Tatsächlich sind es bis heute vor allem institutionelle und semiprofessionelle Anleger, die in Privatmärkte investieren. Diese setzen schon seit langem auf Private Equity, Infrastruktur oder Private Debt, um Chancen abseits der Börsen zu realisieren und ihr Portfolio zu diversifizieren. Um hier investieren zu können, braucht es in der Regel Kapital in Millionenhöhe.
Daher heißt es häufig, Privatanleger hätten kaum Zugang zu diesen Anlageklassen. Das stimmt jedoch nur partiell. Im Bereich Private Equity zum Beispiel gibt es bereits seit Anfang der 2000er Jahre Anbieter, die sich darauf fokussiert haben, Privatanlegern den Zugang zu erschließen. Das schaffen sie, indem sie vergleichsweise kleine Beträge von einer Vielzahl von Anlegern bündeln und zum Beispiel über Dachfondsstrukturen investieren.
Seit 2013 reguliert das AIFM-Gesetz diesen Markt. Dieses bezieht sich auf alle Fonds, die nicht den Ogaw-Vorschriften unterliegen. AIFs können eine breite Palette von Anlageklassen abdecken, darunter Private Equity, Immobilien und andere alternative Investments. Für Privatanleger in Deutschland gibt es daher bereits seit einiger Zeit die Möglichkeit, über AIFs auch voll reguliert in einen Teil des Privatmarkts zu investieren. Warum also Eltif 2.0?
Eltif 2.0 – mehr Evolution als Revolution
Die Eltif-Verordnung – Eltif steht für European Long-Term Investment Fund – stammt ursprünglich bereits aus 2015. Eltifs wurden damals für langfristige Investitionen in Infrastruktur, KMU und nachhaltige Projekte entwickelt – also jene langfristigen, illiquiden Investitionen, die zum Teil zumindest in Deutschland schon durch AIFs abgedeckt wurden. Das Ziel hinter dem Eltif war es, EU-weit mehr privates Kapital für die Finanzierung der notwendigen Transformationen, beispielsweise im Bereich der Digitalisierung und der Energiewende, freizusetzen.
Aufgrund verschiedener Hürden blieb die Anzahl der aufgelegten Eltifs jedoch weit hinter den Erwartungen zurück. So waren etwa die Anforderungen an das liquide Mindestvermögen des Anlegers zu hoch oder die Vorgaben schränkten die Portfoliozusammensetzung ein. Lediglich in einzelnen Mitgliedsstaaten wie beispielsweise Italien verlief die Entwicklung vor allem aufgrund steuerlicher Anreize etwas besser.
Aus diesem Grund hat die EU-Kommission beschlossen, die Richtlinie zu novellieren. Die neue Richtlinie ist 2024 in Kraft getreten. Dabei schaffte die Kommission vor allem die hohen Einstiegshürden für Privatanleger ab. Theoretisch können Anleger in Eltifs nun mit Mindestanlagebeträgen von einem Euro investieren. In der Praxis liegt die Mindestanlage je nach Anbieter jedoch bei 5.000 Euro aufwärts. Darüber hinaus hat die Kommission die Anlageformen neu geregelt und das Spektrum der möglichen Anlagen erweitert. So sind nun auch Dachfondskonzepte zulässig. In Kombination mit den einfachen EU-weiten Vertriebsmöglichkeiten macht dies Eltifs auch für (neue) Anbieter attraktiv, die bislang die individuellen nationalen Gesetze für den Vertrieb von AIFs an Privatkunden gescheut haben.
Die Neuausrichtung war daher ein notwendiger Schritt. Vor allem die erhöhte mediale Aufmerksamkeit ist für die Branche von Vorteil. Allerdings preisen die Medien den Eltif 2.0 in diesem Zuge oft als neue Produktkategorie an, die „Privatanlegern endlich den Zugang zu den privaten Märkten ermöglicht“. Tatsächlich handelt es sich aber eher um eine Spielart der bereits existierenden AIFs mit einigen geänderten, EU-weit gültigen Regeln.
