Portfolio-Dekarbonisierung „Scope 3 wird Standards etablieren, mit denen wir arbeiten können.“

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Bei der VPV Versicherung wird ebenfalls vorsichtig vorgegangen. Gekauft werden in der Regel nur noch Fonds nach Artikel 8 und 9. In den Versicherungs-Endprodukten – beispielsweise den Fondspolicen, die den Kunden angeboten werden – verzichte die VPV aber auf die Klassifizierung: „Wir lassen alle Fonds in Artikel 6 und vermeiden dadurch das Risiko, dass ein von uns gekaufter Fonds von den Regulatoren wieder zurückgestuft wird. Diesen Reputationsschaden wollen wir vermeiden.“

Vor diesem Hintergrund ist es verständlich, dass Fuchs an Scope 3 große Hoffnungen knüpft. „Wir Investoren brauchen diese Zahlen, diese sind noch nicht erreichbar. Scope 3 ist der Schlüssel.“ Da trenne sich die Spreu vom Weizen, ist er sich sicher: „Durch Scope 3 werden sich Standards etablieren, mit denen wir arbeiten können.“ Bis es so weit ist, muss aber noch viel individuelle Arbeit geleistet werden, weiß Römer – „auch von der Due Diligence der Investoren“.

Über die Fondsboutique Mirova hat er ein Portfolio im Sortiment, das im Bereich der freiwilligen Zertifikate, also außerhalb der EU, arbeitet. Für Römer eine zusätzliche Klimaschutzmaßnahme, die zudem ein langfristiges Interesse am Erhalt der Wälder bei der jeweiligen Bevölkerung mitentfachen soll. Die Skalierbarkeit solcher Projekte, beispielsweise der Aufforstung von Sheanuss-Bäumen im Sudan, ist jedoch begrenzt, und es ist Römer zufolge aufwendig, große Beträge zu investieren.

Wichtig ist Römer, hierbei mit Investoren zusammenzuarbeiten, die ihre Hausaufgaben im eigenen Portfolio und im Unternehmen gemacht haben: „Wir wollen unsere Produkte nicht zum Zweck des Greenwashings von Unternehmen anbieten.“

Skalierbarkeit ist notwendig

Das Ziel lautet, über die kommenden Jahrzehnte CO2-Emissionen einzusparen. Für die daraus entstehenden CO2-Zertifikate gibt es einen Preis. „Unterm Strich gibt der Investor uns Euros und erhält im Gegenzug Zertifikate“, erklärt Römer. Investiert beispielsweise eine Versicherung direkt, kann er die Zertifikate für sein Unternehmen verwenden. Bei Pensionsfonds kommt typischerweise ein Zwischenschritt dazu – denn der Pensionsfonds verkauft die Zertifikate zum Marktpreis an das Trägerunternehmen und generiert damit die Rendite für die Begünstigten. Bleibt die Frage, wie beispielsweise ein Wald skalierbar ist, der gerade erst gepflanzt wurde.

Römer nennt das eine „große Herausforderung“, die wiederum für Christian Jasperneite „kaum zu bewältigen“ ist. Je intensiver sich der Warburg-Finanzstratege mit klassischen Kompensationsgeschäften beschäftigt, desto mehr zweifelt er an ihrem Sinn. Unter dem Strich kaufe man sich das Recht, behaupten zu können, in einem Projekt investiert zu sein, welches vielleicht schon vor zehn Jahren gestartet oder auch abgeschlossen wurde und dessen CO2-Zielversprechen dann in 100 oder 200 Jahren eintrete – „wenn der Wald dann immer noch steht“.