Erbschaftsteuerliche Risiken gestalten Wie Eheleute sich gegenseitig durch Lebensversicherungen absichern

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Verteilung des Nachlassvermögens und der Versicherungsleistungen

Auch wenn selbstverständlich immer eine sinnvolle lebzeitige Gestaltung anzuraten ist, bestehen selbst nach Eintritt des Erb- beziehungsweise Versicherungsfalls weiterhin Optimierungsmöglichkeiten im Hinblick auf die Verteilung sowohl des Nachlassvermögens als auch von etwaigen Versicherungsleistungen, selbstverständlich verbunden mit entsprechenden erbschaftsteuerlichen Optimierungspotenzialen.

Dabei steht die Möglichkeit für den Bezugsberechtigten im Mittelpunkt, eine ihm zustehende Versicherungsleistung gegenüber der Versicherungsgesellschaft abzulehnen. Hierdurch entfällt (nachträglich) die wirtschaftliche Bereicherung des (ursprünglichen) Bezugsberechtigten und damit auch seine Erbschaftsteuerpflicht. Der Anspruch auf die Lebensversicherungssumme fällt dann entweder an einen vertraglich benannten Ersatz-Bezugsberechtigten oder in den Nachlass des Verstorbenen.

Der ursprüngliche Bezugsberechtigte kann sich auch vom neuen Begünstigten eine Abfindung versprechen lassen. Diese stellt zwar nach Paragraf 3 Absatz 2 Nummer 4 ErbStG weiterhin einen steuerpflichtigen Erwerb vom Versicherungsnehmer/Erblasser dar. Aber die Abfindung kann vom neuen Bezugsberechtigten wie eine Verbindlichkeit vom Wert seines steuerpflichtigen Erwerbs abgezogen werden. Dadurch wird die Besteuerung der Lebensversicherungsleistung auf zwei Erwerber aufgeteilt. Der erbschaftsteuerliche Vorteil ist im Einzelfall durch vergleichende Berechnung zu ermitteln.

Um dies an einer Beispielrechnung zu verdeutlichen: Erblassers E hat mit seiner Frau F ein Berliner Testament, die Eheleute haben sich also gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt. Die einzige gemeinsame Tochter T soll Schlusserben werden, beim Tod des ersten versterbenden Elternteils aber nicht in dessen Nachlass beteiligt sein. E hinterlässt ein Familienheim in Höhe von 1,5 Millionen Euro, das vollumfänglich von der Erbschaftsteuer befreit ist, sowie sonstige Vermögenswerte in Höhe von 600.000 Euro. Außerdem hatte E eine Lebensversicherung, bei der F, ersatzweise die Tochter T, als Bezugsberechtigte benannt waren. Die Todesfall-Leistung beträgt eine Million Euro. Die Gesamtsumme beträgt also 1,6 Millionen Euro, von der (maximal) 756.000 Euro als persönliche Frei- und Versorgungsbeiträge abgezogen werden können. Die Erbschaftsteuer der Ehegattin beläuft sich damit insgesamt auf 160.360 Euro (Bemessungsgrundlage von 844.000 Euro).

Gestaltungsspielräume können zu Steuerfreiheit führen

Durch eine intelligente Gestaltung lässt sich diese erbschaftsteuerliche Belastung aber auf null senken. F schlägt die Erbschaft aus und erhält als Abfindung das Familienheim zu Alleineigentum. Außerdem weist F die Lebensversicherungsleistung zurück und erhält dafür von der Ersatz-Bezugsberechtigten T eine Abfindung in Geld in Höhe von 756.000 Euro. Die für die Zurückweisung des Bezugsrechts aus der Lebensversicherung vereinbarte Geldabfindung kann erbschaftsteuerlich vollständig durch den Einsatz der F zustehenden Freibeträge (persönlicher Freibetrag und Versorgungsfreibetrag) neutralisiert werden. An der Steuerfreiheit des Familienheims ändert sich nichts. F zahlt also keine Steuern.

Dasselbe gilt im Ergebnis auch für ihre Tochter, da deren steuerpflichtiger Erwerb ihren persönlichen Freibetrag nach E (400.000 Euro) nicht übersteigt. Dies liegt insbesondere daran, dass für T keine Abzugsbeschränkungen hinsichtlich der mit dem Familienheim (ursprünglich also bei E) wirtschaftlich zusammenhängenden Schulden bestehen. Denn T erwirbt nicht das steuerbegünstigte Familienheim, sodass für sie gar kein wirtschaftlicher Zusammenhang mit von ihr erworbenem steuerfreien Vermögen besteht.

Es zeigt sich also, dass Lebensversicherungen nicht nur unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten als Absicherungsinstrument überaus sinnvoll sein können. Bei entsprechender Gestaltung – vor oder sogar auch nach einem Todesfall – lässt sich auch die erbschaftssteuerliche Behandlung vielfach so steuern, dass ein Maximum der angesammelten Ersparnisse/Versicherungsleistungen tatsächlich denjenigen verbleibt, um dessen Absicherung es von Anfang an geht.

 

Über den Autor:
Christopher Riedel ist Rechtsanwalt, Steuerberater und Fachanwalt für Steuerrecht in Düsseldorf. Er berät Unternehmer und Privatpersonen bei allen Fragen rund um die Gestaltung und steuerliche Optimierung der Unternehmens- und Vermögensnachfolge.

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