Entscheiden statt streiten Wie Texan Shoot-out und andere Streitschlichtungsklauseln funktionieren

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Vorteil für Finanzstarke

Eine solche Regelung zur Blockadebeendigung kann allerdings auch nachteilig sein. Im Hinblick auf ihre Ausgewogenheit stößt sie nämlich immer dann an ihre Grenzen, wenn zwischen den Gesellschaftern liquiditätsmäßig große Unterschiede bestehen und die Gegenseite davon weiß.

Um im Ausgangsbeispiel zu bleiben: Der Gesellschafter A geht davon aus, dass eine Million Euro der angemessene Preis für seinen Anteil und den Anteil des B ist. Er weiß aber, dass B nur über liquide Mittel von 100.000 Euro verfügt und innerhalb der vertragliche vorgesehen Reaktionszeit keine zusätzlichen Mittel einwerben kann.

Wenn A nun über größere Liquiditätsreserven verfügt und in der Gesellschaft verbleiben möchte, wird er statt einer Million Euro dem B seinen Anteil eher für 150.000 Euro anbieten. Er weiß ja, dass der B den Anteil des A zu diesem Spottpreis nicht abkaufen kann. Das hat zur Folge, dass der B nun seinen Anteil dem A für nur 150.000 Euro verkaufen muss. Aufgrund der beschriebenen Asymmetrie bekommt der A den Anteil des B zu 15 Prozent des eigentlichen Marktwerts.

Andere Wege des Hinausdrängens

Aber auch in anderen Fällen des Auseinanderfallens der Interessen der Parteien die Klausel zu unverhältnismäßigen Ergebnissen führen. Wenn zum Beispiel für eine der Parteien ein Kauf oder Verkauf aus unternehmerischen oder steuerlichen Gründen wirtschaftlich nicht in Frage kommt und der andere Gesellschafter dies weiß, kann letzterer einen Gesellschafter gegen dessen Willen aus der Gesellschaft hinausdrängen.

Das OLG Nürnberg hat sich mit solchen Konstellationen auch beschäftigt und deutlich gemacht, dass allein die Möglichkeit eines solchen unfairen Gefälles nicht zu einer generellen Unwirksamkeit der  Buy-Sell-Klausel führe. Im Einzelfall mag jedoch ein richterliches Eingreifen geboten sein.

So könnte in Fällen eines treuewidrigen Ausnutzens einer solchen Interessenasymmetrie die Ausübung der Klausel wegen eines Verstoßes gegen den allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben unwirksam sein. Dies setzt aber voraus, dass der Benachteiligte auch in der Lage ist, in einem Prozess zu beweisen, dass eine solche unausgewogene Gemengelage bestand und die Gegenseite davon Kenntnis hatte. Gerade letzteres wird nicht in jedem Fall gelingen.

Abgesehen von einer solchen Asymmetrie der Interessen der Gesellschafter lässt sich aber mit dem OLG Nürnberg feststellen, dass diese Klauseln durchaus ihren Zweck, die Auflösung der Möglichkeit einer Selbstblockade der Gesellschaft durch zwei zerstrittene, gleich hoch beteiligte Gesellschafter, erfüllen.

Die Gesellschafter werden in die Lage versetzt, langwierige und kostenintensive Auseinandersetzungen abzukürzen und so letztlich das Unternehmen vor den negativen Konsequenzen eines Gesellschafterstreits zu schützen.


Über den Autor:
Dr. Frank Koch ist Partner der internationalen Wirtschaftssozietät Taylor Wessing. Er ist auf die Beratung bei gesellschaftsrechtlichen Auseinandersetzungen und Organhaftungsklagen spezialisiert.

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