Die Welt ist nach wie vor vom Erdöl abhängig. Es wird zu einer Vielzahl von Produkten verarbeitet: Ohne Erdöl gäbe es keine Luftfahrtindustrie, keinen Asphalt, keine Kunststoffe und auch keine Kunstfasern, die für medizinische Anwendungen wie Infusionsbeutel und Spritzen verwendet werden.
Erdöl: Der Schlüssel zu Mobilität und Modernität?
Die Förderraten von Ölquellen nehmen mit der Zeit ab, in der Regel um etwa 8 Prozent pro Jahr.
Auch wenn die steigende Nachfrage Anlass zur Sorge gibt und alle paar Monate eine Schlagzeile über den Spitzenverbrauch von Öl erscheint, ist es unwahrscheinlich, dass uns das Erdöl in absehbarer Zeit ausgeht. Derzeit liegen die Ölvorräte bei rund 2,75 Milliarden Barrel, was dem Verbrauch von zwei Monaten entspricht. Die Prognosen für die kurzfristige Nachfrage schwanken.
Goldman Sachs rechnet mit einem moderaten Abbau der Lagerbestände von 100.000 Barrel Öl pro Tag in den nächsten 12 Monaten, HSBC mit einem durchschnittlichen Abbau von 600.000 Barrel pro Tag in den Jahren 2024 und 2025, während einige aggressivere Prognosen, beispielsweise von Standard Chartered, von einem noch stärkeren Abbau der Lagerbestände von über einer Million Barrel pro Tag in den nächsten 12 Monaten ausgehen.
Sinken die Lagerbestände, steigen die Preise und umgekehrt. Angesichts der laufenden
Koordinations- und Überwachungsfunktion des Erdölkartells OPEC+ ist kaum ein Szenario vorstellbar, in dem die Vorräte deutlich ansteigen und die Preise fallen. Das könnte eine Allokation in ölbezogene Anleiheemittenten attraktiv machen.
Kupfer: Der Schlüssel zur Klimaneutralität?
Die Hälfte der Kupfernachfrage stammt derzeit aus dem Bau- und Infrastruktursektor, der Rest
aus dem Maschinenbau und anderen industriellen Anwendungen. Die Internationale Energieagentur (IEA) schätzt in ihrem "Sustainable Development Scenario", dass die weltweite
Nachfrage bis 2040 auf 33,4 Tonnen pro Jahr ansteigen könnte, fast 40 Prozent mehr als 2020.
Dies wird voraussichtlich in erster Linie durch die zunehmende Umsetzung erneuerbarer
Energiequellen, den Netzausbau, mehr Batteriespeicher und Elektrofahrzeuge vorangetrieben
werden.
Für die Herstellung von Elektroautos kann bis zu 3,5 Mal mehr Kupfer benötigt werden als für ein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor. Solarzellen und Windkraftanlagen benötigen 7 bis 10 Mal mehr Kupfer pro Megawatt Stromerzeugungskapazität als Systeme, die auf fossilen Brennstoffen basieren. Diese Nachfrage steht in deutlichem Widerspruch zum Angebot. Die Erschließung eines neuen Kupfervorkommens dauert laut einer aktuellen Studie der Universität von Arizona 4 bis 12 Jahre. Zudem wird es immer schwieriger, Kupfer zu gewinnen, da der Kupfergehalt in geeigneten Böden von 2,3 Prozent im Jahr 1913 auf heute weniger als ein Prozent gesunken ist.
Die Schätzungen der künftigen Nachfrage variieren je nach dem Tempo, mit dem Investitionen
in die Netzinfrastruktur getätigt werden. Es ist wahrscheinlich, dass der Markt für einige Zeit
unterversorgt sein wird. Die IEA prognostiziert für das Jahr 2035 eine Lücke zwischen
Kupferangebot und -nachfrage von 25 bis 50 Prozent. Bereits heute spürt der Markt die Auswirkungen der Angebotsverknappung. Schätzungen der Bank of America vom vergangenen April gehen davon aus, dass die weltweiten Lagerbestände Anfang 2024 dem Verbrauch von zwei Wochen bei einem jährlichen Defizit von 1 bis 3 Prozent entsprechen.
