private banking magazin: Die erste Jahreshälfte 2025 war ein wilder Ritt an den Kapitalmärkten. Wie gehen Sie bei Assenagon mit einem solchen Auf und Ab um?
Thomas Romig: Nach der überraschenden Verkündung neuer Zollerhebungen durch US-Präsident Donald Trump herrschte zunächst große Unsicherheit an den Märkten. Wir haben kurzfristig die Chancenorientierung der Portfolios reduziert, um Risiken a...
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private banking magazin: Die erste Jahreshälfte 2025 war ein wilder Ritt an den Kapitalmärkten. Wie gehen Sie bei Assenagon mit einem solchen Auf und Ab um?
Thomas Romig: Nach der überraschenden Verkündung neuer Zollerhebungen durch US-Präsident Donald Trump herrschte zunächst große Unsicherheit an den Märkten. Wir haben kurzfristig die Chancenorientierung der Portfolios reduziert, um Risiken aktiv zu managen. Nach sorgfältiger Analyse kamen wir zur Einschätzung, dass eine vollständige Umsetzung der Zölle die US-Wirtschaft selbst stark belasten würde. In der Folge haben wir die Allokation wieder angepasst und konnten gezielt von der anschließenden Markterholung bei Anleihen und Aktien profitieren.
Wenn US-Staatsanleihen als klassischer Safe Haven versagen und zum Risikofaktor werden, welche Folgen sehen Sie für die Portfoliokonstruktion, wenn die traditionell negative Korrelation zwischen Aktien und Anleihen ausbleibt?
Romig: Die Korrelation zwischen Aktien und Anleihen ist in der Zwischenzeit ins Positive gekippt, aufgrund des Inflations- und Zinsschocks. Daher halten wir aktuell nur eine sehr geringe Allokation in Staatsanleihen, da uns die Kombination aus geringer Laufzeitprämie, niedrigem Diversifikationsbeitrag zu Aktien (aufgrund der hohen Korrelation) und schwacher Realrendite nicht überzeugt. Kurzfristig nutzen wir selektive Zinsstruktur-Strategien (konkret "Steepener", die auf eine Versteilerung der Zinsstrukturkurve setzen), um relative Bewegungen im Kurvenverlauf zu nutzen. In diesem Set-up betrachten wir Gold auch als ein attraktives Investment, das das Portfolio schockresistenter macht.
Welche Alternativen verfolgen Sie?
Romig: Wir setzen aktuell auf unkorrelierte Ertragsquellen. So fungiert das bereits erwähnte Gold als zusätzlicher Diversifikator und Schutzanker für das Portfolio. Im Rentenbereich bevorzugen wir beispielsweise eventgetriebene Unternehmensanleihen mit klar definierten Katalysatoren wie zum Beispiel Übernahmen oder Umstrukturierungen sowie kurzer Duration.
Marktneutrale oder Long-Short-Strategien helfen uns, gezielt Chancen zu nutzen, ohne das Marktrisiko unnötig zu erhöhen. Der gezielte Einsatz von Derivaten erlaubt es uns, Risiken aktiv zu steuern, etwa durch Absicherungen oder Relative-Value-Positionen.
Assenagon hat die Aktienquoten in konservativen Mandaten von unter 30 Prozent auf über 40 Prozent erhöht und hält in ausgewogenen Strategien knapp zwei Drittel. Welche Indikatoren und Risikomodelle bestärken Sie darin?
Romig: Die Allokationsentscheidung wird frei von Benchmark-Zwängen getroffen und basiert auf einem über Jahre hinweg entwickelten und stetig verfeinertem internen Analyseansatz. Wir kombinieren makroökonomische Faktoren, Sentiment-Daten, Positionierungsanalysen und fundamentale Bewertungskriterien. Obwohl das makroökonomische Umfeld nach wie vor herausfordernd ist, gaben Stimmungs- und Positionierungs-bezogene Indikatoren Einstiegssignale.

