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Riskante Wetten Eine Bedrohung für die Finanzstabilität?

Gamestop-Filiale in New York

Gamestop-Filiale in New York: Die Aktienkurse der Videospiel-Kette sind massiv gestiegen. Das bringt Hedgefonds in Bedrängnis, die auf fallende Notierungen gewettet hatten. Foto: IMAGO / Levine-Roberts

Mark Dowding, Chief Investment Officer

Bei der jüngsten Sitzung des Offenmarktausschusses der Federal Reserve (Fed) stand Fed-Chef Jerome Powell für eine relativ taubenhafte Haltung ein und vermied sorgfältig jedes Gespräch über einen Dreh an der Zinsschraube. Demgegenüber deuteten Kommentare der Europäischen Zentralbank (EZB) zur Geldpolitik die Möglichkeit einer zusätzlichen Lockerung der Finanzierungsbedingungen in der Eurozone mittels niedrigerer Zinssätze an. Das Argument: Die EZB befürchtet, dass ein aufwertender Euro die Wachstumsaussichten des Währungsraums beeinträchtigen könnte.

Insgesamt scheint die konjunkturelle Entwicklung jedoch ins Laufen zu kommen: Die zuletzt gemeldeten US-Daten sind nach wie vor relativ vielversprechend. Und obwohl es Bedenken in Bezug auf das weltwirtschaftliche Vorankommen im ersten Quartal 2021 gibt, ist es bemerkenswert, dass der Internationale Währungsfonds seine Wachstumsprognosen für 2021 nach oben korrigiert hat – vor allem aufgrund der Entwicklung in den USA, die sich schneller berappeln als erwartet.

Hedgefonds im Visier von Kleinanlegern

Aber nicht die Geld- und Fiskalpolitik bewegte in den vergangenen Tagen das Kursgeschehen an den Märkten – ganz andere Kräfte kamen zum Wirken. Der leichte Kursrutsch bei Aktien scheint zum Teil mit Verkäufen von Hedgefonds zu tun zu haben, die im Ringen mit Hobbyaktionären in die Enge getrieben werden.

Hedgefonds mögen sich über diese von Raubtieren inspirierte Taktik der geballten Attacke beschweren. Der Erfolg der Anleger in Gamestop & Co. könnte aber dazu führen, dass Hedgefonds, die zunehmend riesigen Verlusten ausgesetzt sind, die Tragfähigkeit ihrer Anlagestrategien überdenken. Für erfahrene Marktteilnehmer kommt die Lage aber nicht überraschend – es hat immer Blasen an den Finanzmärkten gegeben und es wird sie immer geben; genau wie Menschen, die darauf aus sind, schnell reich zu werden.

Wenn allerdings dieser Herdentrieb Schule macht und dazu führt, dass Risikoprämien obsolet werden, könnte eine neue Bedrohungslage für die Finanzstabilität entstehen. Die Zentralbanken müssten dann unter Umständen reagieren. Der Blick auf den Volatilitätsindex VIX, der auf über 30 Punkte geklettert ist, zeigt jedoch, dass die Marktteilnehmer dem derzeitigen Geschehen eine gesunde Portion Skepsis entgegenbringen und dem instinktiven Wunsch folgen, sich nach unten abzusichern. Es gibt also keine Anzeichen, dass die Gier auch am breiten Markt außer Kontrolle gerät.

Ruhiger Monat voraus – mit Wenn und Aber

Nachdem die jüngsten Zentralbanksitzungen über die Bühne gegangen sind und vorerst keine wichtigen politischen Ereignisse anstehen, liegt der Gedanke nahe, dass Anleger einen ruhigen Monat erleben könnten und sich die Lage entspannt. Dennoch: Die Ereignisse an den Aktienmärkten in den vergangenen Tagen zeigen, dass es auch auf kurzfristige Sicht Katalysatoren geben kann, die die Volatilität treiben.

Letzten Endes wäre es vermutlich am besten, der von Hobbyaktionären und Hedgefonds aufgepumpten Blase – wie allen anderen auch – ihren natürlichen Lauf zu lassen. Es wäre eine heilsame Warnung für andere Marktteilnehmer in kommenden Zeiten. Eines ist klar: Wenn der Spaß aufhört, endet das Spiel.

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