Ein Label, verschiedenste Investmentansätze Was es bei Long-short-Aktienstrategien zu beachten gibt

Marc Siebel ist Portfoliomanager und Gründer von Peacock Capital

Marc Siebel ist Portfoliomanager und Gründer von Peacock Capital

Das aktuelle Niedrigzinsumfeld hat für Investoren fatale Folgen. Die strategische Asset Allocation mit Fokus auf klassische Aktien und Renten wird den gesteckten Renditezielen nicht mehr gerecht. Dies gilt ebenso für die meisten medial präsenten vermögensverwaltenden Fonds, oftmals ein schlichter Mix aus Aktien und Renten.

Long-short-Aktienstrategien verfügen dagegen nicht über das klassische Zinsänderungsrisiko. Zudem ist das Verlustrisiko für Anleger im Vergleich zu klassischen Aktienfonds deutlich reduziert.

Der Investmentbranche mangelt es gleichwohl an einer differenzierten Betrachtungsweise dieser Hedgefonds-Strategien, die in vielen Fällen nicht sachgerecht analysiert werden. Ziel dieses Artikels ist es, Licht in das Dunkel der Long-short-Aktienfonds zu bringen. Die Ansätze werden anhand der unterschiedlichsten Investmentstrategien näher beleuchtet und kategorisiert.

Der Ursprung

Als Begründer der Hedgefonds gilt Alfred Winslow Jones, der 1949 in den USA den ersten Fonds dieser Art auflegte. Seine Erkenntnis, dass Börsenexperten wiederholt mit ihren Prognosen falsch lagen, brachte ihn zu einer Strategie, die unabhängig vom Auf und Ab der Märkte absolute Erträge liefern sollte.

Jones bediente sich zweier Instrumente, dem Leerverkauf (englisch: Short Sale) und dem Aktienkauf auf Kredit. Er minimierte das systematische Risiko – das heißt das allgemeine Schwankungsrisiko des Aktienmarktes – in seinem Portfolio, indem er gleichzeitig unterbewertete Aktien kaufte (sogenanntes Long Book) und überbewertete Aktien verkaufte und sich zu niedrigeren Kursen eindeckte (Short Book). Das Konzept ist letztlich schlicht:

„To buy stocks that will rise more than the general market, and sell stocks short that will rise less than the averages (or will actually fall)”.

Es entstand ein über Zeit vergleichsweise schwankungsarmes Portfolio, welches sich unabhängig vom Markt entwickelte. Man nennt das auch nicht-direktional. In fallenden Märkten wurden Verluste auf der Kaufseite durch Gewinne auf der Short-Seite ausgeglichen. Damit erklärt sich der Ursprung des Terminus „Hedge Fund“. Jones stringenter Fokus auf über- und unterbewertete Aktien verhalfen seinem Portfolio zu einer weit über dem Marktdurchschnitt liegenden Performance.

Die Neuzeit

In streng regulierten Ucits-Investmentfonds, die ein hohes Maß an Diversifikation gewährleisten, werden diese Strategien heutzutage zumeist angeboten. Leerverkäufe sind in diesem Rahmen nicht zulässig, daher erfolgt der Aufbau von Short-Positionen über regulierte Derivate (Analogie zu Put-Optionen).

Stockpicking auf Basis stark unter- und überbewerteter Aktien ist die originäre Form der Long-short-Strategien à la Jones, die auch bei Peacock Capital verfolgt wird. Vorteil: Bei diesem Investmentansatz ist der maximale Verlust deutlich reduziert. Langfristig bietet der Ansatz aber ein Renditepotential in Höhe klassischer Aktienfonds. Alpha-Generierung ist das Stichwort.

Studien belegen, dass der Fokus auf stark unter- und überbewertete Aktien zu einer Performance oberhalb des Durchschnitts führt und dies unabhängig vom Marktverlauf. Vorausgesetzt ist seitens des Investors eine gewisse mentale Stärke, durchzuhalten. Warren Buffett lässt grüßen. 

Gewollt, aber nicht gekonnt

Eine Vielzahl der am Markt erhältlichen Long-short-Fonds verfolgen keinen stringenten Bewertungsansatz. Teilweise werden nur Aktienindizes zur Absicherung verwendet. Zwar sind Indexabsicherungen liquider, sie beinhalten aber das Risiko einer nicht gewollten Exponierung in Blue Chips oder bestimmten Branchen.

Im Ergebnis ergibt sich ein sogenannter Size Bias im Portfolio. Gemeint ist damit eine unterschiedliche Aktienstruktur zwischen Long- und Short-Seite. Einige Fonds sind so in Aktien kleinerer Unternehmen investiert, sichern das Portfolio dann aber über gängige Aktienindizes ab, also mit großkapitalisierten Aktien beispielsweise aus den Sektoren Banken, Öl & Gas oder Chemie.

Verlieren Nebenwerte in Korrekturphasen beispielsweise deutlich stärker als Blue Chips an Wert, so wird dies über die Blue-Chip-Indexabsicherung nicht ausgeglichen. Mit dem Resultat, dass der Fonds absolut an Wert verliert. Ein wichtiger Aspekt, den auch Jones erkannt hatte. „Shorts“ setzte er ebenfalls nur auf Einzelwerte ein, die eine ähnliche Größe oder ähnliche Risikoparameter wie die Kaufpositionen aufwiesen.

Die vielen Vorteile von Long-short

Grundsätzlich bieten Long-short-Aktienkonzepte im Vergleich zu den üblichen Anlageformen diverse Vorteile. Die Volatilität liegt im einstelligen Bereich, während die Korrelation zu Aktien und Renten bei marktneutralen Konzepten auf niedrigem Niveau verharrt. Zudem variierte die Aktienquote kaum. Der Maximum Drawdown – maximaler kumulierter Verlust innerhalb einer Periode – liegt damit deutlich niedriger als bei Aktienfonds, die hohe Aktienquoten fahren.

Eine klassische Markowitz-Optimierung kommt aufgrund des Rendite-Risiko-Profils der vergangenen 15 Jahre zu dem Ergebnis, dass eine marktneutrale Long-short-Strategie in einem Portfolio bestehend aus 70 Prozent Renten und 30 Prozent Aktien zu 23 Prozent beigemischt werden sollte. Genau dann reduzieren Anleger die Schwankung des Gesamtportfolios auf ein Minimum und erhöhen gleichzeitig die Renditeerwartungen.

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Quelle: Thomson Reuters