Wie dürften diese Allokationen zum Jahresende ausfallen?
Romig: Eine seriöse Aussage zur Zielallokation bis Jahresende ist aufgrund der Vielzahl an Unsicherheitsfaktoren nicht möglich. Unsere Strategie lebt davon, dass Allokationen nicht statisch geplant, sondern laufend auf Basis aktueller Marktdaten und Risikoeinschätzungen an das aktuelle Geschehen angepasst werden.
Sie haben eine stärkere Gewichtung Europas vorgenommen. Welche konkreten politischen Entwicklungen oder Reformen in diesen Ländern sehen Sie als ausschlaggebend an, die diesen Optimismus rechtfertigen?
Romig: Unsere Europapositionen basieren auf den aktuell attraktiveren Bewertungen von Europa im Vergleich zu den USA, der noch bis vor Kurzem vorherrschenden deutlichen Investorenzurückhaltung in Hinblick auf Europa sowie dem zunehmend besseren politischen Momentum. Während Europa aktuell die Wirtschaft stimuliert, befinden sich die USA eher noch auf Sparkurs, wie die Gründung des Departments of Government Efficiency, kurz DOGE, gezeigt hat.
Sie betonen, dass mit den richtigen Investitionen auch Bärenmärkte zu überdurchschnittlichen Renditen führen können. An welche konkreten Beispiele denken Sie?
Romig: Historisch zeigen sich bei Investitionen während eines Bärenmarktes, also nach dem Erreichen der -20-Prozent-Marke, überdurchschnittliche Renditen – besonders über 3, 5 und 10 Jahre – mit Medianwerten von bis zu 111 Prozent nach 10 Jahren. Diese Daten unterstreichen, dass antizyklische Investitionen in Stressphasen langfristig attraktive Einstiegschancen bieten.

Inflationsdruck und mangelnde fiskalische Disziplin: Inwiefern beeinflussen diese makroökonomischen Sorgen Ihre Asset-Allokation?
Romig: Inflation und Schuldenproblematik schränken die Attraktivität klassischer Staatsanleihen ein. Stattdessen fokussieren wir uns auf Aktienthemen und -regionen mit attraktiven Bewertungskennzahlen, kurze Laufzeiten im Rentenbereich und opportunistische derivative Strategien mit asymmetrischen Chance-Risiko-Verhältnissen.
Wie rüstet sich Assenagon, um solche unvorhersehbaren Ereignisse in den Portfolios abzufedern? Wie hat das bei Corona und dem russischen Angriff auf die Ukraine verglichen mit dem breiten Markt funktioniert?
Romig: Auch wir haben leider keine Glaskugel. Aufgrund unserer kurzen Kommunikations- und Entscheidungswege, die nicht an langwierige Investment Komitee-Formalien gebunden sind, verarbeitet unser Team Informationen sehr schnell und ist aufgrund der Strategie-inhärenten Freiheitsgrade in der Lage, das Portfolio zeitnah an die veränderten Marktbedingungen anzupassen.
Wie vermitteln Sie Ihren Anlegern mit konservativen Rendite-Risiko-Profilen die Chancen kurzfristiger taktischer Anpassungen für Sicherheit und Rendite?
Romig: Mit dem Assenagon Multi Asset Conservative managen wir einen konservativen Fonds mit entsprechendem Rendite-Risiko-Profil und kommunizieren das auch klar an unsere Anleger. Innerhalb dieses strategischen Rahmens agieren wir flexibel, was sich über die letzten Jahre als sehr erfolgreich erwiesen hat, wie zahlreiche Auszeichnungen belegen. Die beigefügte Grafik zeigt deutlich die niedrige Volatilität unseres Fonds bei gleichzeitig überdurchschnittlicher Rendite im Vergleich zur Peergroup.

Apropos, wie integrieren Sie psychologische Faktoren in Ihre Kommunikation und Anlagestrategie? Können Sie damit das Vertrauen der Anleger stärken und Panikverkäufe vermeiden?
Romig: Wir haben bei unseren Investmententscheidungen immer das Interesse unserer Kunden im Blick. Durch unsere gelebte Praxis, Entscheidungen auch kurzfristig zu revidieren, ist es uns in den letzten Jahrzehnten gelungen, Krisen gut zu bewältigen. Basis dafür ist ein diszipliniertes Vorgehen, jahrzehntelange Erfahrung und das wechselseitige Vertrauen innerhalb unseres Fonds Management-Teams. In der Vergangenheit haben wir es geschafft, unsere Anleger auch in Krisenphasen nicht zu enttäuschen. Dieses Vertrauen brauchen wir und versuchen auch immer wieder es unseren Anlegern zurück zu zahlen.
Über den Interviewten:
Thomas Romig ist Investmentchef (CIO) Multi Asset bei Assenagon.