Erneuerbare Energien in Schwellenländern
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er kennt das nicht aus eigener Erfahrung? Steigt das Einkommen, erwacht der Wunsch, sich etwas Neues zu gönnen – seien es neue technische Geräte wie etwa ein iPad oder beispielsweise ein Wäschetrockner. Und damit steigt in der Regel auch der Strombedarf. Das gilt auch für die Haushalte in den Schwellenländern, in denen zudem ein starkes Bevölkerungswachstum verzeichnet wird. Beides führt zu einem steigenden Strombedarf. Experten rechnen daher damit, dass die Nachfrage nach Strom zwischen 2019 und 2030 am stärksten in Nicht-OECD-Ländern steigen wird.
Hinzu kommt, dass in den Schwellenländern oftmals noch kein ausreichender Zugang zu Elektrizität besteht – obwohl in den vergangenen zehn Jahren bereits erhebliche Fortschritte erzielt wurden. So hat derzeit rund ein Zehntel der Weltbevölkerung - rund 780 Millionen Menschen - nach wie vor noch keinen Zugang zu Strom. Eng damit verknüpft ist außerdem der Zugang zu sauberen Kochgelegenheiten: Auf mehr als 2,6 Milliarden Menschen weltweit trifft dies nach Angaben der Internationalen Energieagentur (IEA) immer noch nicht zu. Die Folge: Infolge der Luftverschmutzung durch Rauch, der beim Kochen entsteht, sterben weltweit jährlich rund 2,5 Millionen Menschen.
„Bislang sind viele Schwellenländer stark von Importen fossiler Brennstoffe abhängig, was sich insbesondere bei steigenden Preisen nachteilig auswirkt. „Indem sie sich die riesigen lokalen erneuerbaren Energiequellen zunutze machen, können die Schwellenländer ihre Unabhängigkeit ebenso stärken wie eine zuverlässige Energieversorgung“, erläutert Angeles Toledo Rodriguez, Co-Managerin des Triodos Emerging Markets Renewable Energy Fund. Da die Erzeugungs- und Speicherkosten für erneuerbare Energien in den letzten Jahren erheblich und mittlerweile nahezu das Niveau fossiler Brennstoffe gesunken seien, würden erneuerbaren Energien zunehmend zur wirtschaftlichen Alternative zu herkömmlichen Brennstoffen. „Die Kosten für Photovoltaik etwa liegen mittlerweile rund 83 Prozent niedriger als noch vor zehn Jahren, bei Windkraft gingen die Kosten um rund 50 Prozent zurück“, so die Fondsmanagerin.
Schwellenländer investieren verstärkt in Erneuerbare Energien
Hinzu komme die Tatsache, dass viele Entwicklungs- und Schwellenländer direkt auf fortschrittliche erneuerbare Energien umsteigen könnten und ein umständlicher Umbau vorhandener Versorgungsnetze entfalle, betont Toledo und verweist auf den IEA-Bericht Global Trends in Renewable Energy 2020. „Wie diese Analyse zeigt, machen sich viele Schwellenländer die Vorteile Erneuerbarer Energien bereits zunutze. Insgesamt haben diese Länder die Industriestaaten in puncto Investitionsvolumina im Jahr 2019 überholt“, erläutert Toledo.
Als Beispiel für das Umsatteln von Schwellenländern von schmutziger Kohle auf saubere Energien nennt die Fondsmanagerin Pakistan, wo rund 30 Prozent der Bevölkerung keinen Zugang zu Energie haben. „Angesichts der starken Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen und der Anfälligkeit für schwankende Ölpreise plant die Regierung, den Anteil erneuerbarer Energien bis 2030 von bisher vier auf 30 Prozent zu erhöhen und das enorme Potenzial im Bereich Wind- und Solarenergie zu erschließen“, erläutert Toledo und verweist auf den Solarpark Gharo Solar in der Nähe der Metropole Karachi: „Diese zum Portfolio von Triodos Investment Management gehörende Anlage ermöglicht die Stromversorgung von rund 190.000 Menschen und spart rund 54.000 Tonnen CO2-Emissionen gegenüber Strom aus Kohlekraftwerken ein. An der Finanzierung war der Triodos Groenfonds über eine B-Konsortialkredit der niederländischen Entwicklungsbank FMO als eingetragener Kreditgeber beteiligt“.