Dieses Defizit mag nicht katastrophal erscheinen, würde aber ausreichen, um die Lagerbestände
innerhalb von zwei Jahren auf null zu reduzieren. Auf jedem Rohstoffmarkt führt die Kombination von niedrigen Lagerbeständen und geringen Liefermengen zu steigenden Preisen. Es ist nicht ersichtlich, warum dies bei Kupfer anders sein sollte. Dies ist ein gutes Argument für Anleihen von Unternehmen, die mit diesem Rohstoff zu tun haben.
Chancen in Schwellenländern
Für Anleger, die ein Engagement in Öl oder Kupfer anstreben, kann eine Allokation in
Schwellenländern eine sinnvolle Option sein. Ein indirektes Engagement in Rohstoffen ist
beispielsweise über eine Investition in Lokalwährung oder Staatsanleihen möglich. Ein gutes
Beispiel ist Chile, das seit 1990 mit einem Exportanteil von fast 50 Prozent der weltweit größte
Kupferproduzent ist.
Sowohl die Währung als auch der Staat sind direkt an den Wert von Kupfer gekoppelt. Effizienter ist es in meinen Augen, direkt in die Rohstoffproduzenten zu investieren. Auf diese Weise können Anleger ihr Engagement auf die zugrunde liegenden Risikoparameter wie Laufzeit, Bonität, Kapitalstruktur und Staatsrisiko abstimmen – beispielsweise nur in ein Unternehmen investieren, bei dem der Staat als investierbar gilt.
Der Energiesektor macht 19,6 Prozent des Unternehmensuniversums der Schwellenländer aus,
Metalle und Bergbau fast 7 Prozent. Der Gesamtwert der ausstehenden Anleihen beläuft sich auf 240 Milliarden US-Dollar, was den Sektor zu einem der liquidesten innerhalb der Anlageklasse macht. Der größte Teilbereich ist der integrierte Energiesektor. Dieser umfasst Unternehmen, die an der gesamten Wertschöpfungskette beteiligt sind – von der Exploration über die Raffination bis hin zu Vertrieb und Vermarktung von Öl, Gas und erneuerbaren Energien.
Integrierte Energieunternehmen sind für ihr Herkunftsland von strategischer Bedeutung und
befinden sich zumeist ganz oder teilweise in Staatsbesitz. Dieser Teilsektor kann ein attraktiver Weg sein, um ein mittleres Risikoengagement im Ölsektor zu erreichen. Chancen bieten sich weltweit und über das gesamte Ratingspektrum hinweg. Für Anleger, die das höchste Beta des Sektors anstreben, könnten Explorations- und Produktionstitel (E&P) eine Option sein, mit Chancen bei ertragsstarken E&P-Spezialisten in Frontier- und lateinamerikanischen Ländern.
Ein Engagement mit niedrigem Beta ist im Teilsektor Gasverteilung möglich, da die Verträge in der Regel fixiert sind und ein Mindestvolumen vorsehen. Dies ermöglicht Anlegern einen mittelfristigen Zugang zu diesem Sektor, der weniger anfällig für die tägliche Volatilität ist.
Innerhalb des Metall- und Bergbausektors ist Kupfer mit 56 Prozent das größte Teilsegment. Hier ist der Anteil an Investment-Grade-Titeln mit 75 Prozent hoch, da diese Unternehmen ihre Bilanzen in der Regel konservativer und anleihefreundlicher gestalten. Lateinamerika ist dabei mit 66 Prozent die größte Region mit Chancen in Chile, Mexiko und Brasilien. In Asien sticht Indonesien als potenzielle Quelle für Engagements hervor.
Über den Autor
Warren Hyland ist seit fast zwölf Jahren als Portfoliomanager mit dem Schwerpunkt Emerging Markets bei Muzinich & Co. tätig. Zuvor war er in ähnlicher Position fast zwölf Jahre bei Schroders aktiv.