Eltifs können im Prinzip auch als EU-AIFs (European Alternative Investment Funds) bezeichnet werden. Insofern handelt es sich nicht um eine Revolution, sondern um eine Evolution. Diese erleichtert es Anbietern von Dachfondskonzepten, die sich bislang aufgrund der nationalen AIF-Regeln für Privatkunden auf Deutschland beschränkt haben, in neue Märkte vorzudringen. Und Anbieter, die bisher eher semiprofessionelle und institutionelle Anleger als Zielgruppe hatten, können nun einfacher auch Privatanleger ansprechen.
Das zeigt sich auch an den Zahlen: Laut der Ratingagentur Scope haben Asset Manager im laufenden Jahr bereits 36 Eltifs neu aufgelegt – 22 davon kommen von Anbietern, die ihren ersten Eltif auf den Markt gebracht haben. Damit können Anlegern aus immer mehr Produkten wählen, die das Portfolio diversifizieren können. Allein schon deshalb, weil beispielsweise Privatanleger in Deutschland auch Eltifs aus anderen EU-Ländern zeichnen können.
Eltif ist nicht gleich Eltif
Die erhöhte Aufmerksamkeit durch neue Anbieter und Produkte bringt neuen Schwung in den Markt. Sie entbindet Berater und Anleger aber nicht davon, die Produkte genau unter die Lupe zu nehmen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie ein Eltif zusammengesetzt sein kann. Ein wichtiger Punkt für Anleger, die breit diversifizieren wollen, ist die Frage nach der Zusammensetzung des Eltif-Portfolios. Enthält es nur wenige Objekte aus einer Branche oder hunderte voneinander unabhängige Beteiligungen?
Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Investitionsfokus. So ist Infrastruktur nicht gleich Infrastruktur und Private Equity nicht gleich Private Equity. Ob Start-ups, etablierte Mittelständler oder Großkonzerne im Portfolio landen, hat bei Unternehmensbeteiligungen abseits der Börse etwa große Auswirkungen auf das Rendite-Risiko-Profil. Darüber hinaus schafft die neue Regulierung Möglichkeiten, die bestehende Illiquidität durch Anteilsrückgaben nach bestimmten Zeiträumen und in festgelegter Höhe aufzulockern.
Hier ist allerdings Vorsicht geboten: Die Asset Manager haben die zugrundeliegenden Asset-Klassen bislang nicht ohne Grund vorrangig in illiquiden Konzepten mit fester Laufzeit angeboten. Bei semi-liquiden Strukturen, die die Anteilsrückgabe ermöglichen, müssen Anleger daher mitunter Abstriche bei anderen Parametern machen. Die jüngste Entwicklung bei einigen offenen Immobilienfonds hat gezeigt, dass künstlich erzeugte Liquidität zwar vertrieblich wertvoll sein kann, aber auch das Ergebnis belasten kann – insbesondere dann, wenn Asset Manager Objekte unter Wert verkaufen müssen, um Anleger zu bedienen.
Anleger sollten sich daher die Bedingungen und Zusammensetzung des jeweiligen Eltifs genau ansehen und auch prüfen, ob dieser zur eigenen Risikoneigung passt. Es empfiehlt sich auch, den Anbieter genauer unter die Lupe zu nehmen. So können Anleger klären, inwieweit sein Privatanlegerprodukt nur ein Side-Project ist oder ob alle Prozesse vollständig auf die Bedürfnisse dieser einen Zielgruppe ausgerichtet sind.
Alter Wein in neuen Schläuchen?
Der Eltif führt keine grundlegend neuen Prinzipien in den Markt ein, sondern baut auf bestehenden Fondsstrukturen auf. Er harmonisiert aber die AIFs in den einzelnen Mitgliedsstaaten. Das ist zweifellos eine positive Entwicklung und eröffnet neue Chancen. Wie erfolgreich der zweite Anlauf der EU sein wird, ist noch schwierig abzuschätzen. Unabhängig davon gilt aber bereits heute: Der Eltif hilft, die Tür zu renditestarken Anlageklassen wie Private Equity für einen breiteren Anlegermarkt zu öffnen. So ist er auch ohne Revolution ein wichtiger Schritt in die Zukunft.
Über den Gastautor:
Norman Lemke ist Mitgründer und Vorstand von Munich Private Equity. Das Unternehmen bietet Privatanlegern seit 1999 Zugang zu Private-Equity-Fonds. Über Dachfondslösungen können Privatanleger ab 5.000 Euro investieren. Munich Private Equity hat mehr als 160.000 Beteiligungsverträge abgeschlossen.