Kommentar Die unterschätzte Rolle der Ehefrau in der Unternehmerberatung

Rena Haftlmeier-Seiffert ist Geschäftsführerin der Equa-Stiftung, die Forschung und Austausch, um Unternehmerfamilien fördert.

Rena Haftlmeier-Seiffert ist Geschäftsführerin der Equa-Stiftung, die Forschung und Austausch, um Unternehmerfamilien fördert. Foto: Equa-Stiftung

Bei genauerem Blick auf und in Unternehmerfamilien, stellt man nicht selten fest, dass die Rolle von Ehe- beziehungsweise Lebenspartnerinnen* hier eine doch eher unzeitgemäße sein kann und insbesondere den Partnerinnen von Unternehmern (seltener geschlechtlich umgekehrt) in Bezug auf das Familienunternehmen eine untergeordnete Rolle mit wenig Bedeutung zugewiesen wird.

Das ist irritierend, da doch mittlerweile hinreichend bekannt ist, dass (möglichst diverse) Teams zu viel besseren Ergebnissen gelangen als Alleinstrategen. Weshalb beschneiden sich viele die Unternehmer dieser Ressource? Und was bedeutet das für Berater von Unternehmern im Private Banking und Wealth Management?

Angst vor Komplexität

Als Argument wird von Unternehmern häufig eine befürchtete Komplexität angeführt. Die Angeheirateten seien zum einen anders sozialisiert, brächten daher andere Vorstellungen mit und könnten deshalb unvorhersehbare Einflüsse in der Unternehmensführung geltend machen. Zum anderen seien Scheidungen und Trennungen nie auszuschließen und man scheue deren Folgen. Also hält man die Ehefrau oder Lebenspartnerin bewusst außen vor.

Doch wird die Komplexität dadurch wirklich reduziert? Eine Vogel-Strauß-Politik hilft wenig. Der Einfluss der Partnerinnen wird immer da sein und die Komplexität so nicht reduziert. Im Gegenteil, sie könnte sogar befeuert werden, da es keinen offenen und transparenten Umgang mit den (ungewollten) Einflüssen gibt, diese im Verborgenen geschehen und deshalb noch schwieriger mit ihnen umzugehen ist, weil kaum ansprechbar.

Außerdem haben die Lebenspartnerinnen nichtsdestoweniger eine hohe Bedeutung für den Fortbestand von Familienunternehmen. Mindestens zwei Aspekte sind dabei wesentlich: Die Angeheirateten übernehmen eine wichtige Rolle bei der Erziehung der nächsten Generation und sind zum andern oft Back-up und Sparring-Partner der Familienunternehmer.

Die Rolle der Erzieherin

‍Obwohl sich die alten Rollenbilder von der Mutter am Herd und dem Vater im Dienst langsam auflösen, herrschen gerade in Unternehmerfamilien häufig traditionelle Muster.

Fallbeispiel 1:

Erst kürzlich berichtete mir ein Unternehmer, er würde sich um die Nachfolge in seinem Unternehmen keine Sorgen machen. Seinen Kindern würden von klein auf Werte wie Leistungsbereitschaft, Mut zur Entscheidung, Flexibilität, Durchsetzungswille, Frustrationstoleranz vermittelt. Wenige Wochen später traf ich seine Frau. Manches, was sie berichtete, gebe ich nun gestrafft wieder:

Sie sei aus einem Lehrerhaushalt und habe selbst Grundschullehrerin werden wollen. Dann habe sie sich aber in ihren Mann verliebt und jung geheiratet. Zwar sei sie irritiert gewesen, als ihre Schwiegereltern einen Ehevertrag verlangten. Aber da sie mit dem Unternehmen sowieso nichts zu tun habe und auch nicht so aussehen wollte, als habe sie ihren Mann aus Berechnung geheiratet, war das für sie in Ordnung. Bald hatte sie drei Kinder und war mit deren Betreuung beschäftigt.

Ihr Mann sei seit je her wenig zu Hause. Er arbeite täglich circa 12 Stunden, auch samstags. So habe sie die Kindererziehung allein in der Hand, was für sie zwar manchmal schwierig aber in Ordnung sei. Da verlasse sich ihr Mann ganz auf sie.

Ihr Mann berichte zu Hause wenig vom Unternehmen, da er, wenn er schon mal daheim ist, ausspannen möchte. Auch gehe sie das Ganze ja sowieso nichts an. Als Angeheiratete dürfe sie weder im Unternehmen arbeiten noch Gesellschafteranteile besitzen. So war sie auch nie auf Gesellschafterversammlungen oder bei Betriebsfesten. Es herrsche bei ihnen eine klare und bewusste Trennung von Familie und Unternehmen.

 

Beide Ehepartner sind sich in diesem Beispiel offensichtlich einig, dass sie ihre Aufgaben gut aufgeteilt haben und dass die Kinder einmal das Unternehmen übernehmen werden. Daran könnte es aber Zweifel geben. Denn die Mutter spielt die entscheidende Rolle bei der Erziehung des Nachwuchses, gerade weil der Vater offensichtlich kaum zu Hause ist. Wie aber soll eine Lehrerstochter, die selbst keine Beziehung zum Unternehmen hat, geradezu bewusst davon ausgeschlossen wird, den Kindern eine positive Nähe zum Unternehmen vermitteln und sie zu Unternehmertum erziehen?

Hinzu kommt, dass die Kinder fühlen, wie die Mutter das Unternehmen in gewisser Weise als Konkurrenz empfindet, da sie mit ihm um die knappe Zeit des geliebten Mannes buhlen muss und sogar im Zweifelsfall hintan zu stehen hat. Darüber hinaus bekommen die Kinder von der Mutter unbewusst eher die Werte einer Pädagogin vermittelt: Nachsicht und Förderung der Schwachen, Toleranz, Gleichberechtigung ohne Vorbedingungen. Als Unternehmer benötigt man aber: Leistungswille, Wettbewerbsdenken, Akzeptanz der Ungleichheit. So kann der Vater zwar die Unternehmereigenschaften von seinen Kindern verbal einfordern, wie es in der Realität dann tatsächlich aussehen wird, zeigt sich spätestens, wenn die Nachfolge ansteht.‍


*Nach wie vor ist die überwiegende Mehrheit der Familienunternehmer männlich und die (angeheirateten) Lebenspartner weiblich, weshalb im folgenden Beitrag auch diese Rollenbilder im Vordergrund stehen und bedient werden. Selbstredend ist aber trotzdem jeweils immer auch die weibliche Familienunternehmerin und der männliche Angeheiratete mitgedacht.