Solche Finanzierungen werden nach Einschätzung der Fondsmanagerin künftig eine stärkere Rolle spielen als bisher. „Auch infolge der Corona-Krise verzeichnen viele Schwellenländer wachsende Defizite, weshalb die Bedeutung von Banken und anderen Finanzinstitutionen in puncto Finanzierung von Projekten in Bereich Erneuerbare Energien künftig zunehmen dürfte.“ Für Anleger bieten sich Toledo zufolge damit gleich mehrere Chancen auf einmal: „Zum einen bietet dieser Wachstumsmarkt Renditepotenzial und zum anderen tragen Anleger mit ihren Investments dazu bei, nicht nur Menschen in den Schwellenländern einen sauberen Zugang zu Strom zu ermöglichen, sondern gleichzeitig auch die wirtschaftliche Entwicklung und die Energiewende zu fördern.“
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Sie investieren mit dem Fonds in Finanzierungsinstrumente, mit denen Erneuerbare Energie-Projekte in Schwellenländern gefördert werden. Welche Expertise bringt Triodos Investment Management in diesem anspruchsvollen Marktsegment mit?
Angeles Toledo Rodriguez: Die Finanzierung von Erneuerbare-Energien-Projekten in Schwellenländern erfordert Expertise, Erfahrung und ein starkes Netzwerk. Bei Triodos Investment Management haben wir alle drei, denn wir haben mehr als 20 Jahre Erfahrung in der Finanzierung von Projekten in Schwellenländern und mehr als 30 Jahre in der Finanzierung von Projekten im Bereich erneuerbare Energien. Es ist von entscheidender Bedeutung, die Mechanismen der Märkte für erneuerbare Energien in Schwellenländern zu kennen und beispielsweise Fall-Back-Szenarien oder Versicherungsbedingungen zu verstehen, wenn ein Kunde nicht in der Lage ist, seine Rückzahlungen zu leisten. Dies wird durch unser starkes Netzwerk von vertrauenswürdigen Partnern wie multilateralen Entwicklungsbanken und Entwicklungsfinanzierungsorganisationen unterstützt, die über starke lokale Expertise verfügen. Nachdem man Vertrauen aufgebaut hat, ist es einfach, Windparks zu bauen.
Was tun Sie, um die Risiken für Investoren in diesem komplexen Anlagesegment überschaubar zu halten?
Greig Blackie: Systemische Risiken – seien sie wirtschaftlicher oder politischer Natur - sind bei Investitionen in Schwellenländern inhärent. Auch die ökologischen und sozialen Risiken müssen sorgfältig geprüft werden, insbesondere bei Projekten im Versorgungsbereich. Dies ist für uns von entscheidender Bedeutung. Die Schaffung einer positiven Wirkung für die lokalen Gemeinschaften erfordert mehr als nur eine schnelle Überprüfung des Risikos - tatsächlich gehen wir mit einer detaillierten ökologischen und sozialen Due-Diligence-Prüfung vor Ort die Extra-Meile. Neben der Anwendung strenger ESG-Kriterien versuchen wir, diesen positiven Einfluss zu erreichen, indem wir gleichzeitig den Zugang zu erschwinglicher Energie verbessern und potenzielle Entwicklungsmöglichkeiten identifizieren, die soziale und wirtschaftliche Vorteile für die lokalen Gemeinden bringen. Dies tun wir in der Regel gemeinsam mit dem Entwickler oder Eigentümer der Projekte.
Wie gehen Sie konkret bei der Auswahl geeigneter Engagements vor?
Toledo: Unsere Investitionsentscheidungen basieren auf Wirkung, Risiko und Rendite. Wir bieten Anlegern Zugang zu einem wirkungsvollen Portfolio aus soliden und gut gestreuten Investitionen. Die Projekte, die wir auswählen, können zwar neu sein und sich in einem Anfangsstadium befinden, die Technologien sind es aber nicht. Der Kern des Portfolios mit einer Gewichtung von rund 70 Prozent besteht aus langfristigen, vorrangigen Krediten für Wind-, Solar- und Laufwasserkraftprojekte im Versorgungsbereich. Mit bis zu zehn Prozent werden Mezzanine-Instrumente gewichtet, über die Projekte in der Bauphase unterstützt und innovative Initiativen wie zum Beispiel Mini-Netze für Privatpersonen gefordert werden. Die verbleibenden 20 Prozent verteilen wir auf Energiewende-Fonds mit hohem Impact im Bereich lokale soziale und wirtschaftliche Entwicklung. Dies verbessert das Renditepotenzial des Fonds und ermöglicht uns den Zugang zu neuen Technologien und Entwicklern.
Eine wesentliche Rolle spielt die Zusammenarbeit mit Institutionen wie zum Beispiel Entwicklungsbanken. Warum?
