Analyse von HQ Trust Extreme Unterschiede – So entwickelt sich die Inflation im Euroraum

Die Hauptaufgabe der EZB besteht darin, Preisstabilität zu gewährleisten. Der Inflationszielwert von 2 Prozent soll einen gewissen Deflationsschutz und Spielraum für die Inflationsunterschiede zwischen den Ländern des Euroraums lassen. Da diese Unterschiede laut Sebastian Dörrs Analyse jedoch kaum größer sein könnten, gleicht die Aufgabe der EZB in dessen Augen der Quadratur eines Kreises.

Dörr ist Kapitalmarktanalyst bei HQ Trust. Seine Analyse umfasst den Zeitraum von Ende 2021 bis November 2023. Zur Messung der Verbraucherpreisinflation in den 20 Euro-Mitgliedsländern verwendet Dörr den Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI). Der HVPI umfasst rund 700 Waren und Dienstleistungen und spiegelt wider, wie viel Geld Haushalte für einen bestimmten Warenkorb ausgeben.

 

Wie sich die Inflationsrate in den vergangenen zwei Jahren entwickelt hat

Die aktuellen Werte der Inflationsraten in den Euroländern sind von Eurostat geschätzt. Dabei zeigt sich zwar, dass der durchschnittliche Wert für die gesamte Eurozone bei 2,4 Prozent liegt. Allerdings sind die Unterschiede zwischen den Ländern teilweise enorm: „Während die Inflationsrate in der Slowakei im November noch 6,9 Prozent betrug, lag sie in Belgien bei -0,7 Prozent: eine Differenz von 7,6 Prozentpunkten.“

Insgesamt liegt die aktuelle Inflation laut Dörrs Analyse in 15 der 20 Euro-Mitgliedsländer unter dem Stand von Ende 2021. Für fünf Staaten – darunter Frankreich und Österreich mit 3,8 beziehungsweise 4,9 Prozent – jedoch gilt der entgegengesetzte Fall: „Hier herrscht eine höhere Inflation als noch im Dezember 2021.“ Gleichzeitig ist Frankreich mit einer maximalen Inflationsrate von 7,3 Prozent in den letzten zwei Jahren das Land mit dem niedrigsten Wert.

HQ Trust
©Eurostat, HQ Trust Research

Im Baltikum waren die Maximalwerte der Inflationsrate besonders hoch. „Die höchste Inflation des Euroraums wurde in den vergangenen beiden Jahren in Estland gemessen: Zwischen August 2021 und August 2022 legten die Verbraucherpreise dort um 25,2 Prozent zu“, so der Kapitalmarktanalyst. Aber nicht nur in den Hochpunkten, sondern auch den Zeitpunkten der ermittelten Höchstwerte gibt es Abweichungen zwischen den Ländern. Während Luxemburg und Irland ihren maximalen Wert bereits im Juni 2022 erreichten, verzeichneten Frankreich und die Slowakei ihre höchste Inflationsrate erst im Februar 2023. 

Diese Zahlen zeigen, dass es für die EZB angesichts der großen Unterschiede bei der Inflationsentwicklung immer schwieriger wird, in der Geldpolitik einen „One size fits all“-Ansatz zu fahren. Für 2024 rechnen führende Experten im ersten oder zweiten Quartal bereits mit sinkenden Zinsen.

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