Interview mit Neil Goddin „Es muss radikal genug sein“

Fondsmanager Neil Goddin (l.) im Gespräch mit pbm-Herausgeber Malte Dreher

Fondsmanager Neil Goddin (l.) im Gespräch mit pbm-Herausgeber Malte Dreher: „Wir würden zum Beispiel niemals in eine Firma investieren, die selbst noch keinen Cent verdient hat.“ Foto: pbm

private banking magazin: Herr Goddin, Sie wollen mit dem Positive-Future-Fonds Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit, Leistung und Wirkung sein. Wie gehen Sie das an?

Neil Goddin: Wir glauben fest daran, dass man mit dem, was wir als transformatorischen Wandel bezeichnen, Geld verdienen kann. Die Änderungen, die sich dabei vollziehen, machen vieles besser. Mein liebstes Beispiel sind Supermärkte.

Was machen diese besser?

Goddin: Früher wurden Gurken und andere natürliche Güter eingepackt in Plastik verkauft. Heute tragen sie oft nur noch kleine Aufkleber. Von solchen Veränderungen, kleinen wie großen, brauchen wir schnell mehr. Denn manch andere Entwicklung ist schon frustrierend. So bestand der globale Energie-Mix 2009 zu 80,3 Prozent aus fossilen Brennstoffen. 2019 lag der Anteil bei 80,2 Prozent. Geht es in diesem Tempo weiter, sind wir in 8.120 Jahren bei 0 Prozent.

Wo sonst außer bei der Energie liegen die größten Herausforderungen?

Goddin: Die Kosten für das Gesundheitswesen steigen weiter, für Bildung ebenfalls. Ganz allgemein steigt die Ungerechtigkeit. Jetzt ist noch Gelegenheit, das Ruder herumzureißen. Wir wollen für unsere Anleger Rendite erwirtschaften, indem wir mit ihrem Geld zu einer besseren und gerechteren Welt beitragen. Blackrock- Chef Larry Fink sagte jüngst, dass die nächsten 1.000 Einhörner aus dem Impact Investing kommen werden. Ich kann Ihnen keine genaue Zahl nennen. Was ich aber sagen kann: Im Impact Investing wird das große Geld verdient werden. Die Politik hat das Thema entdeckt, das erhöht den Geldfluss noch.

Sie investieren zum größten Teil in kleine und mittelgroße Unternehmen. Die arbeiten oft nachhaltig, haben tolle Ideen und Produkte. Häufig gibt es aber Probleme mit den Reportings darüber …

Goddin: Auf der anderen Seite haben große Firmen immer größere ESG-Abteilungen, die sicherstellen können, dass ihr Unternehmen beim MSCI-Punktesystem für ESG am besten aussieht. Das ist toll, aber es bedeutet nicht, dass das Unternehmen wirklich mit vollem Herzen hinter der Sache steht.


So gesehen ist das mit den Reportings wirklich eine schwierige Sache. Tatsächlich schneiden einige der Unternehmen, in die wir investieren und von denen wir glauben, dass sie einen enormen positiven Einfluss auf die Gesellschaft haben, in den Rahmenwerken von Drittanbietern ziemlich schlecht ab.

Trotzdem haben Sie die Unternehmen für sich entdeckt …

Goddin: Weil wir uns immer zuerst das Produkt anschauen. Alle Firmen, in die wir investieren, stellen etwas her, das für etwas gut ist. Für die Umwelt oder für den Menschen.

Arbeiten Sie mit Unternehmen aus der Öl- und Gasindustrie zusammen, um ihnen bei der Transformation zu helfen?

Goddin: Nein. Das bedeutet aber nicht, dass andere Asset Manager das nicht tun sollten. Es ist richtig und wichtig, diese Unternehmen bei der Transformation zu unterstützen. Unser Schwerpunkt ist aber, dass wir uns auf Unternehmen konzentrieren, die bereits einen positiven Impact haben. Die harte Realität ist, dass kleine Fortschritte nicht mehr ausreichen. Ein tiefgreifender Wandel ist erforderlich. Wir sind der Meinung, dass dieser Wandel viel wahrscheinlicher dort zu finden ist, wo es um umwälzende Innovationen geht. Etablierte Unternehmen neigen fast per Definition dazu, den oft nicht nachhaltigen Status quo zu erhalten.