Erfahrungsbericht Wie die Volksbank Rhein-Ruhr ihr Private Banking aufbaute

Beschreiben die Entwicklung des Privatkundengeschäfts der Volksbank Rhein-Ruhr zum Private Banking: Ulrich Peine (links) und Alexander Morof

Beschreiben die Entwicklung des Privatkundengeschäfts der Volksbank Rhein-Ruhr zum Private Banking: Ulrich Peine (links) und Alexander Morof

Genossenschaftsbanken und Private Banking, wie geht das zusammen? Bisher wurde genossenschaftliches Private Banking jedenfalls eher belächelt und im Wettbewerb als irrelevant abgestempelt. Dies ändert sich jedoch zunehmend. Nicht zuletzt verschafft die Stabilität und Seriosität, die das genossenschaftliche Modell gerade in unsicheren Zeiten bewiesen hat, eine positive Abgrenzung gegenüber Mitbewerbern.

Mehr als 30 Millionen Deutsche sind Kunde einer Genossenschaftsbank. Im Privatkundenmarkt erzielen die Häuser eine Reichweite von rund 25 Prozent, bei Firmenkunden sogar Reichweiten von über 50 Prozent. Laut einer Studie des Bundes Raiffeisenbanken haben mehr als 50 Prozent aller Private-Banking-Kunden eine Bankverbindung zu einer Genossenschaftsbank.

Kurzum: Mit diesem Kundenzugang verfügen die Institute über gute Voraussetzungen im Private Wealth Management. Viele Genossenschaftsbanken haben begonnen, die Betreuung vermögender Kunden zu professionalisieren. Nicht selten können sie neue Potenziale heben. Die Volksbank Rhein-Ruhr hat diesen Schritt ebenfalls gewagt. Die Unternehmensberatung compentus hat sie beim Aufbau des Private Bankings begleitet.

Prozess statt Projekt

Veränderungen können als Projekt mit Arbeitspaketen und Meilensteinen oder als evolutionärer Entwicklungsprozess angegangen werden. Im Fall der Volksbank Rhein-Ruhr hätte der Projektansatz aller Wahrscheinlichkeit nach nicht zum gewünschten Ergebnis geführt, ein echter Entwicklungsprozess nicht stattgefunden.

Ein klassisches Projekt mit starrem Projektplan schied daher zugunsten einer möglichst steilen Lernkurve aus. Neue Erfahrungen sollten gleich in die nächsten Schritte mitgenommen werden. Unter anderem war das Ziel, Rechtfertigungszwängen, wenn ein Arbeitspaket eben mal nicht planmäßig fertig wird, von vornherein keine Chance zu geben. Zudem war es wichtig – trotz klarer Vorstellungen, wie das Ergebnis aussehen sollte –, so flexibel wie eben möglich zu bleiben.

Der Prozess, bestehend aus vier Teilschritten, wurde in eine logische Schrittfolge gebracht. Verantwortlich für den Aufbau des Private-Banking-Bereichs sollte nicht ein Projektteam, sondern allein der künftige Bereichsleiter sein. Während des Entwicklungszeitraums konnte er ohne Umwege auf andere Bereiche zugehen, diese situativ einbinden und Leistungen abfordern.

So konnten beispielsweise die Beratungszimmer und Büros ohne viel Aufhebens neu gestaltet und aufgewertet werden. Auf diese Weise ließ sich konsequentes, aber dennoch schlankes und ressourcenschonendes Vorgehen sicherstellen. Sparrings-Begleiter des Bereichsleiters waren externe Berater vom vorgenannten Beratungsunternehmen.

Die Begleitung diente dem Transfer von Knowhow und half bei der eigenständigen Bearbeitung der Handlungsfelder. Eine intensive Trainingsbegleitung zum Ausbau methodischer und verkäuferischer Kompetenz der Berater am Point of Sale, auch mittels Training-on-the-Job, brachte die Umsetzung ins Team.

Eins nach dem anderen

Allen Veränderungen vorangestellt war die quantitative und qualitative Statusaufnahme. Ihr Ziel war, strukturiert und detailliert Klarheit über die für den Aufbau erforderlichen Handlungsfelder zu gewinnen. Die Bestandsaufnahme sollte aber auch zu einer Übersicht verhelfen, wie die Handlungsfelder losgelöst von sachlogischen Fragen innerhalb der individuellen Unternehmenskultur der Volksbank Rhein-Ruhr am besten zu lösen sind.

Welche Erfahrungen hat die Bank bisher mit Veränderungsprojekten gemacht? Lassen sich emotionale Showstopper identifizieren? Welche möglichen psychologischen und kulturellen Fallstricke gibt es? Denn: Am Ende sollte eine nachhaltige Veränderung stehen und nicht nur temporäre Effekte.

Im Falle der Volksbank Rhein-Ruhr ergab die Analyse zahlreiche Handlungsfelder auf unterschiedlichsten Ebenen. Um einige zu nennen:
  • Die Vermögensbetreuung war ohne größere Differenzierung in den Filialvertrieb integriert. Hier bedurfte es einer strukturellen Verbesserung.

  • Die Herangehensweisen waren äußerst individuell, einheitliche Prozesse und Qualitätsstandards bislang nicht etabliert. Ziel musste es also sein, einheitliche und verbindliche Hilfsmittel und Standards für die Private-Banking-Leistungen zu schaffen.

  • Die Vermögensbetreuer waren eher themenzentrierte Wertpapierberater als breit aufgestellte finanzielle Lebensbegleiter der Kunden. Es folgte ein Auswahlverfahren und eine intensive Begleitung der künftigen Beratermannschaft.

  • Das System der Vertriebssteuerung war Retail-orientiert aufgebaut. Entsprechend wurde das System umgebaut und an die zentralen Erfolgsfaktoren eines wachstumsorientierten Private Bankings angepasst.

  • Die Schnittstellen zu anderen Bereichen, insbesondere zum Firmenkundensegment, waren nicht klar definiert. Überleitungen aus anderen Geschäftsfeldern erfolgten kaum. Aufgabe war es, die Kontakte zu anderen Segmenten zu stärken und Überleitungsziele zu vereinbaren.

  • Bisherige Versuche, eine Positionierung und Weiterentwicklung zu forcieren, waren aus unterschiedlichsten Gründen im Sand verlaufen. Das bisherige System stellte sich zum damaligen Zeitpunkt als durchaus veränderungsresistent dar. Logische Folge war die Etablierung eines tiefgreifenden Change-Management-Prozesses, der sachlogische Themen vorantreibt und zu einer persönlicheren und teambezogeneren Weiterentwicklung der Unternehmenskultur führt.
Die Verantwortlichen hielten den künftigen Soll-Zustand in einer ausführlichen Geschäftsfeldkonzeption konkret fest. Anhand dieser Grundlagen wurde der Maßnahmen-und Umsetzungsplan erstellt, mit dem sowohl der sachlogische als auch der kulturelle Wandlungsprozess gesteuert wurde.