Nach Startschwierigkeiten Das Krisenkind Eltif wird erwachsen

Andrea Vathje, Analystin bei Scope Analysis

Andrea Vathje, Analystin bei Scope Analysis: Das Eltif-Fondsvehikel ist als Gegenstück zu Ucits-Produkten eingeführt worden. Jahrelang blieb der Erfolg aber eher aus. Foto: Scope Analysis

European Long Term Investment Funds (Eltif) sind keine Produktgattung, sondern ein Regulierungsregime. Das bedeutet: Die EU-Kommission hat sie als alternative Investmentfonds und damit Publikums-AIFs konzipiert, die in unterschiedlichen europäischen Rechtsformen gestaltet werden können, also beispielsweise als herkömmliche Sicav, KG und damit Kommanditgesellschaft, Limited Partnership – kurz LP – oder auch in anderer Form. Das verbindende Element ist der Regulierungsrahmen für den Inhalt, das Eltif-Regime: Es geht darum, langfristige Investitionen in illiquide Privatmarktanlagen zu ermöglichen, also in nicht-börsennotierte Anlageobjekte wie Infrastrukturprojekte, Unternehmensbeteiligungen wie Private Equity sowie Fremdkapitalfinanzierungen wie Private Debt.

Seit Einführung vor sechs Jahren bis Ende September 2021 wurden 51 Eltifs von 30 Anbietern bei der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA registriert. Nach Angaben der ESMA waren in dem Anlagevehikel im April 2021 insgesamt rund 2,4 Milliarden Euro Assets under Management gebunden. Der Markt für Eltifs ist also verhalten gestartet. In den vergangenen zwei Jahren hat sich der Markt allerdings erkennbar belebt. Mehr als die Hälfte der registrierten Eltifs stammt aus den vergangenen zwei Jahren, und auch die Zahl der Anbieter hat sich seit Anfang 2020 mehr als verdoppelt. Der Markt wächst also. Auf niedrigem Niveau zwar, aber zuletzt überaus dynamisch. Zu den aktivsten Anbietern gehören Partners Group, Blackrock, Muzinich, Amundi, Tikehau und Commerz Real.

Abbildung 1: Positiver Trend nach verhaltenem Start – Registrierte Eltifs und neue Anbieter pro Jahr seit Einführung

Quelle: Überblick über registrierte Eltifs der EMSA (Stand September 2021) hier. Öffentliche Konsultation zum Eltif-Framework (Stand Juni 2020) hier.

Anlegerschutz steht im Zentrum des Regimes

Das Eltif-Regime ist ein Krisenkind. Nach der Finanzkrise von 2008 hatte die EU-Kommission einen strukturellen Investitionsstau für Infrastrukturprojekte festgestellt. Zugleich ging man davon aus, dass nicht nur bei institutionellen Investoren, sondern auch bei Privatanlegern ein hohes Kapitalangebot verfügbar wäre.


Allerdings haben in der Vergangenheit vor allem vieler Privatanleger schlechte Erfahrungen mit der Geldanlage in geschlossene Fonds gemacht. Aus diesem Grund entwickelten die Regulierer mit dem Eltif ein Regime, bei dem der Investorenschutz ins Zentrum rückte. Wesentlich sind dabei insbesondere die folgenden fünf Kriterien.

Kostentransparenz: Eltifs sollen für Anleger sämtliche Kosten und Gebühren über die gesamte Laufzeit nachvollziehbar ausweisen. Daher erlaubt der EU-Gesetzgeber auch keine Dachfonds-Konstruktionen, die zu mehreren und nicht nachvollziehbaren Gebührenebenen führen und die Rendite verwässern würden. Vielmehr tätigen Eltifs grundsätzlich Direktinvestitionen.

Risikodiversifikation: Anders als früher populäre geschlossene Fonds beispielsweise mit Schiffs- oder Flugzeugbeteiligungen sind mit Eltifs keine Single-Asset-Investitionen möglich. Das Kapital muss vielmehr mindestens auf zehn Assets verteilt werden, keine Investition darf dabei mehr als zehn Prozent Anteil am Gesamtportfolio haben. Jede einzelne Investition muss dabei mindestens zehn Millionen Euro betragen.

Begrenzter Fremdkapitalhebel: Das Eltif-Regime erlaubt auf Fondsebene einen Fremdkapitaleinsatz von maximal 30 Prozent. Zudem ist der Einsatz von Derivaten nur zu Absicherungszwecken erlaubt. Die Möglichkeiten zur Rendite-Optimierung des Eigenkapitals per Financial Engineering sind damit eng begrenzt.

Investitionsschranken: Eltifs müssen zu mindestens 70 Prozent in illiquide, nichtbörsennotierte Anlageobjekte investiert sein. Dazu gehören insbesondere Infrastruktur-Anlagen und Unternehmensbeteiligungen, aber auch klassische Sachwerte wie Flugzeuge, Schiffe oder Züge sind mögliche Investitionsziele. Investitionen in Unternehmen aus dem Finanzsektor sind ausgeschlossen, ebenso wie solche in Rohstoffe.

Immobilienanlagen sind möglich, allerdings nur, wenn die Investition langfristigen Zwecken mit sozialem oder ökonomischem Nutzen dient. Reine Immobilienspekulation ist also untersagt – auch wenn die Regularien die Langfristigkeitsanforderung in diesem Fall nicht präzise definieren.

Mindestanlagesumme: Anleger, die ein liquides Vermögen von höchstens 500.000 Euro besitzen, dürfen maximal zehn Prozent ihres Kapitals in Eltifs investieren. Da zugleich eine Mindestanlagesumme von 10.000 Euro gilt, sind die Produkte nur Anlegern mit mindestens 100.000 Euro Liquidität zugänglich. Der Vermögensnachweis wird in der Regel durch Eigenauskunft oder Selbsterklärung erbracht.