Der Rat der Europäischen Union hat seinen Segen gegeben: Der Gesetzgeber passt die Vorgaben aus Solvency II an, die entsprechende Änderungsrichtlinie zu Solvency II hat der Rat abgenickt. Die Kapitalanforderungen insgesamt sollen gelockert werden, die Regulierung stärker zwischen kleinen und risikoarmen Versicherungen sowie großen und tendenziell systemrelevanten Unternehmen unterschieden. Zudem bevorzugt das neue Regelwerk Versicherer, die vor allem in „grüne“ Anlagen investieren.
Damit steht aber noch nicht fest, wie genau die Versicherer die neuen Vorgaben umsetzen müssen. Denn: Die technischen Details von Solvency II auf „Level II“ müssen noch ausgearbeitet werden. Seit Mai 2024 läuft der entsprechende Prozess wieder, konkrete Ergebnisse dürften wohl vor Mitte 2025 nicht zu erwarten sein. Mit Blick darauf mahnt der Gesamtverband der Versicherer die Europäische Union, die Besonderheiten der Branche zu beachten. „Die noch festzulegenden Details dürfen die erzielten Fortschritte der Richtlinie nicht gefährden“, betont Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des GDV.
So wollen die Versicherer die bestehenden Bewertungsmethoden für langfristige Verbindlichkeiten beibehalten: Da Marktdaten lediglich für Zeiträume bis 20 Jahre verfügbar seien, bewerten die Versicherer längerfristige Verbindlichkeiten auf Basis des Durchschnittzinses, der im späteren Verlauf in den Langfristzins mündet. Dieser Zins basiert auf langfristigen Inflations- und Zinserwartungen.
Asmussen befürchtet schwankende Rückstellungen – IRRD verabschiedet
Asmussen warnt vor technischen Anpassungen, die dazu führen könnten, dass die schrittweise Annäherung an den Langfristzins erst nach dem 20. Jahr beginnt: „Ein späterer Beginn der Extrapolation würde zu stärkeren Schwankungen in den Rückstellungen führen und könnte die Eigenmittel der Unternehmen unnötigerweise belasten“. Die bewährte Methode, die ab Jahr 20 beginnt, böte hingegen die notwendige Stabilität und Planbarkeit, um langfristige Garantien weiterhin verlässlich anbieten zu können.
Der Europäische Rat hat zudem die Insurance Recovery and Resolution Directive – kurz: IRRD – finalisiert. Sie verpflichtet Versicherungsunternehmen dazu, präventive Sanierungs- und Abwicklungspläne für den Krisenfall zu erstellen. Auch dazu mahnt Asmussen zu Pragmatismus: „Die Umsetzung der IRRD sollte mit Augenmaß erfolgen, um die bestehenden Stärken der Branche nicht zu gefährden“.