Einseitige Diskussion Unabhängigkeit bei Multi Family Offices ist kein Patentrezept

Sebastian Kuhlmann, Geschäftsführer des Multi Family Office National-Bank Vermögenstreuhand: Seiner Meinung nach, ist die vermeintlich fehlende Unabhängigkeit bankanhängiger Multi Family Offices eine klare Stärke.

Sebastian Kuhlmann, Geschäftsführer des Multi Family Office National-Bank Vermögenstreuhand: Seiner Meinung nach, ist die vermeintlich fehlende Unabhängigkeit bankanhängiger Multi Family Offices eine klare Stärke. Foto: National-Bank Vermögenstreuhand

Multi Family Offices gehören in angelsächsischen Ländern längst zur festen Infrastruktur der Finanzbranche. Auch in Deutschland erfreuen sie sich zunehmender Beliebtheit. Trotz der Grundidee, das Kapital von Familien mit komplexen Vermögensverhältnissen bedürfnisoptimiert zu managen, unterscheiden sich deren Dienstleistungspalette und Leistungsfähigkeit stark. Einheitliche Qualitätsstandards fehlen branchenübergreifend. Zudem ist der Family Officer kein Ausbildungsberuf. Es gibt zwar erste Studiengänge, die sich aber noch entwickeln müssen. Vergleicht man den Außenauftritt der Multi Family Offices in Deutschland, liegt das übereinstimmende Leistungsversprechen in einer unabhängigen Beratung, ohne Interessenkonflikte und auf Honorarbasis.

Fehlende Standards und ein punktuell übereinstimmendes Leistungsversprechen führen seit geraumer Zeit zu Diskussionen über die optimale Ausprägung eines Family Offices. Die Vor- und Nachteile von Single Family Offices und Multi Family Offices können mit der individuellen Ausgangssituation des Mandanten voneinander abweichen. Weiterhin scheint jedoch auch Einigkeit darüber zu bestehen, dass eigenständige Multi Family Offices bankenanhängigen Multi Family Offices überlegen sind. Befürworter begründen das vor allem mit dem Argument, die Anhängigkeit an eine Muttergesellschaft aus der Finanzbranche passt nicht zur Basis eines Multi Family Offices, ohne Interessenskonflikte und auf Honorarbasis zu arbeiten.

Die Annahme basiert auf der Prämisse, dass bankenanhängige Family Offices bevorzugt mit der eigenen Muttergesellschaft zusammenarbeiten und so keine anreizneutrale Beratung im Sinne des Mandanten möglich sei. Dieser nachvollziehbare Gedankengang würde tatsächlich die vorab beschriebenen Grundlagen eines Family Office ad absurdum führen, da Opportunismus einer neutralen Beratung im Weg stünde. Doch welches Ziel wird mit einer unabhängigen Beratung auf Honorarbasis eigentlich verfolgt?

Weder die Unabhängigkeit noch die Honorarvergütung darf man dabei als Selbstzweck missverstehen. Sie sollen lediglich die Voraussetzung für eine optimale Beratung schaffen, die sich ausschließlich an den Bedürfnissen des Mandanten orientiert. Die Kostentransparenz gewährleistet, dass Berater die Interessen des Mandanten mit einem bekannten monetären Aufwand adäquat vertreten. Die Verschleierung der Kosten, unter anderem über den Erhalt von Kickbacks, haftet trotzt einiger externer Regulierungsmaßnahmen nach wie vor an der Finanzbranche.

Doch wie realistisch ist es, dieses Versprechen unter den aufgeführten Parametern in einer sozialen Marktwirtschaft aufrechterhalten zu können? Die Realität zeigt, dass viele eigenständige Family Offices in Deutschland dauerhaft unrentabel sind. Ihr Beratungsmodell ist aus einer unternehmerischen Betrachtung nicht tragfähig, denn Qualität hat ihren Preis.

Viele Family Offices haben den selbst definierten Anspruch, das Gesamtvermögen auf höchstem Niveau zu steuern und dabei die steuerlichen, rechtlichen und wirtschaftlichen Besonderheiten aller Vermögenswerte zu verzahnen. Dafür benötigen sie hoch qualifizierte Mitarbeiter. Um diese Fachkräfte dauerhaft an das eigene Unternehmen zu binden, ist ein reizvolles Arbeitsumfeld erforderlich. Das gilt umso mehr dadurch, dass sich die Ansprüche junger und qualifizierter Mitarbeiter verändern. Besonders defizitäre Unternehmen haben große Probleme, dem Wunsch nach beruflicher und persönlicher Weiterentwicklung, monetärer Sicherheit und Selbstverwirklichung zu entsprechen. Um Kosten zu sparen, kaufen sie steuerliche, rechtliche und wirtschaftliche Expertise häufig nur ein, über Beiräte oder externe Dienstleister. Der bessere Weg ist, dieses Fachwissen als Kernkompetenz in die Gesellschaft einzubinden. Know-how ist nämlich notwendig zum Erreichen des übergeordneten Ziels, Familien mit komplexen Vermögensverhältnissen optimal zu beraten. Nur so kann es gelingen, Konsequenzen jeder wirtschaftlichen Entscheidung vollumfänglich zu erfassen.