenhöhe zu kommunizieren?

Schäfer: Die Studie zeigt, dass es hier Nachholbedarf gibt. Um die Bedürfnisse der Kunden zu erfüllen, sollten Wealth Manager und Privatbanken neue Anlageklassen und Dienstleistungen ausführlicher und verständlicher erläutern – das betrifft laut unseren Ergebnissen vor allem nachhaltige Produkte und digitale Assets, also Anlageklassen, die im vergangenen Jahr nicht gut abgeschnitten haben. Fehlende Standards in diesen Assetklassen tragen dazu bei, dass es aus Kundensicht in Teilen an Transparenz mangelt. Das muss ein Relationship Manager ausgleichen. Die gute Nachricht: Die erwartete Harmonisierung der Datengrundlagen und die erweiterte Regulatorik dürfte diese Problematik abschwächen.

 

 

Laut ihrer Studie zeigen sich bei Wealth-Management-Kunden weiterhin Bedenken hinsichtlich möglicher versteckter Kosten. Was müssen Anbieter tun, um diese auszuräumen?

Nicht nur versteckte Kosten, auch die Bepreisung der Leistung an sich sind ein Punkt, den Wealth Manager genauer unter die Lupe nehmen sollten. In dieser Hinsicht stechen Millennials und Kunden mit mehreren genutzten Beratungsmodellen heraus. Gerade Millennials sind es gewohnt, Produkte und Dienstleistungen online transparent anhand von Produktmerkmalen, Preis-Leistungs-Verhältnis und Bewertungen vergleichen zu können. Interessant ist an dieser Stelle, dass die Präferenz der Kostenmodelle nicht mehr rein in die ein oder andere Richtung gehen, sondern eine Vielzahl unserer befragten Kunden transparente hybride Preismodelle bevorzugen.  Hier sehen wir es als besonders wichtig an, dass Wealth Manager auf der einen Seite Kosten klar und übersichtlich darstellen, auf der anderen Seite aber auch die dafür erbrachte Leistung in den Vordergrund heben. Nur so kann einerseits die Angst vor versteckten Kosten sinken und gleichzeitig ein Verständnis für die Bepreisung der Angebote erreicht werden.


Über den Interviewten: 

Sebastian Schäfer ist Leiter Wealth & Private Banking im Bereich Financial Services Consulting bei EY Deutschland. Er berät Vermögensverwalter und Finanzinstitute und unterstützt Banken dabei, ihre Performance zu verbessern, um Effizienzanforderungen zu erfüllen und gleichzeitig regulatorischen Standards zu entsprechen. 

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?

Danke für Ihre Bewertung
Leser bewerteten diesen Artikel durchschnittlich mit 0 Sternen