Deutsche Erblasser denken beim Testament heute anders als noch vor wenigen Jahren. Das bestätigt eine neue Studie der Deutschen Bank. Grundsätzlich gilt aber: „Erben und Vererben bleibt für viele Menschen ein herausforderndes Thema“, sagt Raffael Gasser, Leiter Wealth Management & Private Banking bei dem Frankfurter Geldhaus.
Neben neuen Familienkonstellationen zeigt die von der Deutschen Bank in Auftrag gegebene repräsentative Studie unter mehr als 1.000 Bundesbürgern nun, wie sich die Nachfolgeplanung hinsichtlich der Vermögenswerte verändert – weg vom klassischen Erbe in Form von Bargeld, hin zu komplexeren Vermögensstrukturen.
Vererbte Vermögen: Trend zu Sachwerten
Während 2018 noch 75 Prozent der Erben Bargeld erhielten, sind es heute 73 Prozent. Dafür gewinnen andere Vermögenswerte langsam an Bedeutung: Mehr als die Hälfte der Erben (54 Prozent) hat inzwischen eine oder mehrere Immobilien geerbt – 2018 waren es nur 40 Prozent. Besonders oft wurden selbst genutzte Immobilien vererbt (44 Prozent). Auch Wertpapiere (14 Prozent) und Gold (8 Prozent) werden häufiger vererbt als noch vor sechs Jahren.
Neue Familienmodelle erfordern neue Regelungen
Neue Familienkonstellationen erfordern neue Regelungen: In 14 Prozent der Fälle leben potenzielle Erblasser inzwischen in Patchwork-Familien. Doch nur jeder Fünfte hat dafür spezielle Regelungen getroffen. Parallel dazu geht der Trend weg vom sogenannten Berliner Testament. Das heißt: Nur noch 42 Prozent der Ehepartner setzen sich gegenseitig als Alleinerben ein – 2018 waren es noch 59 Prozent.
Altersvorsorge rückt in den Fokus
Auch zeigt sich: Das Erbe wird anders verwendet. 60 Prozent der künftigen Erben planen, das geerbte Vermögen für den eigenen Vermögensaufbau und die Altersvorsorge einzusetzen. 2015 lag dieser Wert noch bei 47 Prozent. „Vererbte Vermögen gewinnen gerade in diesen Zeiten an Bedeutung – auch für die finanzielle Sicherheit und Altersvorsorge“, sagt Gasser. Die große Mehrheit (94 Prozent) ist sich dabei bewusst, dass man sich für die Altersvorsorge nicht ausschließlich auf Erbschaften verlassen sollte.
Digitaler Nachlass wird oft vergessen
Eine besondere Herausforderung stellt der digitale Nachlass dar. Während klassische Vermögenswerte selbstverständlich Teil der Nachlassplanung sind, haben sich 69 Prozent der Deutschen noch keine Gedanken über den Verbleib ihrer E-Mails, Social-Media-Konten oder Cloud-Daten gemacht. Nur 4 Prozent haben dafür explizite Anweisungen hinterlegt. Das kann problematisch werden, denn anders als viele denken, haben Erben nicht automatisch Zugriff auf den digitalen Nachlass – das hat der Bundesgerichtshof 2018 klargestellt.
Die Zunahme der Erbfälle und Schenkungen, verbunden mit steigenden Vermögenswerten und komplexeren steuerlichen Rahmenbedingungen, macht die Nachfolgeplanung zu einem zentralen Thema in der Finanzbranche. Laut einer aktuellen Studie von Julius Bär und PWC Schweiz fürchtet jede zweite vermögende Familie Erbstreitigkeiten. Die Quintet Privatbank und Blackrock stellten zudem fest, dass viele Wohlhabende unzureichend auf die Vermögensübertragung vorbereitet sind.