Ethenea-Investmenchef Guido Barthels „In dem Fall glauben wir an eine Jahresendrally an den Aktienmärkten“

Seite 2 / 2


Während man üblicherweise einen Rückgang der Aktienkurse mit einer Zinserhöhung in Verbindung bringen würde, war es in diesem Fall genau andersherum. Zugegebenermaßen spielten die Sondereffekte durch den Volkswagen-Betrug und die Glencore-Story sicherlich auch eine Rolle.

Der Löwenanteil der Bewertungsverluste an den Weltbörsen von knapp 3 Billionen US-Dollar seit dem 17. September 2015 geht aber auf das Konto der Führungslosigkeit durch die Fed und damit der erhöhten Unsicherheit. Schlimmer noch als die Aktienmärkte hat der Markt für NonInvestment-Grade-Unternehmensanleihen gelitten (Grafik 3).



Der Rückgang der Risikobereitschaft, den wir bereits an den Aktienmärkten beobachten konnten, traf hier auf die äußerst dürftige Marktliquidität. Das Ergebnis war ein Mini-Crash in diesem speziellen Marktsegment, was auch deutlich ausgeprägter auf der US-Seite des Atlantiks stattfand als hierzulande (Grafik 4).



Es ist lohnenswert zu erwähnen, dass aktuell die Anleihe- und Aktienmärkte zum ersten Mal seit einem Vierteljahrhundert seit Jahresbeginn negative Ergebnisbeiträge geliefert haben. Über die Ursachen dieser doch deutlich anderen Ausprägung des Abverkaufs lässt sich nur spekulieren. Diese werden aber sicherlich noch weiter untersucht.

Die FOMC-Mitglieder der Fed scheinen ihren Fehler möglicherweise eingesehen zu haben, zumindest wenn man ihren öffentlichen Auftritten seit dem 17. September Glauben schenken kann. Der sogenannte Dot-Plot der Fed, speziell im Vergleich zur Sitzung im Juni 2015, birgt allerdings wenig Hoffnung (Grafik 5).



Nicht nur, dass die Zinserwartung der FOMC-Mitglieder im Allgemeinen stetig nach unten wandert, sondern auch, dass ein Mitglied es passend findet, negative Zinsen für 2016 zu fordern. Was bitteschön weiß der- oder diejenige? Wir hoffen jedenfalls darauf, dass die Fed sich einen Ruck gibt und allen Mut zusammennimmt, um doch noch dieses Jahr eine erste Minizinserhöhung durchzuführen. Es wäre ein Bekenntnis zur Rückkehr zur Normalität in der Geldpolitik nach vielen Jahren des Ausnahmezustandes.

Gründe, um einen Zinsschritt zu wagen, gibt es viele. Falls die Fed sich dazu durchringen könnte, glauben wir an eine Jahresendrally an den Aktienmärkten.

Unternehmensanleihen werden auch wieder Kursgewinne verzeichnen, allem Anschein nach überproportional im High-Yield-Segment. Die Handelsspanne der 10-jährigen Staatsanleihen hüben wie drüben wird in der bekannten Bandbreite verweilen.

Sollte sich die Fed allerdings entscheiden, weiter durch Nichtstun ihre Glaubwürdigkeit zu reduzieren und sich der Prokrastination zu widmen, bekommt man wohl noch wesentlich häufiger einen Blue Screen als einem lieb ist.


Über die Autoren:
Guido Barthels ist Investmentchef der Fondsgesellschaft Ethenea Independent Investors. Bei der Fondsboutique arbeitet er bereits seit 2008. Zusammen mit Luca Pesarini und Arnoldo Valsangiacomo managt er den milliardenschweren Mischfonds Ethna Aktiv.

Co-Autor Yves Longchamp leitet das Research bei Ethenea Indendent Investors in der Schweiz. Zur Fondsboutique ist er 2013 gewechselt. Zuvor war er in Währungsspezialist bei Pictet & Cie sowie Multi-Asset-Experte bei der UBS Wealth Management.

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?

Danke für Ihre Bewertung
Leser bewerteten diesen Artikel durchschnittlich mit 0 Sternen