Schritt für Schritt Estate Planning: So baut man eine Nachfolgeberatung im Private Banking auf

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Von Pauschalhonoraren ist abzuraten. Am sinnvollsten ist ein Stundensatz, mit dem Beraterstunden abgerechnet werden. Dabei ist ein Stundensatz von 250 bis 300 Euro realistisch. Es ist dringend davon abzuraten, für unterschiedliche Kundengruppen unterschiedliche Stundensätze abzurechnen. Berechnet ein Estate Planner in einem Hause zum Beispiel für vermeintlich einfachere Fälle einen Stundensatz von 150 Euro und für komplexere Fälle einen von 250 Euro, so führt das intern zwangsläufig zu Diskussionen mit den jeweiligen Kundenbetreuern.

Der Kundenberater wird darauf verweisen, dass sein Kunde ein einfacherer Fall ist und deshalb der niedrigere Stundensatz anzusetzen sei. Außerdem ist eine solche Unterscheidung nicht trennscharf möglich. Dagegen wäre es sinnvoll zu unterscheiden, ob der jeweilige Estate Planner, der den Kunden berät, Junior- oder Senior-Status hat. Man kann sowohl den Kunden als auch den Kollegen vermitteln, warum der Junior-Berater beispielsweise nur 200 Euro pro Stunde abrechnet und der Senior-Berater 300 Euro.

Da der Estate Planner eine erfolgreiche Nachfolgeberatung nicht allein durchführen sollte, ist die Einschaltung weiterer Experten zwingend erforderlich. Deshalb ist der Aufbau eines externen Beraternetzwerks entscheidend. Besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang die Einbindung versierter Rechtsanwälte und Notare auf der einen sowie entsprechender Steuerberater und Wirtschaftsprüfer auf der anderen Seite. Daneben sollte man unter anderem Unternehmensberater, Interimsmanager, Immobilienmakler, Versicherungsmakler, M&A-Berater und Family-Office-Gesellschaften in vielen Fällen in sein Netzwerk aufnehmen.

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Bei der Entwicklung des Estate-Planning-Angebots müssen die handelnden Personen Ausgestaltung und Form klären. Dabei müssen sie sich unter anderem folgende Fragen stellen:

  • Wie detailliert und umfangreich soll die Beratung durch die eigenen Mitarbeiter erfolgen? Oder sollte man lieber externe Estate Planner als Kooperationspartner beauftragen?
  • Welche Vertriebswege sollen genutzt werden?
  • Wie sollen Kundenansprache und Werbung erfolgen?
  • Wie stellt man sicher, dass das Rechts- und Steuerberatungsverbot eingehalten wird?

Es muss auch entschieden werden, welche zusätzlichen Dienstleistungen neben der eigentlichen Nachfolgeberatung erbracht werden sollen. Wer beispielsweise Unternehmer berät, sollte auch Unternehmensnachfolgeberatung anbieten. Besonders interessant und lukrativ ist auch die Testamentsvollstreckung.

Entscheidet sich eine Bank, ein Vermögensverwalter oder ein Family Office dazu, Testamentsvollstreckung als eigene Dienstleistung anzubieten, ist das auch aufgrund der dort üblichen Honorarstrukturen ein lohnendes Geschäftsfeld. Jeder professionelle Testamentsvollstreckungsanbieter sollte jedoch auch Estate Planning anbieten, da eine erfolgreiche Testamentsvollstreckung eine gute Nachfolgeberatung zu Lebzeiten des Erblassers voraussetzt.

Bei der Einführung des Estate Planning als Dienstleistung sollte jedoch klar sein, dass das Beratungshonorar nicht die entscheidende Ertragskomponente ist. Das Entscheidende sind die vielen Möglichkeiten für Folgegeschäft, auch Tippgeber-Gebühren für die Vermittlung von Unternehmens- oder Immobilienverkäufen. Darüber hinaus lässt sich die Nachfolgeberatung insbesondere aufgrund der vielen Weiterempfehlungen auch gut zum Anwerben von Neukunden nutzen.


Über den Autor:
Jörg Plesse ist Unternehmerberater sowie Financial und Estate Planner mit rund 25 Jahren Berufspraxis. Seine Schwerpunkte liegen in der Nachfolgeberatung für Unternehmer und vermögende Familien sowie im Stiftungsmanagement. Daneben arbeitet er als freiberuflicher Dozent und Fachautor.

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