Weitere ESG-Regulierung EU und Bafin bringen deutsche Asset Manager in Bedrängnis

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Allerdings schlägt auch die Finanzaufsicht Bafin mit ihrem Richtlinienentwurf für Publikumsfonds in eben jene Kerbe: Angesichts der Flut von Öko- und Ethikfonds auf dem Markt will die deutsche Finanzaufsicht mit diesem Schritt eine Art Gütesiegel nur für Deutschland einführen und gleichzeitig Greenwashing verhindern. Soll ein Fonds als nachhaltiges Investmentvermögen aufgelegt werden, müsse sich dies nicht nur in den Verkaufsunterlagen, sondern auch in den Anlagebedingungen widerspiegeln, begründen die Aufseher den Schritt.

Konkret bedeutet das: Damit ein Produkt das Label „nachhaltig“ tragen oder als solches vertrieben werden darf, muss es lauf Bafin mindestens zu 75 Prozent in nachhaltige Vermögensgegenstände investiert sein. Auch Mindestausschlusskriterien werden vorgeschlagen, etwa mit Blick auf fossile Brennstoffe oder Atomstrom. Lässt die Investmentstrategie keine festen Anlagegrenzen zu, sollen laut Anlagebedingungen eben bei mindestens 75 Prozent des Investmentvermögens die Nachhaltigkeitsfaktoren bei der Auswahl der Vermögensgegenstände entscheidend sein.

Bafin nennt Negativbeispiele

Positiv zu bewerten ist, dass die Bafin in ihrer Leitlinie gleichermaßen negative Beispiele nennt, wie die Branche Nachhaltigkeit nicht umsetzen sollte. Asset Manager haben so eine klare Richtlinie, welche Produktgestaltung die Aufseher durchgehen lassen – und welche nicht. Beschreibt beispielsweise ein Anbieter, sein Fonds berücksichtige bei der Auswahl ökologische, soziale und ethische Kriterien, ist diese Formulierung aus Sicht der Bafin nicht akzeptabel. Denn die Berücksichtigung von ESG-Merkmalen allein macht einen Fonds noch nicht zu einem nachhaltigen Produkt.

Hier müssen Asset Manager konkreter werden: So ist nicht spezifiziert, wie genau die Auswahl der Investments erfolgt, die Aufseher erwarten an dieser Stelle aber Antworten. Ebenfalls nicht zulässig sind der Behörde zufolge Angaben wie: „Das Sondervermögen soll zu 75 Prozent in Aktien und ETFs investiert werden, die unter Berücksichtigung nachhaltiger Aspekte ausgewählt werden.“ Auch hier ist die Formulierung der Bafin zu schwammig. Künftig müssen Finanzinstitute klar aufzeigen, inwiefern ESG-Kriterien in die Auswahl eines Fonds eingreifen. Ein sinnvoller und begrüßenswerter Schritt, aus dem die unbedingte Absicht der Behörde deutlich wird, bei Investments absolute Risikovermeidung oder wirklich wirkungsbezogene Investments in den Vordergrund zu stellen.

Allerdings geht die Regulierung der Bafin insgesamt weit über die Vorgaben der EU hinaus und ist in Europa einzigartig – nicht umsonst ist das Kernstück der Regulierung die beschriebene Mindestquote von 75 Prozent. Zwar ist dies nicht das erste Mal, dass die Aufsicht vorprescht und schärfer reguliert, als sie müsste. Demnach überrascht es wenig, dass sich in der Branche gegen den deutschen Alleingang Widerstand regt.

So bezeichnete der Fondsverband BVI die Pläne der Aufsicht als „weitgehend unpraktikabel“, da die Faktoren nicht mit den EU-Vorgaben zur Nachhaltigkeit abgestimmt seien und diesen sogar teilweise widersprächen. In der Tat: Dieser frühe, sehr ambitionierte Regulierungsschritt macht eine ohnehin komplexe Regulierung für den deutschen Markt noch komplexer. Für Finanzinstitute ist dies ein gravierender Wettbewerbsnachteil.