Ein Label, verschiedenste Investmentansätze Was es bei Long-short-Aktienstrategien zu beachten gibt

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Ein Label, viele Strategien

Abweichend von der oben genannten klassischen Long-short-Definition finden sich am Markt diverse Strategien, die dauerhaft eine sehr hohe offene Aktienquote fahren, das heißt nur einen geringeren Teil des Portfolios absichern, darunter auch sogenannte 130/30-Fonds. Fondsdaten-Anbieter wie Morningstar oder Citywire kategorisieren diese Fonds ebenfalls in die Gruppe der Long-short-Fonds.

Die Freiheitsgrade der Manager sind dabei aber höchst unterschiedlich. Dies gilt es als Anleger zu berücksichtigen, denn damit verbunden ist ein stärkerer Gleichlauf des Investments mit dem Aktienmarkt. Der Vermögensschutz tritt in den Hintergrund.

Fondsmanager mit maximaler Freiheit bei der Steuerung der Aktienquoten werden der Definition des klassischen Long-short-Aktienfonds nicht mehr gerecht. Zu stark ist der Einfluss der Overlay-Entscheidung, die Aktien entweder voll abzusichern oder diese wieder komplett zu öffnen. Die Ergebnisse dieser taktischen Asset Allocation sind umstritten. So legen Studien nahe, dass diese Form von Markt-Timing Wert zerstört. Grund: Der Wiedereinstieg in den Aktienmarkt gelingt nicht rechtzeitig.

Investoren ist zu empfehlen, genau zu hinterfragen, ob die historische Performance eines Konzeptes systematisch, beispielweise durch die Titelselektion erzielt wurde, oder auf Basis eines Lucky Shots im Rahmen einer einmaligen Portfolioabsicherung. Fondsmanager bieten in der Regel eine unabhängige sogenannte Kontributionsanalyse an. Der Beitrag jeder Handelsposition zur Gesamt-Performance des Fonds wird transparent dargestellt.

Neben der Aktienquotensteuerung ist die Frage der Titelselektion von elementarer Bedeutung. Hier sind die Investmentstile ebenfalls sehr unterschiedlich. Der eingangs dargestellte fundamentale Ansatz, das heißt der Fokus auf fehlbewertete Titel, ist dem Ansatz des Value Investings am nahestehendsten.

Pair Trades im Fokus

Andere Ansätze agieren hingegen sektorneutral. Sogenannte Pair Trades stehen hier im Vordergrund. Gemeint ist die bewusste Auswahl eines Long- und Short-Aktienpaares aus jeder Branche. Man setzt auf die Bewertungsspannen innerhalb einzelner Sektoren. Ein Kauf der RWE-Aktie wird also nie isoliert erfolgen. Stattdessen wird gleichzeitig eine Short-Position einer Aktie aus dem Versorgersektor aufgebaut.

Der Vorteil ist hier, dass Volatilität und Maximum Drawdown oftmals geringer als bei anderen Konzepten sind. Nachteilig ist indes, dass langfristig das Renditepotential limitiert ist, da wiederkehrende Unter- oder Überbewertungen von Branchen oder Ländern nicht abgegriffen werden. Man denke hier beispielweise an die TMT-Blase, an Bank- oder Pharma-Aktien.

Einige Anbieter agieren rein Trading-orientiert. Kurzfristige Signale werden von Händlern umgesetzt, der Umschlag im Fonds ist teilweise beträchtlich. Derartige Strategien können in gewissen, Momentum-starken Marktphasen sehr gute Ergebnisse liefern. Bricht allerdings ein Markttrend oder ein Thema ab, kann dies deutliche Spuren im Fondspreis hinterlassen.

Die Qual der Wahl

Schließlich sei noch auf das Anlageuniversum hingewiesen. Die Auswahl ist groß: Fonds agieren global, auf europäischer Ebene oder nur innerhalb einer bestimmten Branche. Entscheidend für den klassischen Long-short-Fonds ist es, einen hinreichend großen Fundus an Aktien zu durchforsten, aber gleichzeitig den Fokus nicht zu verlieren.

Bei Long-short-Fonds ist weniger die Frage von Bedeutung, ob der amerikanische oder der europäische Markt besser performt. Vielmehr ist die Frage, ob der Manager in den jeweiligen Märkten die Fähigkeit und Kapazität besitzt, die guten von den schlechten Aktien zu unterscheiden. Ein alleiniger Branchenfokus erscheint aufgrund der Homogenität und begrenzten Anzahl der Unternehmen eher suboptimal, um den nötigen absoluten Ertrag zu generieren.

Über den Autor:
Marc Siebel ist Portfoliomanager und Gründer von Peacock Capital, einem bankenunabhängigen Asset Manager. Seine berufliche Karriere begann er 2000 im institutionellen Asset Management bei der damaligen West LB. Später wechselte er zum Bankhaus Lampe ins Asset Management und baute dort seine Spezialisierung auf europäische Nebenwerte aus.

Im Oktober 2012 gründete der 42-Jährige dann Peacock Capital. Siebel wurde in den vergangenen Jahren mehrfach im Rahmen des Thomson Reuters Extel Survey als einer der 30 besten Fondsmanager Europas ausgezeichnet.

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