Für institutionelle Investoren Equity Release von Immobilien öffnet neue Anlageklasse

Sabine Nass von der Deutschen Teilkauf

Sabine Nass von der Deutschen Teilkauf: Seit 2 Jahren beteiligen sich laut der Geschäftsführerin eine wachsende Zahl an Family Offices und Versorgungswerken an Equity-Release-Angeboten. Foto: Raimar von Wienskowski

Das frei stehende Einfamilienhaus im Grünen, irgendwo gut angebunden im Speckgürtel einer großen Metropole. Das ist nicht nur für viele Familien eine Traumvorstellung, die allzu oft unerfüllbar bleibt, sondern auch für institutionelle Investoren. Doch anders als zum Beispiel in den USA, wo große Pakete mit projektierten oder vermieteten Einfamilienhäusern von gewerblichen Investoren aufgekauft werden, gibt es solche Kaufgelegenheiten in Deutschland so gut wie gar nicht auf dem Markt. Der Markt für Einfamilienhäuser ist viel zu fragmentiert und fest in privater Hand: Die meisten Häuser werden von ihren Eigentümern selbst bewohnt, und wenn doch eines vermietet wird, dann fast immer von privat.

Damit fehlt institutionellen Investoren praktisch jeglicher Zugang zu einem der größten Immobilien-Teilmärkte überhaupt in Deutschland: Fast 13 Millionen Einfamilienhäuser gibt es zwischen Sylt und Oberstdorf. Selbst wenn man einen sehr konservativen Durchschnittswert von 100.000 Euro pro Haus annimmt, kommt man auf ein Bestandsvolumen von 1,3 Billionen Euro. Tatsächlich ist ein Vielfaches davon die realistischere Annahme – vor allem in den Metropolregionen.

Markt von 1,3 Billionen Euro kann sich auch institutionellen Investoren öffnen

Es gibt aber durchaus einen Weg für institutionelle Investoren zu diesem chancenreichen Teilmarkt, der bisher jedoch kaum begangen wird und eher einem Pfad gleicht. Doch das dürfte sich bald ändern. Die Rede ist von Equity Release. Dabei geht es darum, dass Eigenheimbesitzer das in den eigenen vier Wänden gebundene Eigenkapital (teilweise) freisetzen, ohne ausziehen zu müssen – zum Beispiel durch einen Teilverkauf.

Vor allem der geringe Bekanntheitsgrad dieses Ansatzes sorgt dafür, dass hierzulande ein enormes Potenzial vor sich hin schlummert: Schätzungen gehen von einem potenziellen Marktvolumen von knapp 308 Milliarden Euro aus. Gerade einmal ein Prozent dieses Potenzials wird jedoch bisher ausgeschöpft.

 

Doch dieses Nischendasein des Equity Release in Deutschland dürfte bald ein Ende haben, denn aus verschiedenen Gründen zeichnet sich für deutsche Eigenheimbesitzer ein steigender Bedarf an solchen Angeboten in naher Zukunft ab. Zum einen werden bis 2036 fast 13 Millionen Menschen aus der geburtenstarken Babyboomer-Generation in den Ruhestand gehen. In diesen Jahrgängen konnten relativ viele Menschen Wohneigentum bilden und abbezahlen – das Kundenpotenzial für den deutschen Equity-Release-Markt wird also um einige Millionen anwachsen.

Zum anderen werden Equity-Release-Angebote für viele dieser Menschen attraktiver sein als für frühere Generationen. Denn oftmals ist nahezu das gesamte Vermögen beziehungsweise die gesamte Altersvorsorge in der Immobilie gebunden, aber es fehlt an ausreichend Liquidität für notwendige Anschaffungen oder um lang gehegte Träume zu erfüllen. Diese Situation kennen in Deutschland knapp 3,3 Millionen Seniorenhaushalte, wie eine Umfrage vergangenes Jahr ergab.

