Achim Lange von der Zeit-Stiftung „Wir haben einen Spielpartner verloren“

Seite 6 / 7

 

Wie stand die Stiftung vor dem Kriegsbeginn zu Russland?

Lange: Seit knapp 20 Jahren vergibt die Stiftung den Free Media Award, bei dem die Pressefreiheit Ost-Europas im Mittelpunkt steht. Diese Auszeichung wurde im Jahr 2000 mit der Zielsetzung aufgelegt, dass er nach spätestens zehn Jahren überflüssig ist. Leider ist das Pendel in die andere Richtung ausgeschlagen, weshalb wir unser Engagement weiter ausbauen werden. Dazu arbeiten wir unter anderem mit der norwegischen Stiftung Fritt Ord zusammen und versuchen punktuell Schwerpunkte zu setzten.

Haben Sie Beispiele?

Lange: Mit dem Free Media Award beispielsweise, haben wir im vergangenen Jahr Journalistinnen und Journalisten aus Belarus ausgezeichnet, weil natürlich auch dort die Pressefreiheit, ebenso wie in Russland, stark unter Druck steht. Eine unabhängige Berichterstattung ist sehr gefährlich geworden ist.

 

 

 


Noch im Herbst saß ich mit Preisträgern aus Belarus und der Ukraine zusammen -  jetzt bekomme ich Mails, dass sie ihre Familien an die Grenze gefahren haben und in den Kampf ziehen, mit Waffe und Stift um berichten zu können. Es ist eine extreme Zeit. Wir versuchen diesen mutigen Journalistinnen und Journalisten weiterhin zu ermöglichen ihre so wichtige Berichterstattung fortzusetzen.

Wie machen Sie das konkret?

Lange: Die große Frage war anfangs: Wir können wir ihnen auf welchem Wege Recherche-Stipendien zukommen lassen? Gerade die ersten Tage waren entscheidend, weil niemand wusste, ob die Banken schließen, ob Bankautomaten limitiert sein werden, ob online auf das Geld zugegriffen werden kann und ob Russland versuchen wird Gelder abzuzweigen.

Konnten Sie eine Lösung dafür finden?

Lange: Wir haben die Förderungen an Banken in der Ukraine überwiesen, von denen wir der Meinung waren, dass es die noch länger geben wird. Gott sei Dank sind bislang alle Gelder angekommen, wir konnten sofort und schnell helfen. Wir haben Recherche-Stipendien zur Verfügung gestellt, um unter schwersten Bedingungen die unabhängige Berichterstattung im Kriegsgebiet zu unterstützen.

Fahren Sie Projekte in anderen Teilen der Welt wegen des Russlandkriegs herunter?

Lange: Anfangs war der Blickpunkt natürlich stark auf den Angriffskrieg Russlands gelenkt. Wir haben ukrainische Stipendiaten in Hamburg, die eigentlich zurück in die Ukraine müssten. Selbstverständlich wollen wir ihnen helfen. Die Gefahr besteht also, dass der Blick sich auf die Ukraine verengt. Wir wollen mittelfristig unterstützen, beispielsweise mit dem Mentoring-Programm Weichenstellung für Zuwandererkinder und -jugendliche.