Family-Office-Berater Quilvest „Es gibt zwei Hauptkonflikte in reichen Familien“

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Es gibt zwei Hauptkonflikte. Im ersten geht es um die Macht in der Familie und im Unternehmen: Welches Familienmitglied übernimmt die Leitung und die Verantwortung? Wer trifft die Entscheidungen? Wer will das tun und wer kann es auch? Der zweite Konflikt dreht sich meistens um Mängel in der Kommunikation. In einer Familiendynastie mit zwei oder drei Generationen, die teilweise auch auf dem Globus verstreut leben, ist die Kommunikation oft ein Konfliktherd: Manche Familienmitglieder stehen sich näher, andere nicht, manche behalten wichtige Informationen für sich, manche erfahre alles immer zuletzt usw. Ein Kommunikations- und Informationskonzept ist darum einer der Schlüsselfaktoren in der Einrichtung und der Führung eines Family Offices. Unabhängig von der Machtkonstellation innerhalb einer Familie sollten alle Mitglieder das Recht auf gleiche Informationen haben.

Inwiefern ändern sich die Bedürfnisse und Wünsche nach Anlagelösungen von Generation zu Generation?

Vermögenserhalt und -wachstum sind immer die höchsten Prioritäten. Wobei die erste und zweite Generation ihren Fokus in der Regel auf das Wachstum des Familienunternehmens legt. Das bedeutet, dass freie Liquidität hauptsächlich dort investiert wird. Der Aspekt des Vermögenserhalts wird aber fortlaufend wichtiger. Denn ab der zweiten und dritten Generation werden immer mehr Familienmitglieder nicht mehr direkt im Unternehmen involviert sein. Ihnen ist der Vermögenserhalt wichtiger als Investitionen für weiteres Wachstum.

Sorgt dies für Konflikte?

Ja, das bringen die unterschiedlichen Interessenlagen mit sich. Umso wichtiger ist es, dass eine Family-Office-Lösung sowohl den Aspekt des Vermögenswachstums als auch des -erhalts berücksichtigt. Wachstum ist allein schon deshalb eine Notwendigkeit, weil von Generation zu Generation mehr Familienmitglieder vom erwirtschafteten Vermögen leben müssen. Wir erachten es deshalb als wichtig, dass in einem Family Office eine Wachstumsmentalität im unternehmerischen Sinn bestehen bleibt. Eine gut geführte Unternehmung wirft in der Regel deutlich höhere Renditen ab als der beste Portfoliomanager erwirtschaften kann.

Das Geld hält eine Familie zusammen?

Natürlich ist es das Geld nicht alleine. Aber ein Family Office muss Performance erwirtschaften, um die Familie zusammenzuhalten.

Wie lassen sich innerhalb einer Familie mit mehreren Generationen, verschiedenen individuellen Ambitionen und Intentionen betreffend des Familienvermögens die Interessen auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen?

Indem man den Prozess der Nachfolgeregelung und der Führung eines Family Offices genau strukturiert und Abläufe formalisiert. Beispielsweise, wie viele Familienmeetings jährlich stattfinden sollen und wer an ihnen teilnimmt. Wie Entscheidungen evaluiert und getroffen werden. Und wie sämtliche Familienmitglieder von wichtigen strategischen Entscheidungen in Kenntnis gesetzt werden. Es geht darum, dass sämtliche Familienmitglieder involviert werden.

Als Family-Office-Berater müssen sie weit komplexeren Anforderungen genügen als der Privatkunden-Berater. Berücksichtigt ihr Gebührenmodell dies?

Tatsächlich ist es nicht ganz einfach, dem emotionalen Teil unserer Problemlösungen einen Wert beizumessen...(lacht). Im Ernst: Unser Geschäftsmodell besteht darin, dass wir sehr viel Know-how teilen. Dieses hat seinen Preis, wie auch die Zeit, die wir aufwenden. Wir lösen dies, indem wir in der Regel für das Einrichten eines Family Offices und die Formalisierung der Prozesse eine Pauschale vereinbaren. Alles Weitere hängt von den Dienstleistungen ab, die wir in der Zukunft erbringen: Führung des Family Offices, Beratungen, Anlagelösungen. Für diese Dienste verlangen wir wettbewerbsfähige Gebühren.

Wie viele Kunden hat Quilvest Wealth Management?

Wir haben rund 400 Kunden. Quilvest Wealth Management war von Beginn an auf UHNWI und Family Offices fokussiert. Das ist in der Geschichte von Quilvest begründet, die zunächst ihr eigenes Family Office war.

Wo sieht Quilvest das Wachstum?

Wir sehen es vor allem in Asien, wo eine erste Generation sehr viel Reichtum erwirtschaftet hat und eine Nachfolgeregelung benötigt. Auch im Mittleren Osten, wo die Notwendigkeit einer früheren Einleitung der Nachfolgeplanung zunehmend erkannt wird.

Wie sehen ihre Pläne für den Standort Zürich aus?

Wir sind in den letzten Jahren stark gewachsen, verwalten 7,7 Milliarden Dollar und haben rund 100 Angestellte. Ich gehe davon aus, dass wir uns weiterhin entsprechend entwickeln. Ich vergleiche die gegenwärtige Situation auf dem Finanzplatz gerne mit der Schweizer Uhrenindustrie, die ihre Marktführerschaft durch den Fokus auf Qualität zurückerobert hat. Ich glaube, dass eine ähnliche Strategie im Wealth Management ebenso erfolgreich sein wird.

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