ESG-Experten im Gespräch „Nachhaltige Unternehmen sind einfach besser aufgestellt“

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Klotz: Und für Vermögensverwalter, die eine eigene Lösung mit Hilfe unserer Expertise entwickeln wollen, stehen wir gerne beratend zur Verfügung.

Warum gehen Sie mit der Lösung nicht eigenständig an den Markt?

Helm: …weil wir keine eigenen Endkunden-Vertrieb haben und auch keinen aufbauen wollen.

Wie sieht die Gebührenteilung aus?

Helm: Ein ETF-Vermögenskonzept ist nur dann sinnvoll, wenn man auch die Kosten im Blick hat. Unser Ziel ist es, in der Gesamtkostenbetrachtung ohne Provisionen inklusive der ETF-Kosten unter 1 Prozent Kostenbelastung jährlich zu bleiben. Die TERs der ETFs liegen aktuell bei circa 0,35 Prozent per anno, so dass die übrigen Kosten 0,65 Prozent per anno nicht überschreiten sollten. Davon müssen die Abwicklung, die Vermögensverwaltung und die Konzeption bezahlt werden. Aber das schaffen wir.

Was verlangen die Kunden beim Thema Nachhaltigkeit, was ist möglich?

Helm: Die Welt der nachhaltigen Investments ist sehr vielfältig. Viele Kunden, die gerne unter Berücksichtigung von ethischen und ökologischen Kriterien investieren wollen, werden durch die Angebotsvielfalt und den unterschiedlichen Nachhaltigkeitsfiltern verwirrt. ETF-Lösungen investieren regelbasiert und damit transparent nachvollziehbar. Man weiß genau, was man bekommt. Auch deshalb sind wir fest davon überzeugt, eine sehr breite Anlegerschicht mit dem Konzept zu erreichen.

Und wie grün ist das Produkt?

Klotz: Man muss realistisch sein: Es können gar nicht alle Anleger von heute auf morgen „dunkelgrün“ anlegen, dies gibt das Angebot gar nicht her. Tatsächlich ist ein global breit diversifiziertes Portfolio wie das unsrige mit dunkelgrünem Ansatz bislang leider kaum zu realisieren. Aber es würde uns allen extrem helfen, wenn viele Anleger überhaupt auf nachhaltiges Investieren umsteigen würden. Das geht problemlos, jeder verantwortungsvoll investierte Euro macht die Welt ein wenig besser, und – man kann es nicht oft genug sagen – niemand muss Renditeeinbußen durch das ESG-Investieren fürchten. Das haben inzwischen zahlreiche Studien untermauert, und auch meine eigenen Analysen zeigen dies sehr klar.

Ihre B2B-Lösung basiert auf ETFs. Wie ist die ESG-Entwicklung im ETF-Universum?

Helm: ETFs erfreuen sich immer größerer Beliebtheit, wie auch das Thema ESG-Investments. Der Abschlussbericht der von der EU-Kommission beauftragen High Level Expert Group on Sustainable Finance beinhaltet weitreichende Handlungsempfehlungen, um umwelt- und sozialpolitische Ziele der EU zu erreichen und gleichzeitig die Finanzmarktstabilität zu sichern. Das soll nun auf der Ebene der Mitgliedsstaaten umgesetzt werden. Letztendlich geht es darum, die Kapitalströme im Sinne des Pariser Klimaschutzabkommens zu lenken. ETFs übernehmen dabei eine sehr wichtige Rolle. Infolgedessen wachsen sowohl Angebot als auch Qualität der ETFs mit ESG-Kriterien täglich.

Klotz: Es gibt da auch eine Gegenseitigkeit: Produkte wie die „Grüne Welt“ werden der Kombination aus ETF und ESG weiteren Rückenwind geben. Das Angebot ist bereits gut, dürfte sich aber noch weiter entwickeln.

Wie groß ist das Angebot, welche Nachhaltigkeitsfilter kommen zur Anwendung?

Klotz: Üblich ist die bewährte Kombination aus Ausschlusskriterien und dem Best-in-Class-Ansatz. Dank der Ausschlusskriterien werden jene Aktivitäten vermieden, mit denen nachhaltige Anleger sicherlich kein Geld verdienen wollen – denken Sie zum Beispiel an Landminen oder an verbotene Kinderarbeit. Der Best-in-Class-Ansatz sorgt dann dafür, dass man bei jeder Branche in die Unternehmen mit überdurchschnittlicher Nachhaltigkeitsleistung investiert. Dieser Ansatz sorgt für Wettbewerb unter den Unternehmen, weil kaum jemand Nachhaltigkeits-Schlusslicht sein möchte. Er entfaltet daher eine starke Wirkung. Eine Sonderstellung nimmt der ETF auf Green Bonds ein, denn Green Bonds sind Anleihen, deren Erlös nur in nachhaltige Projekte investiert wird.

Helm: Aktuell gibt es 72 nachhaltige ETFs, die in Deutschland zum Vertrieb zugelassen sind. Für die „Grüne Welt“ haben wir aus jenen ETFs, die unseren hohen ethischen und ökologischen Ansprüchen und gleichzeitig der oben beschriebenen Investmentphilosophie gerecht werden, acht ETFs ausgewählt, welche die Anlageklassen Aktien und Anleihen abdecken.


Über die Interviewten:
Dr. Stefan Klotz unterstützt als selbständiger Consultant institutionelle Anleger mit dem Schwerpunkt verantwortungsbewussten Investierens. Vor der Gründung der vif-klotz consulting 2014 sammelte er fast anderthalb Jahrzehnte bei deutschen Privatbanken verantwortliche Erfahrung in den Bereichen Investmentstrategie, Portfoliomanagement, Vermögensverwaltung und Nachhaltige Kapitalanlage.

Tim Helm hat das Unternehmen fondsprofis e.K. im Jahr 1995 gegründet. Darüber hinaus war der Vertriebsspezialist von 2002 bis 2016 in verschiedenen verantwortlichen Positionen tätig, zuletzt als Vertriebsdirektor bei dem Anbieter für nachhaltige Kapitalanlagen Ökorenta.

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