Digitalisierung im Private Banking, Teil 2 Auf die Erlebniswelt des Kunden kommt es an

Teodora Cocca (l.), Wolfgang Reittinger (Mitte) und Armin Lauer: Die drei Branchenkenner haben in einem Buch das Thema Digitalisierung im Private Banking beleuchtet.

Teodora Cocca (l.), Wolfgang Reittinger (Mitte) und Armin Lauer: Die drei Branchenkenner haben in einem Buch das Thema Digitalisierung im Private Banking beleuchtet.

Der vorliegende Artikel stellt einen Ausschnitt aus dem Buch „Digitalisierung im Private Banking“, welches Mitte 2018 erschienen soll.

Der primäre Grund, warum sich Banken mit dem Thema der Digitalisierung beschäftigen sollten (geradezu müssen), hat mit der Befriedigung der Bedürfnisse ihrer Kunden zu tun. Schon heute und in zunehmenden Maße in der Zukunft erwarten Private-Banking-Kunden, dass Sie sich auf digitalem Wege jederzeit über ihre persönlichen Finanzen informieren, mit der Bank kommunizieren und auch ihre Finanzgeschäfte (oder zumindest Teile davon) mittels digitaler Kanäle abwickeln können.

Das Private Banking als Geschäftszweig der Banken hat es über die Jahrzehnte verstanden, ein differenzierendes Kundenerlebnis (wie man heute sagen würde) aufzubauen, welches mit dem Besuch einer Privatbank und der sehr persönlichen Beratung durch einen Kundenberater transportiert wird.

Je mehr es für die wohlhabende Kundschaft zur Normalität wird, auch sophistizierte Dienstleistungen ganz oder auch nur teilweise in der digitalen Welt nachzufragen, desto wahrscheinlicher werden auch Vermögensverwaltungsdienstleistungen über digitale Kanäle nachgefragt werden.

Daraus leitet sich ab, dass das digitale Kundenerlebnis vermehrt auch Teil des generellen Kundenerlebnisses sein muss. Im Sinne des in einem anderen Zusammenhang vielzitierten Begriffes einer Multioptionsgesellschaft kann hierbei von einer „Multioptionskundschaft“ gesprochen werden, welche verschiedene Möglichkeiten zur Abwicklung seiner Bankgeschäfte zur Verfügung haben möchte.

Eine Fülle an kreativen Innovationen kann etwa in Form von unterstützenden Tools und Applikationen oder als Portal- und Interaktionsplattformen eine völlig neue Erlebniswelt schaffen. Der Transfer des realen Kundenerlebnisses in die digitale Welt bildet dabei die Basis dieser Erlebniswelt und kann sich an den bereits etablierten Assoziationen wie Sicherheit, Vertrauen und Premium-Dienstleistung orientieren.

Das alleine wird allerdings nicht genügen; es erfordert eine in diesem Sinne Augmented Reality, eine Erlebniswelt, welche dem Kunden neue Möglichkeitsräume schafft und damit seine Position als Bankkunde gegenüber der Bank verändert. Die Schaffung einer solchen digitalen Umgebung oder Architektur stellt die große Chance (und natürlich auch Herausforderung) der Digitalisierung dar.

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Kunden-Empowerment

Digitale Lösungen beinhalten die unbewusste (manchmal auch bewusste) Erwartungshaltung, Kunden-Lösungen anzubieten, welche ganz neue Möglichkeiten eröffnen und sich mit einer ästhetischen Eleganz umsetzen lassen. Diese Philosophie des sogenannten Customer Empowerment kann zum Leitgedanken im Innovationsprozess der Bank werden. Der digitale Kunde möchte den Grad an Autonomie und Selbstbestimmung erhöhen und erwartet von der Bank, dass sie ihm ermöglicht, seine Interessen eigenständig und selbstbestimmend zu verfolgen.

Dieses „Empowerment“ des Private-Banking-Kunden führt zu einem Kunden, der mehr Macht- und Einflussmöglichkeiten hat und dem neue Gestaltungsspielräume gewährt werden. Selbstverständlich werden nicht alle Private-Banking-Kunden solche Ansprüche haben. Es wird auch weiterhin eine Kundschaft geben, welche weder Zeit noch Wissen oder Freude hat, um sich mit all dem zu beschäftigen.

Die Frage für die Bank ist, ob man strategisch nur auf diese Kundengruppe setzen möchte. Ein Wesensmerkmal von Customer Empowerment in virtuellen Welten ist die Gewährung von direkter Konnektivität. Indes beruht das traditionelle Geschäftsmodell von Banken darauf, einen Informationsvorsprung gegenüber dem Kunden zu haben und diesen in einzelnen Bereichen dem Kunden zugänglich zu machen.

In einer Informationsgesellschaft mit allgegenwärtigem Informationszugang kommt diese Form der Nutzung asymmetrischer Informationsverteilung unter Druck. Im Private Banking von morgen könnte es darum gehen, dem Kunden Instrumente und Lösungen zur Verfügung zu stellen, welche es ihm ermöglichen, direkteren Zugang zu Wissen und Information zu haben. Das exklusive Kundenerlebnis im Private Banking wird damit eine Frage des Zugangs zu clevereren und intelligenteren Anlagelösungen und Investitionstools sein.