Erstes Fintech Forum in London Der schnelle Erfolg kommt über Kooperationen mit Finanzdienstleistern

Anna Wallace, Leiterin des Innovation Hubs der Financial Conduct Authority, bildete mit ihrer Keynote den Auftakt des Forums

Anna Wallace, Leiterin des Innovation Hubs der Financial Conduct Authority, bildete mit ihrer Keynote den Auftakt des Forums

20 Fintech-Start-ups aus ganz Europa waren aus knapp 100 Firmen aus dem Bereich digitaler Kapitalanlage von Techfluence ausgewählt worden, ihre Unternehmen in London vor Vertretern namhafter Banken, Venture-Capital-Unternehmen und Fondsgesellschaften vorzustellen. Vertreten waren unter anderem Aberdeen Asset Management, Allianz, AGI, Aegon, Aviva, Berenberg, BNP Paribas, Commerzbank, ebase, Fidelity, Mediolanum, Santander, Schroders, Société Générale und Sutorbank.

Einen inhaltlichen Schwerpunkt des Fintech Forums bildeten automatisierte Vermögensverwalter, sogenannte Robo Advisor, ein Sektor, der derzeit besondere Beachtung findet und zudem im Fokus diverser M&A-Transaktionen steht.

Aus dem Segment Sentimentanalyse verzeichnete die Starterliste drei Start-ups. Lösungen für Unternehmen (B2B) präsentierten fast die Hälfte aller Firmen auf der Bühne, so dass die Auswahl sehr ausgewogen war.

Den Auftakt machte jedoch eine bemerkenswerte und auf dem Forum viel diskutierte Keynote von Anna Wallace (Bild), Leiterin des Innovation Hubs der Financial Conduct Authority (FCA), die zeigte, wie die FCA Start-ups in der Startphase aktiv und zunächst informell Hilfestellung im Umgang mit regulatorischen Fragen als Dienstleister bietet. Besonderes Augenmerk wird dabei auf den Konsumentennutzen gelegt. Die FCA fördert auch Robo Advisor aktiv und führt diese Woche dafür eigens eine dreitägige Konferenz für Start-ups durch.






















Anna Wallace, Leiterin des Innovation Hubs der Financial Conduct Authority


Die Start-up-Pitches waren in drei Blöcke eingeteilt. Den Auftakt bildeten zwei digitale Vermögensverwalter. Während Advise Only aus Italien als automatisierte Lösung für Privatanleger konzipiert ist, bietet niiio aus Görlitz neben Privatkunden, ihre Software auch Unternehmen wie anderen Start-ups („Fintech für Fintechs“) an und greift hierbei auf Erfahrungen aus Transaktionen für über 40 Milliarden Euro Bestandsvolumen der Softwareschmiede und Muttergesellschaft DSER (Deutsche Software Engineering & Research) zurück.

Qumram, Scaledrisk, Cashboard

Qumram aus der Schweiz präsentierte dem Publikum eine Aufzeichnungslösung für Social Media-Aktivitäten für Finanzdienstleister, die vor allem Compliance Officer begeistern dürfte. Mit mehr als 10 Millionen Euro Umsatz überzeugte Xignite als Later Stage Start-up mit seinem API-Angebot für die Investmentbranche.

Das französische Start-up Scaledrisk war als nächstes dran: Die einzige Big Data-Plattform, die für Finanzinstitute entwickelt ist, liefert Echtzeitanalysen für Risikomanagement, Compliance, Handelsanalysen oder Betrugserkennung.

Cashboard-Chef Robert Henker, der am Vortrag gerade die erste TV-Kampagne eines deutschen Robo Advisors überhaupt, gestartet hatte, schloss mit seinem Angebot für deutsche Privatkunden, die nicht nur in klassische Asset-Klassen, sondern auch in Peer-to-Peer Lending und Bitcoin investieren möchten, den ersten Teil ab.

Techfluence-Geschäftsführer Michael Mellinghoff berichtete aus der noch laufenden Übersichtsstudie zu InvestTech-Start-ups weltweit. 310 Start-ups werden derzeit in 32 Ländern gezählt, wobei die meisten Firmen in den USA angesiedelt sind, gefolgt von Großbritannien, Deutschland und der Schweiz. Ein überraschendes Zwischenergebnis ist, dass es in Europa und der Schweiz insgesamt deutlich mehr Investtech-Start-ups gibt als in Nordamerika. Stärkstes Segment ist insgesamt die digitale Vermögensverwaltung, gefolgt von Start-ups im Bereich Datenanalyse und Big Data.


Robert Henker von Cashboard (Mikro) und Moderator Michael Mellinghoff von Techfluence (stehend)




















Robert Henker, Cashboard, und Moderator Michael Mellinghoff, TechFluence (stehend)


Prophis Technologies, In2Experience, Empirica

Die zweite Pitch-Runde wurde von Prophis Technologies aus London eröffnet. Dorothee Fuhrmann überzeugte mit der Vorstellung der bereits mehrfach preisgekrönten Technologie, die Finanzdienstleistern hilft, Wert und Erkenntnisse aus internen und externen Daten abzuleiten.

Kai Wulff, Chef des Frankfurter Start-ups In2Experience präsentierte seine innovative Visualisierungslösung für Portfoliokorrelationen und prägte dabei den knackigen Begriff Couchvestor, denen Kapitalanlage damit leichter verständlich gemacht werden soll.

Das polnische Start-up Empirica stellte seinen Ansatz für Algo-Trader vor, der bereits bei mehreren institutionellen Kunden im Einsatz ist und nun perspektivisch Privatpersonen zugänglich gemacht werden soll.