Blackie: Entwicklungsfinanzierungsinstitutionen und multilaterale Entwicklungsbanken sind schon seit langem in diesem Sektor tätig. Vor allem im Utility-Scale-Segment spielen sie eine wichtige Rolle als Konsortialführer und Kreditgeber der ersten Stunde. Wo es möglich ist, beteiligen wir uns über eine B-Darlehensstruktur, die es uns ermöglicht, von der lokalen oder regionalen Präsenz, der Erfahrung und ihrem bevorzugten Gläubigerstatus zu profitieren. Dieser Status reduziert bestimmte Länderrisiken und verbessert somit das Risiko-Ertrags-Profil des Fondsportfolios.
Es gibt mittlerweile zahlreiche Investmentfonds mit Fokus auf Nachhaltigkeit, die mit Impact und überdurchschnittlichen Renditechancen werben. Was unterscheidet den Triodos Emerging Markets Renewable Energy Fund beispielsweise von Fonds, die weltweit auf Green Bonds setzen?
Blackie: Es ist kein Zufall, dass wir diesen Fonds gerade jetzt auflegen. Nachdem wir jahrelang in Projekte für erneuerbare Energien in Schwellenländern investiert haben, sehen wir jetzt das Momentum hierfür. Technologische Innovationen und Kostensenkungen haben dazu beigetragen, dass die erneuerbaren Energien in den letzten Jahren schneller gewachsen sind als jede andere Energiequelle. Zusammen mit innovativen Geschäfts- und Finanzierungsmodellen ist dies der richtige Zeitpunkt, um saubere, skalierbare Energielösungen in Gebieten voranzutreiben, in denen sie so dringend benötigt werden. Diese unbestreitbaren Trends sind ein starkes Argument für Investitionen in erneuerbare Energien in Schwellenländern.
Sie wollen mit dem Fonds Impact auf dreierlei Ebenen erreichen: Hinsichtlich der Versorgung der Menschen in Schwellenländern mit sauberer Energie, der wirtschaftlichen Entwicklung und des Klimawandels. In welchem der drei Bereiche sehen Sie den größten positiven Beitrag des Fonds?
Toledo: Aus unserer Sicht sind diese drei Bereiche alle miteinander verbunden. Eine saubere und verlässliche Energieversorgung ist entscheidend für die soziale und wirtschaftliche Entwicklung und der Schlüssel zum Erreichen vieler der nachhaltigen Entwicklungsziele. Der Zugang zu Energie kann den Unterschied zwischen Armut und Wohlstand ausmachen. Wenn wir die sozialen und wirtschaftlichen Fragen nicht angehen, werden wir das Klimaproblem nicht lösen können. Doch alle soziale und wirtschaftliche Entwicklung wird vergeblich sein, wenn wir diese große Herausforderung nicht angehen. Während unser Beitrag zu den Sustainable Development Goals 7, 8 und 13 offensichtlich sein mag, trägt der Fonds auch zu SDG 17 - Partnerschaften für die Ziele - bei. Indem wir relativ frühe Ökostromprojekte einrichten, gehen wir mit gutem Beispiel voran und beweisen, dass die Technologie funktioniert und dass sie finanzierbar ist. Das wird den Weg für inländische und regionale Finanzinstitutionen ebnen, die zu gegebener Zeit ins Spiel kommen werden. Denn es sind erhebliche Kapitalbeträge nötig, um die Energiewende auch in den Schwellenländern zu ermöglichen.
Abgesehen vom Faktor ‚Impact‘: Was macht Ihre Strategie als Beimischung fürs Portfolio von Investoren interessant?
Blackie: Der Triodos Emerging Markets Renewable Energy Fund kann ein gut diversifiziertes Portfolio aufwerten, da über günstige Risiko-Rendite-Eigenschaften im Vergleich zu anderen möglichen Standard-Investments wie Aktien- und Fixed-Impact-Produkten verfügt. So weist er beispielsweise relativ stabile Renditen bei geringer Volatilität sowie eine negative Korrelation zu wichtigen Risikotreibern auf. Die risikobereinigten Renditen der Projekte im Portfolio und in der Pipeline bieten einen Mehrwert für Anleger, die über die Rendite hinaus auch Impact wünschen.
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ie Schwellenländer stehen vor einer doppelten Herausforderung: Sie sind nicht nur in besonderem Maße von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen, sondern müssen auch ihre Energie-Infrastruktur ausbauen, um die Versorgung der Einwohner sowie die wirtschaftliche Entwicklung voranzubringen. Angesichts der Tatsache, dass die Bevölkerung in diesen Ländern Schätzungen zufolge bis 2050 um rund 30 Prozent beziehungsweise 1,8 Milliarden Menschen zunehmen wird, ist dies keine leichte Aufgabe.
