private banking magazin: Auch wenn wir uns über die grobe Zielrichtung klar sind, das eine Nachhaltigkeitsbild gibt es dann doch nicht. Wie schwierig war die Geburt eines Zielbildes bei der Alten Leipziger?
Peter Haueter: Es gab intensive Diskussionen, bis wir uns als ALH Gruppe – Alte Leipziger Lebensversicherung und Hallesche Krankenversicherung als Muttergesellschaften – auf ein gemeinsames Zielbild einigen konnten. Nachdem wir uns entschieden hatten, war es für uns der erste Schritt, das ESG-Thema mittels eines Responsible-Engagement-Verfahrens...
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private banking magazin: Auch wenn wir uns über die grobe Zielrichtung klar sind, das eine Nachhaltigkeitsbild gibt es dann doch nicht. Wie schwierig war die Geburt eines Zielbildes bei der Alten Leipziger?
Peter Haueter: Es gab intensive Diskussionen, bis wir uns als ALH Gruppe – Alte Leipziger Lebensversicherung und Hallesche Krankenversicherung als Muttergesellschaften – auf ein gemeinsames Zielbild einigen konnten. Nachdem wir uns entschieden hatten, war es für uns der erste Schritt, das ESG-Thema mittels eines Responsible-Engagement-Verfahrens mit Leben zu füllen. Die Zusammenarbeit mit BMO Global AM über deren Proxy-Voting-Angebot ermöglichte das. Weitere Umsetzungsschritte werden folgen.
Welche Nachhaltigkeitsthemen stehen denn im Mittelpunkt?
Haueter: Von Anfang an war klar, dass wir unseren CO2-Fußabdruck in der Kapitalanlage verringern wollen. Ein weiterer Fokus sind 4 der 17 Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen, konkret geht es um die SDG-Ziele 1, 3, 8 und 13, also um die Armutsbekämpfung, gesundes Leben, nachhaltiges Wirtschaftswachstum und menschenwürdige Arbeit sowie den Klimawandel.
War bei der BMO-Lösung Responsible Engagement Overlay, kurz Reo, von Anfang an klar, dass es um die 17 SDGs geht und nicht um ESG, SRI und Co.?
Nina Roth: Im Grunde genommen war das relativ einfach, weil die SDG-Ziele ein sehr gutes Rahmenwerk bilden, an dem man verschiedene Nachhaltigkeitsaspekte messen kann. Dazu gehören dann ganz klassisch soziale Themen wie Armut und Bildung, aber auch Vernetzungsthemen und natürlich der Umweltschutz. Daneben orientieren wir uns aber natürlich an dem zweiten großen Rahmenwerk, dem Pariser Klima-Abkommen von 2015.
Wie bricht man solche Rahmenwerke auf Konkretes herunter?
Roth: Zunächst mal gliedern sich unter den 17 SDG-Zielen insgesamt 169 Unterziele. Interessant wird es, die SDGs und die Pariser Ziele, die zunächst mal für eine Umsetzung durch die Länder gedacht waren, auf Unternehmensebene herunterzubrechen. Mit unserem Engagement-Ansatz für die uns anvertrauten Aktien und Anleihebestände müssen wir diese kartografieren und zuordnen. Dieses Mapping ist das eigentlich Herausfordernde.
Wo geht es denn leichter von der Hand, wo stößt man an Grenzen?
Roth: Es gibt einige Ziele wie den Kampf gegen den Klimawandel oder Armut, die sich gut durch Stimmrechtsausübung und Einflussnahme auf die Unternehmenspolitik umsetzen lassen. Einige Nachhaltigkeitsziele institutioneller Investoren lassen sich auch gar nicht mit den SDGs verbinden.
Herr Haueter, wie kam die Alte Leipziger zum Engagement-Ansatz?
Haueter: Grundsätzlich gibt es zwei Wege, die man gehen kann. Zum einen kann man durch das Engagement der Anleger versuchen, Einfluss darauf zu nehmen, dass sich Unternehmen nachhaltiger ausrichten. Oder man schließt bestimmte Aktien und Anleihen aus dem Anlageuniversum aus. Einfluss auf diese Unternehmen hat man dann aber keinen mehr.
Als ALH Gruppe haben wir uns für den Weg der Einflussnahme entschieden. Das heißt aber auch, dass, wenn Entwicklungen ausbleiben, die Unternehmen tatsächlich irgendwann ausgeschlossen werden. Man darf auch nicht ignorieren, dass die Gesellschaft auf bestimmte Wirtschaftszweige nicht komplett verzichten kann. Aber wenn Stahl mit weniger Strom oder sogar gänzlich mit Ökostrom hergestellt werden kann, ist das eine Entwicklung in die richtige Richtung.
Roth: Dazu gesellt sich dann noch eine andere Nachhaltigkeitsprämie. Akademische Studien haben in aller Breite heraus gefunden, dass, wenn ESG-Themen von Firmen ernst genommen werden, diese insgesamt ihre Risiken besser managen können. Heißt: Es gibt weniger Kreditaus fälle bei diesen Unternehmen, gleichzeitig aber mehr Innovationen. Letztlich ergibt sich für den Aktien und AnleiheInvestor ein höherer Unternehmenswert.
Die Alte Leipziger Trust übte ihre Stimmrechte schon vor 2019 aus. Was ist neu?
Haueter: Unsere Stimmrechte hatten wir in der Tat schon vor 2019 über unsere Depotbank ausgeübt, damals auch schon über ein Proxy Voting. Denn die Verpflichtung zur Stimmrechtsausübung gab es schon immer. Was neu ist, ist, dass es mit BMO ESG-spezifischer geworden ist. Die Richtlinie Arug II verlangt unter anderem die Veröffentlichung unseres Abstimmungsverhaltens. Dem kommen wir in den Reo-Berichten nach. Dort werden unsere ESG-spezifischen Voten und auch die Einflussnahme von Reo auf die Unternehmen in unserem Namen publiziert. Weiterhin enthält der Bericht Details zum Dialog mit einzelnen Unternehmen und den Ergebnissen dieses Engagements.
Inwiefern sind die mehr als 300 Milliarden Euro Assets under Advice auf der Reo-Plattform ein Pfund?
Haueter: Als Alte Leipziger Trust verwalten wir rund 3 Milliarden Euro im Aktien und Rentenbereich. Verteilt man das auf die verschiedenen Positionen, wäre schnell klar, dass man damit keine gewichtige Mitsprache auf einer Hauptversammlung hat. Dazu wären wir zu klein. Daher ist es absolut sinnvoll, die Stimmrechte über BMO Global AM zu bündeln, um sich Gehör zu verschaffen.