Sentifi, Stockpulse, Scalable Capital, Crypto Facilities und United Signals

Nun folgten mit der Schweizer Sentifi und Stockpulse aus Köln zwei Start-ups aus dem Bereich Data Analytics. Serien-Unternehmer Anders Bally präsentierte seine Lösung, aus Social Media-Daten der Crowd Marktmeinungen zum Kapitalmarkt herauszufiltern und die „Influencer“ des jeweiligen Einflusses nach zu reihen. Stockpulse hingegen setzte Daten aus seiner Realtime-Sentiment-Analyse sogar in eigenen Investmentprodukten um, wie das geschäftsführende Vorstandsmitglied Jonas Krauss verdeutlichte.

Einen sehr erfrischenden Eindruck hinterließ das Münchener Team von Scalable Capital, die kurz vor dem Start ihrer risikoorientierten digitalen Vermögensverwaltung stehen und gerade eine große Seedrunde in Deutschland abgeschlossen hatten, was sichtlich auch den ein oder anderen internationalen VC beeindruckt hatte.

Als nächstes Start-up betrat Crypto Facilities die Bühne im 20. Stock. Gründer Timo Schläfer präsentierte seine Plattform für Risk Management und Handel digitaler Währungen, wie etwa Bitcoin, die bereits teilweise reguliert ist.

Daniel Schäfer aus Frankfurt stellte sein 2010 gegründetes Start-up United Signals vor und hob die gerade erfolgreich umgesetzte Expansion in die Schweiz mit einer White Label-Version seiner Plattforum hervor.

Bond-IT, Quantstore, Valutico und Vaamo


Mit Bond-IT betrat dann ein Start-up aus Israel die Bühne, welches gerade in London das Finalisten-Programm des Start-up-Boot-Camps Fintech absolvierte. Bond-IT ist eine Plattform für Rentenfondsmanager, die diesen Algorithmus basiert bei Portfoliokonstruktion, Portfoliooptimierung und so weiter voll digital unterstützt.

Es folgte das Schweizer Start-up Quantstore, das seine cloudbasierte Softwarelösungen für Finanzdienstleister als „One stop shop“ vorstellte. Fincite, das demnächst nach Frankfurt übersiedelt, präsentierte seine Robo Advice White Label-Lösung für Banken, Fondsgesellschaften und Vermögensverwalter.

Damit waren hintereinander vier Start-ups auf der Bühne, die für Finanzdienstleister und Banken hochinteressante Kooperationspartner sein können. Das österreichische Fintech Start-up Valutico präsentierte eine Algorithmus- und Crowd-Intelligence basierte Lösung für Unternehmensbewertungen. Das Produkt von Thomas Bloch von Vaamo, einem der ersten Robo Advisory Start-ups in Deutschland, verspricht mit nur drei Klicks den Abschluss eines Investmentproduktes.

Den Abschluss bildete eine von Anna Irrera (Fintech-Reporterin bei Financial News/Wall Street Journal) moderierte Roundtable-Diskussion zu der Fragestellung, ob Investtech-Start-ups für die traditionellen Player in diesem Segment eine Bedrohung darstellen oder gute Partner sein können, oder gar Talentschmieden, die sich in den Start-ups für höhere Weihen in der Zukunft der Investmentindustrie qualifizieren.

Kooperation ist das Zauberwort

Panelisten waren neben zwei Start-ups zwei Vertreter namhafter Venture-Capital-Gesellschaften (Balderton und Accel Partners) sowie Vertreter von Schroders Asset Management und BNP Paribas Wealth Management. Erwartungsgemäß wurden sowohl von Start-up als auch Investoren-Seite überwiegend die Haltung vertreten, dass Kooperation die Zeichen der Zeit sind. Viele Start-ups scheinen erkannt zu haben, dass der schnellere Weg zum Erfolg über eine Kooperation mit Finanzdienstleistern führt, statt zu versuchen mit ihnen zu konkurrieren. Dies scheint auch für das Investmentgewerbe zu gelten, obwohl bereits viele Robo-Advisory-Angebote im Markt sind, die die Kundenklientel.

Rundherum war dieses ausverkaufte erste Fintech Forum von Techfluence eine sehr gelungene Veranstaltung, wie viele Tweets der Teilnehmer belegen. Bemerkenswert waren auch die vielen versierten Fragen aus dem Publikum und die Hochwertigkeit der teilnehmenden Start-ups selbst als auch die der Präsentationen, sicherlich auch ein Resultat des beim Fintech Forum regelmäßig vorgeschalteten individuellen Mentoring-Programms für die Start-ups.

Gastgeber Michael Mellinghoff: „Wir sind sehr zufrieden mit unserem Debüt hier in London. Das große Interesse an der Veranstaltung belegt, dass Investtech weiterhin ein Wachstumssegment sein wird. Mehrere Teilnehmer haben uns am Ende des Tages signalisiert, dass sie mit mehreren Start-ups in Gespräche wollen.“

Über das Fintech Forum

Das Fintech Forum ist das erste und größte Hub für Fintech in Kontinentaleuropa, das im Juli 2013 von Frank Schwab und Samarth Shekhar in Frankfurt gegründet wurde. Das Wall Street Journal zählt es 2014 zu den „40 Leaders in Fintech“. Es identifiziert Innovatoren im Finanzbereich in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Kontinentaleuropa und bringt sie mit Investoren und Finanzinstituten durch Veranstaltungen, Studien, Newsletter und Social Media zusammen.



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