Für aktives Vermögensmanagement braucht es bei Kunden im Private Wealth Management oft ein hohes Maß an Vertrauen. In fairer und transparenter Weise sollen schließlich die Renditemöglichkeiten der Aktien-, Anleihen- und Cash-Märkte optimal genutzt werden. Anstatt Robo Advisors oder ETF-Portfolios zu nutzen, begeben sich die Kunden in die Hände eines Vermögensverwalters, der Anlagerichtlinien umsetzt – und Rede und Antwort steht.
Doch die Portfoliomanager sahen sich zuletzt verschärften Rahmenbedingungen ausgesetzt. Wenn sie die Duration der Portfolios nicht stark verkürzten, litten die Mandate in der Vermögensverwaltung unter den steigenden Zinsen. Außerdem waren in den vergangenen Monaten die Performance-Unterschiede in den Vermögensverwaltungsmandaten bei identischen Anlagerichtlinien teils groß.
Das ist einerseits auf die sehr unterschiedliche Aufstellung im Aktienbereich zurückzuführen, wie auch eine Analyse des Multi Family Office Segura & Jesberger für das erste Halbjahr 2023 zeigt. Andererseits ist die Handhabung des Nominalkapitals, also die Verzinsung der Cash-Bestände und die Handhabung und aktiven Steuerung der Anleihenportfolios, ebenfalls von Vermögensverwaltung zu Vermögensverwaltung unterschiedlich geprägt. Das kommt nicht überall gut an.
Einlagenmargen nicht überall zurück
Christian Hammes ist Geschäftsführer des Eta Family Office in München – und schreibt deshalb auch Vermögensverwaltungsmandate in Größenordnungen zwischen 5 und 50 Millionen Euro aus. Zudem übernimmt er Controlling sowie Risikomanagement und Beiratsmandate. Hammes sagt: „Die Konfrontation der Banken mit diesem Problem hat in den vergangenen Monaten erhebliche Erfolge gezeigt. Vereinzelt wurden Einlagenmargen von 0,3 auf 2,75 Prozent angehoben.“
Jedoch würden die individuellen Anpassungen nicht das Problem für den Großteil der Kunden beheben, denen nicht bewusst sei, dass Banken in den Mandaten mit den Zinsen geizen. In 70 Prozent der Fälle habe sein Family Office über die Einlagenzinsen nachverhandeln müssen. Das Problem: In einem Kapitalmarktjahr, in dem noch immer Unsicherheit im Aktienbereich herrsche, sei die Aktienquote oft nicht ausgeschöpft. Was nicht investiert wird, wird als Barreserve vorgehalten. Wenn diese jedoch nicht fair verzinst wird, könnten Banken und Vermögensverwalter die mittlerweile stattlichen Einlagenmargen für sich behalten und so die Vermögensverwaltungsmarge hebeln.
„Die Ausreden der Banken für die unzureichende Weitergabe der Einlagenzinsen sind immer die gleichen“, sagt Hammes. Einerseits hätten sie auch in den langen Jahren der Null- und Negativzinsen letztere nicht an ihre Kunden in der Vermögensverwaltung weitergereicht. Auf der anderen Seite seien die Einlagenmargen der Banken nicht so hoch wie der Interbankenmarkt anzeige. Darüber hinaus hebe man ja im Nachhinein die Zinsen nach oben an.
Interessenskonflikt vorprogrammiert
All diese Ausreden verwässern aus Controlling-Sicht den moralischen Status derjenigen, die sie gebrauchen: Banken hatten in der Niedrigzinsphase Freibeträge bei den Zentralbanken, für die sie keine Negativzinsen zahlen mussten. Darüber hinaus erhielten Banken auch in der Negativzins-Phase Vermögensverwaltungsgebühren, die natürlich weit oberhalb der Negativzinsen lagen. Gleichzeitig haben Banken in der Negativzins-Phase durch den Kauf von Anleihen und Geldmarktinstrumenten Einlagen vermieden, was sie jetzt aufgrund des entstandenen Interessenskonflikts nicht mehr tun.
Dies ist laut Hammes messbar und belegbar, das Argument der niedrigeren Zinsmarge im Vermögensverwaltungsbereich hinfällig. Es sei denn, ein Bankhaus möchte zugeben, dass die eigene Treasury-Abteilung die Eigenmargen weit unterhalb der Interbankensätze handelt – das wäre keine Empfehlung für dieses Haus als Vermögensverwalter. Die Anpassung der Einlagenzinsen erfolgt so träge und so langsam, dass hohe Sondererträge für die Bank entstehen. „Es gibt Konstellationen, die sich besonders negativ hervorgetan haben. Etwa, wenn eine vermögensverwaltende Bank aus dem genossenschaftlichen Bereich das Konto einer lokalen genossenschaftlichen Bank verwaltet“, sagt Hammes.
Denn dort habe der Vermögensverwalter selbst keinen Einfluss auf die Einlagenverzinsung und überlasse es der lokalen Bank, sich bei Nullzinsen auskömmlich an der Cash-Quote zu bereichern. Es werde in dieser Konstellation unterstellt, dass der Kunde diesen Interessenskonflikt nicht erkennt. Jedoch sei das Entsetzen umso größer, wenn ein Kunde dieses Spiel durchschaue und sich auf Heller und Pfennig ausrechne, welchen Betrag sich seine lokale Bank ohne jede Gegenleistung einstreicht, vermutet Hammes.
