Nachhaltige Investments Es ist an der Zeit, die Spreu vom Weizen zu trennen

Jacco Minnaar, Vorstandsvorsitzender von Triodos Investment Management

Jacco Minnaar, Vorstandsvorsitzender von Triodos Investment Management: „Weder Verwässerung noch Verzögerung der Taxonomie-Verordnung dürfen das Ziel sein.“ Foto: Triodos Investment Management

Durch das exponentielle Wachstum des nachhaltigen Investmentsektors ist die Popularität von „grünen Anlagen“ und ESG-geprüften Indizes sprunghaft angestiegen. So beschreibt der Begriff „Fifty Shades of Green“ die Herausforderung , sich als Anleger durch ein Meer selbsternannter nachhaltiger Anlagemöglichkeiten zu wühlen – von Dunkelgrün über Hellgrün bis hin zu reinem Greenwashing.

Als reiner Impact Investor ist Triodos Investment Management (IM) auf der dunkelgrünen Seite des Spektrums aktiv. Schauen wir uns zunächst die Top-10 der bekanntesten Nachhaltigkeitsindizes an. Dabei müssen wir feststellen, dass nur eines dieser Unternehmen die Mindeststandards von Triodos IM erfüllt. Hintergrund dessen ist, dass der Begriff „nachhaltig“ weder geschützt ist, noch eine konkrete Definition dafür existiert. Daher halten wir es für äußerst wichtig, dass ein Klassifizierungssystem für nachhaltige Aktivitäten eingeführt wird.

Genau das ist das Ziel der EU-Taxonomie-Verordnung für nachhaltige Finanzwirtschaft. Sie bietet einen zukunftsweisenden Ansatz, der einen enormen Einfluss auf die Transformation der nachhaltigen Investmentbranche haben wird und unterstützt den Übergang zu einer Wirtschaft, die mit den ehrgeizigen Emissionsreduktionszielen der EU übereinstimmt. Darüber hinaus skizziert sie ein Klassifizierungssystem sowie Screening-Kriterien, die wirtschaftliche Aktivitäten definieren, welche einen wesentlichen Beitrag zur Abschwächung des Klimawandels leisten können.


Die Europäische Kommission nahm eine wichtige Herausforderung an, als sie 2018 mit der Ausarbeitung der Taxonomie-Verordnung begann. Ihr Ziel ist es, Investoren das Treffen fundierter Entscheidungen zu erleichtern und die EU dabei zu unterstützen, ihre Klima- und Energieziele für 2030 zu erreichen. Mit anderen Worten: Sie definiert, was „grün“ wirklich bedeutet. Die Nachhaltigkeits-Bestrebungen der EU legen die Messlatte höher. Bis 2030 müssen alle Kunststoffverpackungen recycelbar sein und bis 2050 die Netto-CO2-Emissionen in der EU auf null reduziert sein.

Weil diese Ziele so ehrgeizig sind, ist es wichtig, dass sich Investitionen auf wirtschaftliche Aktivitäten konzentrieren, die tatsächlich nachhaltig sind. Die EU-Taxonomie-Verordnung kann eine große Hilfe für Unternehmen sein, die es mit der Nachhaltigkeit ernst meinen. Sie legt in großer technischer Ausführlichkeit dar, was nachhaltig ist und räumt damit alle Zweifel aus dem Weg. Dies ist aus vielfältigen Gründen wichtig.

So gibt es viele Unternehmen, die einen Beitrag zu einer besseren Welt leisten möchten, aber nicht wissen, wie sie dies angehen können. Die Taxonomie-Verordnung kann ihnen bei diesem Wandel helfen und ihre Nachhaltigkeitsstrategie bestimmen. Sie beschreibt zum Beispiel, welche Kriterien Branchen wie die Forstwirtschaft oder die Zementproduktion erfüllen müssen, um als nachhaltig zu gelten.

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Zudem kann die EU-Taxonomie-Verordnung auch zur Verhinderung von Greenwashing beitragen. Derzeit bezeichnen einige Unternehmen und Investoren bestimmte Projekte oder Investitionen als „grün“, obwohl diese in Wirklichkeit nicht einmal als „hellgrün“ zu bezeichnen sind. Die Verordnung kann diesen Praktiken einen Riegel vorschieben. Letztendlich wird sie den Markt verändern, indem sie „grüngewaschene“ Produktangebote ausschließt und den Sektor durch Innovation und Produktentwicklung neu gestaltet. Um ihren Zweck zu erfüllen, muss sie jedoch wissenschaftlich fundiert bleiben und die Grenzen unseres Planeten respektieren.

Leider ist der Weg zur endgültigen Taxonomie-Verordnung bisher von Debatten und Streit geprägt, und der Weg, der noch vor uns liegt, scheint alles andere als leicht zu sein. Der Prozess erfährt derzeit eine bedenkliche Dynamik, bei der alle das Beste für sich rausschlagen möchten. Industrien und Mitgliedsstaaten wehren sich gegen den derzeitigen Entwurf und kämpfen hart darum, die Grenzen dessen, was als grün gilt, zu erweitern. Glaubt man den Greenwashing-Lobbyisten, so ist fast alles schon grün – sogar die fossilen Brennstoffe.