ABV-Chef im Gespräch „Es gibt keinen Rentenplan B“

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Bei der kapitalgedeckten Altersversorgung liegt Deutschland hinter anderen Ländern zurück, was muss geschehen? 

Zuerst einmal nicht allein auf die demografisch herausgeforderte Umlage setzen. Der Grundgedanke der Riester-Rente, ein zweites, kapitalgedecktes Standbein zu errichten, um zu einem hybriden System aus Umlageverfahren und Kapitaldeckung zu kommen, war richtig. Die berufsständische Versorgung ist von vornherein ein hybrid finanziertes System. Beide Finanzierungsverfahren haben ihre Berechtigung, auch hat die Umlage ihre spezifischen Vorteile. Aber sie muss in dem säkularen Prozess der demografischen Alterung entlastet werden. Zu den konkreten Maßnahmen, die dazu ergriffen werden, äußern wir uns nicht, weil wir beim eigenen Leisten bleiben wollen.

Niedrigzins und Inflation setzen der Kapitalanlage zu. Infrastruktur 4.0 in Deutschland, aber auch Infrastruktur-Investments in den Emerging Markets geraten dadurch in den Blickpunkt, um nur zwei Beispiele zu nennen. In welchen Bereichen sehen Sie vielversprechende Investitionsmöglichkeiten?

Im aktuellen Marktumfeld sind alternative Investments vielversprechend. Hierzu zählen generell Infrastruktur-Investments, aber zum Beispiel auch Private Equity und Private Debt. Versorgungswerke sehen aber auch nach wie vor vielversprechende Investitionsmöglichkeiten in ausgewählten Immobilienbereichen, und breit diversifizierte Aktien-Investments sind ebenso ein wichtiger Baustein der Portfolios.

Was halten Sie von Kryptowährungen wie beispielsweise dem Bitcoin?

Versorgungswerke beobachten neue Entwicklungen an den Kapitalmärkten sehr genau. Dazu gehört auch die Entwicklung der Blockchain-Technologie und damit auch das Thema Bitcoin. Für Versorgungswerke kommt der nachhaltigen Finanzierung der Verpflichtungen gegenüber den Versorgungsempfängern sehr große Bedeutung zu. Aufgrund der enormen Volatilität des Bitcoins und anderer Kryptowährungen, deren Kursentwicklung ohne innere Wertgenerierung erfolgt, stehen diese jedenfalls der zeitnichtim Anlagefokus. Die Frage, ob und wie Kryptowährungen innerhalb der Anlageverordnung verbucht werden können, ist aktuell noch nicht geklärt. Durch das kürzlich verabschiedete Fondsstandortgesetz dürfen allerdings Spezial-Investmentvermögen mit festen Anlagebindungen zukünftig bis zu 20 Prozent ihres Fondsvermögens in Kryptowerten anlegen. Es bleibt abzuwarten, ob diese Möglichkeit auch Investoren offenstehen wird, für die die Anlageverordnung gilt.

Welches sind die ersten Gedanken, die Ihnen zum Thema Anlageverordnung in den Sinn kommen?

Vor dem Hintergrund eines auskömmlichen Zinsniveaus stellte die Anlageverordnung über einen langen Zeitraum hinweg einen angemessenen Rahmen für die Kapitalanlagetätigkeit der Versorgungswerke dar. In den vergangenen Jahren hat sich die Welt aufgrund der geänderten Kapitalmarktsituation aber grundlegend verändert. Viele Versorgungswerke sehen sich mittlerweile durch die Vorschriften der Anlageverordnung, insbesondere was die Mischungsquoten betrifft, in der Kapitalanlage deutlich eingeschränkt.

Was muss deshalb passieren?

Ich nehme den Dialog zwischen den Versorgungswerken und den Aufsichten als sehr konstruktiv wahr. Diese sind offen dafür, Anpassungen in der Asset-Allokation an das veränderte Kapitalmarktumfeld zu ermöglichen. Langfristig werden die Versorgungswerke die Herausforderungen nur meistern können, wenn sie über einen angemessenen, flexiblen aufsichtsrechtlichen Rahmen für ihre Kapitalanlagetätigkeit verfügen. Die aktuelle Anlageverordnung wird dies aber nicht dauerhaft leisten können, zumal kaum zu erwarten ist, dass sie in absehbarer Zeit noch einmal an die Veränderung der Kapitalmärkte angepasst wird. Es muss daher das Ziel sein, in Abstimmung mit den Aufsichtsbehörden im Interesse der Versorgungsempfänger eine Lösung für ein zukunftsorientiertes Aufsichtsregime zu finden.

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