Es gibt jedoch auch positive Beispiele. Dazu zählen Häuser, die durch die Weitergabe von Einlagen, sogenannte Call-Gelder, bei anderen Banken einen wettbewerbsfähigen Zins sichern, ohne diesen selbst durch ihre eigene Treasury erwirtschaften zu müssen. Bergos und Goldman Sachs verfahren beispielsweise so.
Wie sehen Banken das Thema?
Das private banking magazin hat Daten ausgewertet und zudem deutlich über 60 Vermögensverwalter und Banken zu ihrem Umgang mit dem zurückgekehrten Zins befragt. Nicht alle von ihnen antworteten auf die Anfrage – doch es lässt sich eine Tendenz feststellen: Einige der befragten Anbieter haben das Thema bereits auf dem Schirm und zum Stichtag 30. Juni 2023 eine Anpassung vorgenommen – oder diese in der nächsten Zeit geplant (siehe Tabelle).
Interessant sind die unterschiedlichen Herangehensweisen und Schwerpunkte der befragten Institute.
„Eine aktive Steuerung erfolgt innerhalb bestimmter Grenzen durch Regulierung der Quoten in den verschiedenen Subanlageklassen. Auf diese Weise werden zum Beispiel die Zins-, Spread- oder Währungsrisiken gesteuert“
Sascha Häusler, Bereichsdirektor Private Banking Vermögensmanagement der Kreissparkasse Köln
Von Hauck Aufhäuser Lampe heißt es etwa: „Eine Verzinsung wird grundsätzlich individuell mit einzelnen Kunden vereinbart. Diese richtet sich nach dem Leitzins und variiert je nach Laufzeit von rund 2,4 bis 3,7 Prozent für Euro und zwischen 4 und 5,5 Prozent für US-Dollar-Liquidität.“ Die Fugger Bank zeigt sich ebenfalls transparent, richtet sich ebenfalls nach der EZB-Einlagefaszilität – reduziert diese aber um 25 Basispunkte. Dieser reduzierte Zinssatz werde dann an die Kunden weitergegeben, zum Stichtag am 30. Juni lag er bei 3,25 Prozent.
„Cash auf den Konten innerhalb der Vermögensverwaltung wird sehr gering gehalten und bei taktischer Liquidität in kurzlaufende Anleihen investiert“
Daniel Hupfer, Leiter Portfolio Management bei M. M. Warburg & CO
Dass sich eine Reihe von Banken nach eigener Aussage zwar an der Marktlage orientiert, ergibt Sinn – die Zinsen fallen zum Stichtag teils aber dennoch niedriger aus. Andere Anbieter wie die Nord LB oder die Berliner Volksbank verweisen darauf, dass bei ihnen der Einlagenzins ohnehin keine große Rolle spiele. „Vielmehr stehen das aktive und erfolgreiche Management der Assests im Vordergrund und weniger die Verzinsung der Liquiditätshaltung“, erklärt ein Sprecher der Berliner Volksbank dazu. Kunden würden sich aus Gründen der Gesamt-Performance und den Gesamterträgen für das Produkt entscheiden.
Andere Anbieter geben an, das Thema bewusst zu umschiffen. Im Portfoliomanagement der Fürstlich Castell‘schen Bank sollen explizit nicht nur Cash-Bestände gehortet werden, stattdessen wird auf andere Anlagen ausgewichen. „So bieten Anleihenanlagen mit kurzer Restlaufzeit und hoher Ratingqualität derzeit interessante Anlagechancen, sodass wir die Liquiditätshaltung auf ein Minimum reduziert haben“, erklärt ein Sprecher. So betrachte man die Liquidität in der Vermögensverwaltung als Manövriermasse, welche gegebenenfalls höher rentierlicheren Anlageklassen zugutekomme.
„Unser aktives Management im Anleiheportfolio zielt auf eine optimale Allokation hinsichtlich Parametern wie Duration, Kreditrisikoprämien und Währungen ab“
Philip Gisdakis, Chefanlagestratege Hypovereinsbank
Ein Sprecher von Donner & Reuschel erklärt zudem, dass die Einlagenmargen und Zinssätze stark von den einzelnen Vermögenskonzepten abhängig seien. Auch bei der Privatbank setze man auf Cash-Alternativen: „In den meisten Fällen erfolgt die Steuerung der Liquidität nicht über direkte Cash-Bestände, sondern über den Einsatz von Derivaten oder Geldmarkt-ETFs, also sehr kundenfreundlich.“ Das klingt im ersten Moment sinnvoll. Und dass die Kundenfreundlichkeit in den kommenden Monaten wieder zunimmt, darauf dürften wohl auch Family Officer und Controller wie Christian Hammes hoffen.
Klar ist auch: Die Zinswende und wie sie sich für Kunden auszahlt, wird inzwischen auch in der Öffentlichkeit wieder diskutiert. Zwar geht es dabei vor allem um die einfache Verzinsung von Kontoguthaben – doch auch in der Vermögensverwaltung müssen sich die Anbieter mit dem Thema auseinandersetzen. Dabei geht es nämlich vielleicht nicht nur um Prozente, sondern auch um das eingangs erwähnte Vertrauen.