Digitalisierung im Private Banking, Teil 2 Auf die Erlebniswelt des Kunden kommt es an

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Mit der Me-too-Strategien in die Defensive

Digitale Angebote bergen Wachstumschancen für diejenigen Anbieter, welche damit ein differenzierendes Angebot an den Markt bringen und bestimmte Zielgruppen vermehrt zu durchdringen versuchen (Expansionsstrategie). Anbieter, welche eine Me-too-Strategie-verfolgen, beabsichtigen hingegen eine Verteidigungsstrategie, um Kunden aufgrund eines nicht kompetitiven digitalen Angebotes nicht an die Konkurrenz zu verlieren und damit gegenüber Fintechs deutlich weniger Angriffsfläche zu bieten (Verteidigungsstrategie). Zwischen diesen beiden Ansätzen gibt es selbstverständlich Zwischenvarianten und Teils-Teils-Strategien.

Bei einer Expansionsstrategie lassen sich vor allem folgende weitere Unterscheidungen vornehmen:

  • In bestehenden Zielmärkten neue, besonders digitalaffine Kunden gewinnen: Viele Private-Banking-Anbieter definieren Kunden mit Vermögen zwischen 1 und 10 Millionen Euro als ihr Hauptzielsegment. Eine Wachstumsstrategie in diesem Kontext kann darin bestehen, besonders digitalaffine Kunden in diesem Segment von anderen Banken zu gewinnen.

    Zumindest bisher erweist sich allerdings diese Strategie als nicht besonders erfolgreich. Dafür gibt es viele Gründe. Private-Banking-Kunden weisen eine besondere Trägheit hinsichtlich der Wechselbereitschaft zu einer anderen Bank auf. Zudem ist das digitale Angebot nur eines von verschiedenen Leistungsdimensionen, welche die Bankwahl beeinflussen.

    Mit zunehmender digitalen Affinität von vermögenden Kunden müsste das Potential solcher Strategien steigen und zum Beispiel ein Versuch unternommen werden, eine rein digitale Privatbank im EU-Binnenmarkt zu positionieren.

  • In neuen Märkten besonders digitalaffine Kunden gewinnen: Diese Strategie ist die zurzeit häufigste. Inwieweit diese als Ziel oder als Resultat einer Strategie zu betrachten ist, lässt sich nicht feststellen.

    Beobachtbar ist aber, dass die heutigen digitalen Angebote vor allem eine Retail-Kundschaft ansprechen und damit eine kostengünstige Form des Private Banking darstellen. Die Digitalisierung ermöglicht dabei eine Reduktion der Stückkosten und damit der Mindest-Vermögenshöhe, welche für ein derartiges Angebot notwendig ist.

Abschließend kann festgehalten werde, dass die Digitalisierung im Private Banking mit großer Wahrscheinlichkeit zu den größten Veränderungen in diesem Markt führen wird, die bisher gesehen wurden.

Bereits erschienen in der Artikel-Serie ist:
Teil 1 – Diesen Herausforderungen muss sich die Branche stellen

Von den Autoren erscheint Mitte 2018 das Buch „Digitalisierung im Private Banking“ (500 Seiten, gebunden, 79,90 EUR; ISBN 978-3-95647-114-8; Frankfurt School Verlag).

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Über die Autoren:

Teodoro D. Cocca ist Professor für Wealth und Asset Management an der Johannes Kepler Universität in Linz sowie assozierter Professor am renommierten Swiss Finance Institute. Davor war er einige Jahre bei der Citibank im Investment und Private Banking tätig und forschte an der Stern School of Business in New York.

Wolfgang Reittinger ist seit 2011 Professor und Programmdirektor des Bereichs Private Wealth Management der Frankfurt School of Finance & Management. Vor seiner Lehrtätigkeit war er selbst im Private Wealth Management tätig: von 2007 bis 2010 als Leiter Produkte & Beratung bei der Hypovereinsbank und von 2003 bis 2006 als Leiter Wealth Planning bei der UBS Deutschland.

Armin Lauer war viele Jahre in leitender Position bei den Finanzinstituten UBS, Deutsche Bank und VP Bank sowie bei den Beratungshäusern Capco, Zeb und EY tätig. Themenschwerpunkte waren zumeist Strategieplanung, Digitalisierung oder Cross Border im Private Banking. Derzeit ist er mit der Firma Grosvenor Madison selbstständiger Unternehmensberater sowie Partner der Private-Equity-Gesellschaft Mountains & Hills.

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