Pierre Lagrange „Einbrüche machen wir nicht mit“

Pierre Lagrange

Pierre Lagrange Foto: Thomas Görny

Frage: Sie sind seit über 20 Jahren im Geschäft …

Pierre Lagrange: Aber ich schaue nie zurück.

Frage: Aber selten zuvor haben politische Entscheidungen die Finanzmärkte so dominiert und unberechenbar gemacht. Gab es für Sie schon mal schwierigere Zeiten?

Lagrange: Das Umfeld ist sehr ambitioniert, und in der Tat stehen die Politik und der Kapitalmarkt vor einem radikalen Schnitt. Ganz ähnlich wie Großbritannien in den 70er Jahren. Wir kommen zum Ende eines Systems. Es sind sehr schwierige Zeiten und mit die schwierigsten, die ich erlebt habe. Das ist richtig. Ist es unmöglich, positive Erträge zu erzielen? Nein, ist es nicht.

Frage: Was ist besonders schwierig derzeit?

Lagrange: Die kurzfristigen Reaktionen des Markts einzuschätzen. Wenn Unternehmen gute Zahlen melden, der Wert des Unternehmens jedem klar ist und ein Ausblick auch stimmt, lässt sich daraus keine Erkenntnis für die Entwicklung des Aktienkurses ableiten. Es ist sehr laut und vielstimmig draußen. Die Volatilität ist Ausdruck einer Unsicherheit. Die wird voraussichtlich noch eine ganze Weile dauern. Dennoch gibt es Sektoren, die immun gegen die ambivalenten Stimmungen sind. Diese gilt es zu finden.

Frage: Ein Beispiel?

Lagrange: Zum Beispiel Ölservice-Firmen. Erfolgreiche Unternehmen honoriert der Markt. Ganz gleich, was für ein Umfeld herrscht. Zugleich gibt es Branchen, in denen sich große Trends durchsetzen, etwa in der Computerbranche. Tablets und Smartphones werden den PC-Markt langfristig töten – allerdings geht es in diesem Fall eher um eine strukturelle Veränderung.

Frage: Revolutionen des digitalen Zeitalters und Erfolge tief unter der Erde. Dazu gehen Sie auch Short-Positionen beim GLG European Long-Short ein. Wie überblicken Sie diese Bandbreite?

Lagrange: Wir haben zwölf Teams, die auf die unterschiedlichsten Branchen spezialisiert sind. Niemand ist in allen Bereichen gut. Deswegen sehe ich mich auch als eine Art Trainer. Ich suche die besten Spieler für bestimmte Positionen und versuche, sie zu fordern.

Frage: Mit festen Vorgaben und einem Risikobudget.

Lagrange: Absolut. Risikomanagement ist wichtiger geworden. Auch vorher gab es Kursrückgänge. Aber man konnte darauf wetten, dass sich die Kurse danach wieder erholten. Das gilt nun nicht mehr. Es kann immer etwas kommen, das ein Portfolio verletzen kann. Und es wird in den meisten Fällen unerwartet sein.

Frage: Sollen Short-Positionen Erträge liefern oder primär das Portfolio absichern?

Lagrange: Langfristig dienen die Short-Positionen zum Schutz unserer Ideen, die wir auf der Long-Seite haben. Wir wollen das Alpha dieser Positionen, nicht den breiten Markt. Es gibt jedoch vereinzelte Trends, die sich trefflich dazu eignen, von den Verlierern ebenso zu profitieren wie von den Gewinnern. Computertechnologie gehen wir short und Smartphones long.

Frage: Ist ein Ucits-Mantel eine Argumentationshilfe?

Lagrange:
Ja, sehr sogar. Wir haben die vergangenen zehn Jahre Geld verdient, während der breite Markt verloren hat. Bedeutet unsere Absolute-Return-Strategie, dass wir nie Geld verlieren? Nein. Aber wir machen die großen Einbrüche nicht mit, und die Volatilität ist niedriger als die des Aktienmarkts. Der Ucits-Fonds hat eine tägliche Liquidität und ist sehr transparent.

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