Mein erstes einschlägiges Erlebnis, seitdem ich für die Zeit-Stiftung arbeite war, dass diese zweite Ebene mindestens so wichtig ist, wie die erste. Eine Stiftung ist dazu angewiesen, die Gelder zeitnah zu verwenden, wir sind also dazu gezwungen, unsere Gelder auszugeben. Wir wollen selbstverständlich den realen Kapitalerhalt sicherstellen, aber wir wollen kein Vermögen anhäufen. Wir wollen und können das Geld wirken lassen in den bestmöglichen Projekten.
Reisen Sie auch selbst zu den Projekten?
Lange: Corona erschwerte mir das bislang leider sehr. Mitarbeiter begleiten die Projekte natürlich sehr engmaschig, schon allein für den Nachweis der Mittelverwendung. Wenn es meine Zeit erlaubt, möchte ich aber sehr gerne Projekte besuchen.
Welche Probleme auf der einen und welche Chancen auf der anderen Seite, sehen Sie kurz bis mittelfristig auf (institutionelle) Anleger zukommen?
Lange: Wir stehen alle vor großen Herausforderungen und haben ein Stück weit mit den Zentralbanken einen Spielpartner verloren. Bei den großen Krisen, der Dotcom-Blase und 9/11 war plötzlich alles Illiquide, aber die Notenbanken konnten helfen, ebenso bei der Lehman-Pleite. Jetzt haben wir genau das Gegenteil. Inflationäre Tendenzen, die nicht nur temporär, sondern substanziell längerfristig vorhanden sind.
Hinzu kommt die Covid-Problematik, die noch nicht abschließend behandelt ist, was wir an den unterbrochenen Lieferketten sehen. Das ist, eine nach wie vor unterschätzte Problematik - unter anderem wegen Chinas Null-Covid-Strategie. Dazu haben wir Russlands Krieg gegen die Ukraine, mit den einhergehenden Lieferschwierigkeiten bei Rohstoffen und daraus resultierenden Preisanpassungen. Das größte Problem ist aber die Inflation, es erschwert den realen Kapitalerhalt sicher zu gewährleisten.
Was müssten die Notenbanken machen, um wieder zurück im Spiel zu sein?
Lange: Diese Frage versuchen die Akteure glaube ich gerade auch für sich zu beantworten. Den perfekten Zeitpunkt um einzugreifen, haben sie verpasst, der war Mitte bis Ende vergangenen Jahres. Es wurde angenommen, dass es nur ein kurzes inflationäres Problem gibt und der Zielpfad von 2 Prozent schnell wieder erreicht wird. Die EZB hat eine klare Aufgabe: die Stabilität der Währung. Erstrangig muss die Nachfrage runtergedreht werden, die Menschen müssen zum Verzicht gebracht werden. In der Vergangenheit ging das immer durch Zinserhöhungen.