Viele Schwellenländer haben bereits angefangen, verstärkt auf Erneuerbare Energien zu setzen, die sie über verschiedene Wege finanzieren. Mit dem kürzlich aufgelegten Triodos Emerging Markets Renewable Energy Fund bietet der niederländische Assetmanager Triodos Investment Management Kapitalanlegern die Möglichkeit, sich gezielt die Chancen zunutze zu machen, die mit dem wachsenden Bedarf der Schwellenländer an Projekten im Bereich Erneuerbare Energien einhergehen. Im Fokus des Fonds stehen vorrangige Projektfinanzierungen in Schwellenländern, für die Auswahl sind die beiden Fondsmanager Angeles Toledo Rodriguez und Greig Blackie verantwortlich.
Um eine möglichst breite Diversifizierung zu erreichen, investiert das Duo nicht nur im Bereich Energieeffizienz, sondern auch in Projekte zum Auf- und Ausbau von Energiespeichern. Zudem setzt sich das Portfolio aus drei Bausteinen zusammen: „Direktes Mezzanine-Kapital in Form innovativer kurzfristiger Finanzierungsstrukturen oder langlaufende Green Bonds dient mit einem Anteil von zehn Prozent als Beimischung, das Eigenkapital-Segment gewichten wir mit rund 20 Prozent. Hier greifen wir typischerweise auf geschlossene Energiewende-Fonds zurück, die innovative Projekte sowie lokale Initiativen finanzieren. Bei Projekten im Frühstadium greifen wir auf direktes Eigenkapital zurück“, erläutert Toledo.
Mit rund 70 Prozent macht langfristiges vorrangiges Fremdkapital den Löwenanteil aus. „Hier sehen wir den Schwerpunkt in Wind-, Photovoltaik- und kleineren bis mittleren Wasserkraftprojekten und haben primär Energieversorgungsprojekte sowie gewerbliche und Industrieprojekte in Visier. An zweiter Stelle stehen Darlehen an Kreditinstitute, die Finanzierungen für Erneuerbare Energien anbieten“, ergänzt Blackie. Diesen Portfoliobaustein bestückt das Team beispielsweise mit B-Darlehen von Entwicklungsbanken und multilateralen Institutionen mit Preferred Creditor-Status. Auch direkte Kredite beziehungsweise Co-Investments gleichgesinnter Investoren kommen hierfür in Betracht.
Als Beispiele für Projekte, die von Triodos Investment Management finanziert werden und sich gut als Blaupause für künftige Fonds-Investments eignen, nennt Blackie zum einen den Windpark Lake Turkana in Kenia: „Er wurde von niederländischen Unternehmern initiiert und umfasst 365 Turbinen des Windkraftherstellers Vestas. Die Anlage steuert rund 17 Prozent der Kapazität zum nationalen Stromnetz bei, unser Partner ist die Afrikanische Entwicklungsbank.“ Zum anderen zeige auch das Wasserkraftwerk San Martin in Nicaragua sehr anschaulich, wie investiert werde: „Bei diesem Projekt arbeiten wir mit der belgischen Entwicklungsbank Bio zusammen. Die Anlage versorgt rund 43.000 Menschen mit Strom und spart jährlich rund 20.000 Tonnen CO2 ein, die bisher bei der Stromerzeugung mit veralteter Technik emittiert wurden“, erläutert Toledo.
Mit ihrer Strategie, die sowohl auf Rendite als auch auf Impact in Form einer besseren Versorgung der Menschen in den Schwellenländern mit sauberer Energie abzielt, streben die beiden Fondsmanager eine risikoadjustierte Rendite von vier bis fünf Prozent per anno auf US-Dollar-Basis an. Sie sind zuversichtlich, beide Ziele zu erreichen: „Die Triodos Group hat langjährige Erfahrung in diesem Bereich, wir können mit unserem neunköpfigen Team also auf eine langjährige Expertise zurückgreifen. Zudem wächst die Nachfrage nach Strom in den Schwellenländern rasant“, betont Blackie.
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Triodos Investment Management (Triodos IM) ist ein weltweit agierender Impact Investor. Wir sehen Impact Investing als eine treibende Kraft beim Übergang zu einer grünen, inklusiven und widerstandsfähigen Wirtschaft.
In über 25 Jahren Impact Investing haben wir fundierte Kenntnisse in Sektoren wie Energie und Klima, finanzielle Inklusion sowie nachhaltige Ernährung und Landwirtschaft aufgebaut. Triodos IM investiert auch in börsennotierte Unternehmen, die nachhaltige Lösungen für die Zukunft unterstützen. Verwaltetes Vermögen (Stand: Ende Dezember 2020): 5,4 Mrd. EUR.
Triodos IM ist eine Tochtergesellschaft der Triodos Bank, einem führenden Experten für nachhaltiges Banking.
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