Mehrere Gründe sprechen für mehr Equity-Release-Angebote

Auch der Wunsch, die eigenen Kinder oder Enkel zum Beispiel im Studium oder beim eigenen Hauskauf zu unterstützen, ist ein häufiger vorkommendes Motiv. Übrigens fällt die Kreditfinanzierung einer Immobilie vor allem älteren Leuten schwer, seit die Kreditinstitute mit Einführung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie 2016 dabei sehr restriktiv sein müssen. Laut einer Yougov-Umfrage sind Kredite ohnehin wenig gefragt, über 71 Prozent der deutschen Senioren wollen sich demnach im Alter nicht mehr verschulden.

Zudem wollen viele Menschen auch ohne akute Ausgabenpläne auf eine stärkere Streuung ihres Vermögens beziehungsweise ihrer Altersvorsorge setzen und nicht auf das Klumpenrisiko Immobilie. Und zu guter Letzt: Es gibt immer mehr unterschiedliche Equity-Release-Modelle und -Angebote am Markt. Die damit verbundenen Möglichkeiten sprechen sich herum. Allerdings sind die Verbraucher gut beraten, sich die jeweiligen Modelle genau anzuschauen.

 

Equity Release wird also unweigerlich an Popularität gewinnen – und damit entstehen auf der anderen Seite auch Chancen für Investoren. Denn größere Kapitalzuflüsse in diesen Markt werden über kurz oder lang notwendig und stark gefragt sein, auch von professionellen beziehungsweise institutionellen Investoren. Dafür sind unterschiedliche Vehikel denkbar, zum Beispiel Fonds oder Zweckgesellschaften, welche das Kapital gebündelt zur Verfügung stellen oder direkt mit Eigenkapital in den Markt einsteigen, indem sie die Objekte (teilweise) erwerben.

Beim Teilkaufmodell zum Beispiel zahlt der Teilverkäufer in der Regel ein monatliches Nutzungsentgelt, ähnlich einer Miete – und erzeugt damit einen regelmäßigen und gut prognostizierbaren Cashflow bei einem sehr niedrigen Beileihungsauslauf. Es gibt auch Finanzierungslösungen, die die Teilkäufer mit Fremdkapital ausstatten und regelmäßige Zinsflüsse generieren.

Resilienz und gut prognostizierbare Cashflows sprechen für Equity Release

Zu beachten ist, dass sich Investoren auf Equity-Release-Modelle konzentrieren, die einen fairen Interessenausgleich zwischen (Teil-)Verkäufern und Investoren sowie Transparenz und Rechtssicherheit für beide Seiten gewährleisten und keine „Wette auf den Tod“ darstellen, um Reputationsrisiken zu vermeiden.

Auf der anderen Seite steht ein nahezu exklusiver Zugang zu einer Immobilien-Anlageklasse, die bislang praktisch unerreichbar schien: privat genutzte Einfamilienhäuser. Diese Immobilien gelten als weitgehend resilient gegenüber Marktschwankungen und verfügen über ein erstklassiges Rendite-Risiko-Profil. Die Bewohner kümmern sich in aller Regel selbst um den Erhalt der Objekte. Die nutzerseitige Nachfrage an den richtigen Standorten ist ungebrochen – und wird perspektivisch sogar noch steigen, weil vielerorts nur noch Mehrfamilien- und so gut wie gar keine neuen Einfamilienhäuser mehr gebaut werden (dürfen). Equity Release ist ein Schlüssel zu diesem Markt – und funktioniert natürlich auch für Eigentumswohnungen. Unter Investoren ist das ein Geheimtipp. Noch.


Über die Gastautorin:
Sabine Nass ist Geschäftsführerin von der Deutschen Teilkauf. Vor ihrer Arbeit bei der Deutschen Teilkauf war sie unter anderem Emea-Chefin der Deutschen Bank für das Immobilieninvestmentbanking.

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