Eberhard Sandschneider „Der politische Einfluss aufs Börsengeschehen nimmt zu“

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Wer wie er und sein Land auf der Achse des Bösen sitzt (gesessen hat), weiß um die Schwierigkeiten, die sowohl der Irak als auch der Iran, die beiden anderen Partner auf dieser Achse, mit den USA hatten. Um sich davor zu schützen, folgt Nordkorea einer Nuklearstrategie.

Das ist aber nur ein Teil der Erklärung. Die Irrationalitäten dynastischer Machtpolitik erschweren ansonsten selbst für China - und erst recht für westliche oder Nachbarstaaten - den Umgang mit dem Regime.
 
Der Ölpreis ist zum Spielball der Politik geworden zu sein. Welche Fronten gibt es hier und wie wird das Spiel ausgehen?

Die Zukunft des Ölpreises zu kalkulieren ist - gerade weil er in wachsendem Maße politischen Überlegungen ausgesetzt ist - kaum möglich. Es gilt allerdings mit Blick auf die technologischen Veränderungen, dass die Knappheit immer vom technologischen Zugang abhängig ist. Insofern wird das Spannungsverhältnis zwischen Erschließungstechnologien und politischen Einflüssen den Ölpreis auch in Zukunft weitestgehend unkalkulierbar für eine langfristige Planung halten.

Niedrige Öl- und Rohstoffpreise setzen vor allem Russland zu. Präsident Putin scheint eher irrational bei seinen Entscheidungen zu sein. Die Spannungen zum Westen haben zugenommen, so dass bereits von einem zweiten Kalten Krieg die Rede ist. Welche Rolle kann Russland zukünftig in der Welt spielen und zum Beispiel die Krise im Nahen Osten mit lösen. Und will Russland das überhaupt?

Wladimir Putin erscheint mir alles andere als irrational oder unkalkulierbar in seinen politischen Schachzügen der letzten Monate. Sein zentrales Ziel war es, Russland an die Entscheidungstische der Weltpolitik zurückzubringen. Das ist ihm sowohl im Fall der Ukraine als auch im Fall Syriens gelungen.

Er setzt allerdings auf eine Strategie, die sich vermutlich langfristig als fatal für die russische Wirtschaft erweisen wird. Nicht nur der Zusammenbruch des Ölpreises hat die ressourcenabhängige Schwäche der russischen Wirtschaft offengelegt. Es fehlt in Anbetracht der Oligarchenstruktur ein leistungsfähiger wirtschaftlicher Unterbau, der die machtpolitischen Ambitionen des Präsidenten langfristig unterstützen könnte.

Hier zeigt sich der zentrale Unterschied zu China: China hat mit der Wirtschaft begonnen, um seine Leistungsfähigkeit jetzt in politischen und militärischen Einfluss zu übersetzen, Russlands Einflussversuche stehen wirtschaftlich auf tönernen Füßen.

Übersteht die Europäische Gemeinschaft die Flüchtlingskrise?

Die Europäische Union war, seitdem sie ins Leben gerufen wurde, in der einen oder anderen Weise immer in einer Krise. Krisen sind insoweit Dauerzustand dieser Union, immer gemessen an der fernen Vision einer vertieften Europäischen Gemeinschaft. Die Flüchtlingskrise zeigt, dass nach der Erweiterung unterschiedliche nationalstaatliche Interessen innerhalb der Europäischen Union unter einen Hut gebracht werden müssen.

Das ist schwierig aber das wird nicht verhindern, dass Europa insgesamt zusammenhält und vielleicht auch wieder eine Phase beginnt, in der die Bereitschaft, europäisch zusammenzuarbeiten die der nationalstaatlichen Eigeninteressen überschreitet. Für Europa gilt am Ende das Prinzip Hoffnung, das nicht vergessen machen sollte, wie weit die Europäer auf ihrem Weg in den letzten 70 Jahren gekommen sind.

Selbst die Väter und Mütter des Europäischen Einigungsprozesses hätten nicht zu träumen gewagt, wie Europa heute aussieht. Manchmal ist ein wenig mehr Optimismus und Zuversicht auch in einer kritischen internationalen Lage hilfreich und förderlich.


Veranstaltungshinweis:
Eberhard Sandschneider, Professor an der Freien Universität Berlin, spricht am 3. Mai in München beim Vermögenstag der V-Bank. Sein Vortrag lautet: „Geopolitik und Börse - politische Entwicklung in China, Russland und Nahost. Was kommt auf Vermögensverwalter und ihre Mandanten zu?“ Hier finden Sie weitere Informationen zur Veranstaltung.

Über den Interviewten:
Eberhard Sandschneider ist Professor seit 1998 an der Freien Universität Berlin und hat den Lehrstuhl für Politik Chinas und Internationale Beziehungen inne. Seit August 2003 ist er Otto Wolff-Direktor des Forschungsinstituts der DGAP. Seit September 2012 gehört er dem 6. Beirat der Bundesakademie für Sicherheitspolitik an.

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