EU kappt ESG-Berichtspflichten Was das Omnibus-Paket für Vermögensverwalter bedeutet

Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission, spricht an einem Rednerpult. Sie trägt einen hellen Blazer und gestikuliert mit beiden Händen während ihrer Ansprache

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei der Vorstellung des Omnibus-Pakets: Die ESG-Vereinfachungen sollen Unternehmen und Vermögensverwalter um 6,3 Milliarden Euro entlasten. Foto: Imago Images / Belga

Die Europäische Kommission hat ihr lang erwartetes Omnibus-Paket vorgelegt. Es markiert eine Kehrtwende bei den Vorschriften zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. Statt immer mehr Anforderungen folgt nun ein Bürokratieabbau im ESG-Bereich.

Die Änderungen betreffen vor allem die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) und die EU-Taxonomie. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kommentiert die Maßnahmen: „Wir haben Vereinfachung versprochen und Wort gehalten.“

 

Der Schwerpunkt liegt auf Entlastung: Rund 80 Prozent der bisher berichtspflichtigen Unternehmen fallen künftig aus dem CSRD-Anwendungsbereich. Nur noch Firmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern und entweder 50 Millionen Euro Umsatz oder 25 Millionen Euro Bilanzsumme müssen einen Nachhaltigkeitsbericht erstellen.

Für die in der Pflicht verbleibenden Konzerne sollen die Anforderungen ebenfalls sinken. Die Europäische Kommission plant, den Delegierten Rechtsakt zu den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) zu überarbeiten und die Anzahl der Datenpunkte „erheblich zu reduzieren“, wie es in den Vorschlägen heißt.

Entlastung für Asset Manager und ihre Portfoliounternehmen

Besonders relevant für Vermögensverwalter und Family Offices: Die EU-Taxonomie wird erheblich vereinfacht. Unternehmen mit weniger als 450 Millionen Euro Jahresumsatz können freiwillig nach Artikel 8 der Taxonomie-Verordnung berichten. Die verpflichtenden Berichtsvorlagen werden um rund 70 Prozent reduziert.

Neu ist die Option, über Aktivitäten zu berichten, die nur teilweise mit der EU-Taxonomie übereinstimmen. Dies soll eine schrittweise Umstellung fördern und die Transition Finance stärken – ein wichtiger Aspekt für nachhaltigkeitsorientierte Anlagestrategien.

Für Banken und Vermögensverwalter gibt es eine bedeutende Anpassung bei der Green Asset Ratio (GAR): Sie können künftig Engagements bei Unternehmen, die außerhalb des neuen CSRD-Anwendungsbereichs fallen, vom Nenner ausschließen. Dies dürfte zu einer deutlichen Verbesserung der Kennzahl führen.

Änderungen bei der Prüfungspflicht

Auch bei der externen Prüfung gibt es Neuerungen: Die Pflicht zur Prüfung mit begrenzter Sicherheit bleibt bestehen. Allerdings verzichtet die EU-Kommission auf die ursprünglich geplante spätere Einführung einer Prüfung mit hinreichender Sicherheit. Stattdessen will die Kommission „gezielte“ Prüfungsleitlinien zur Prüfung mit begrenzter Sicherheit herausgeben.

Diese Änderung könnte die langfristigen Compliance-Kosten für berichtspflichtige Unternehmen im Portfolio von Vermögensverwaltern und Family Offices deutlich senken.

Gemischte Reaktionen aus der Finanzbranche

Die Reaktionen aus der Finanzbranche fallen überwiegend positiv, aber nicht ohne Kritik aus. „Mit dem Omnibus-Vorschlag hat die EU-Kommission einen großen Schritt in Richtung Entlastung der Unternehmen gemacht. Bei der EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung lassen sich dagegen keine ausreichenden Maßnahmen zur Reduzierung der Berichtspflichten erkennen“, erklärt Henriette Peucker, Geschäftsführende Vorständin des Deutschen Aktieninstituts.

Kritisch sieht das Institut auch, „dass mit Blick auf die großen börsennotierten Unternehmen keine ausreichenden Erleichterungen bei den Berichtspflichten vorgesehen sind.“ Zudem bleibt die elektronische Kennzeichnungspflicht (iXBRL-Tagging) bestehen, die als aufwändig und rechtsunsicher kritisiert wird.

 

Der Gesamtverband der Versicherer (GDV) unterstützt das Paket grundsätzlich, forderte aber bereits im Januar branchenspezifische Größenkategorien. „Die derzeitigen Kriterien werden den Besonderheiten der Versicherungsbranche nicht gerecht und stellen gerade kleinere Anbieter vor große Herausforderungen“, so GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen.

Der europäische Fondsverband Efama unterstützt das Omnibus-Paket ebenfalls. Generaldirektor Tanguy van de Werve weist aber auf eine weitere Herausforderung hin: „Während die Verzögerung der CSRD-Berichte und das Opt-in-Regime für die Taxonomie verständlich sind, müssen Vermögensverwalter länger auf ESG-Daten warten und weiter auf Drittanbieter-Ratings zurückgreifen.“

Konsequenzen für Asset Manager und Vermögensverwalter

Für Vermögensverwalter, Family Offices und Privatbanken haben die Änderungen mehrere praktische Auswirkungen:

  1. Die Reduktion der berichtspflichtigen Unternehmen verringert den Zugang zu standardisierten ESG-Daten bei kleineren Portfoliounternehmen.
  2. Gleichzeitig sinkt der administrative Aufwand für eigene Nachhaltigkeitsberichte nach SFDR, da weniger Daten von Portfoliounternehmen angefordert werden müssen.
  3. Die verbesserte GAR durch die Anpassung der Berechnungsmethode könnte sich positiv auf die Nachhaltigkeitsbewertung von Banken und Vermögensverwaltern auswirken.
  4. Der zweijährige Aufschub der Berichtspflichten gibt allen Marktteilnehmern mehr Zeit für die Implementierung.

Laut EU-Kommission werden die Änderungen Einsparungen von rund 6,3 Milliarden Euro bei den jährlichen Verwaltungskosten bringen und zusätzliche Investitionen von etwa 50 Milliarden Euro mobilisieren.

Die Vorschläge gehen nun an das Europäische Parlament und den Rat. Nach der Verabschiedung und Veröffentlichung im EU-Amtsblatt können die Änderungen in Kraft treten.

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