E-Mails, SMS, Tweets & Co. Worauf Vermögensverwalter bei der digitalen Kommunikation achten müssen

Das Volumen elektronischer Daten wächst ständig, eine nachhaltige Strategie fürs Datenmanagement ist wichtig

Das Volumen elektronischer Daten wächst ständig, eine nachhaltige Strategie fürs Datenmanagement ist wichtig Foto: konradbak/Fotolia

Finanzinstitute setzen zunehmend soziale Unternehmensnetzwerke in verschiedenen Geschäftsbereichen ein, vor allem im Vertrieb und im Kundenservice. Unter den Teilnehmern einer Studie über künftige Entwicklungen im Bankensektor erwarten 58 Prozent, dass Banken im Jahr 2020 überwiegend über Online-Kanäle mit ihren Kunden kommunizieren werden.  

Obwohl das Wealth Management innerhalb der Finanzindustrie eine Nischenposition einnimmt und die Kunden spezifische Anforderungen für den Kontakt mit ihrem Vermögensberater haben, wird die Digitalisierung der Kommunikation auch hier für Veränderungen sorgen. Gemäß einer Befragung unter jungen HNWI und UHNWI erwartet dieser Kundenstamm, dass ihre Ansprechpartner auch außerhalb der gängigen Bürozeiten verfügbar sind.

Zwar werden Telefon und E-Mail bei der Kommunikation bevorzugt, allerdings gewöhnt sich auch hier die Kundschaft immer mehr an die Nutzung verschiedener digitaler Kanäle und wird daher von den Vermögensberatern die gleiche Flexibilität erwarten, die der breite Bankensektor beim Einsatz von Messaging-Tools bereits beweist.

Im Trading-Bereich ist Business-Messaging bereits zu einem zentralen Aspekt effizienter virtueller Kommunikationsinfrastrukturen geworden. Solche Technologien können allerdings auch unsachgemäß eingesetzt werden, wie der jüngste Skandal um die Manipulation von Devisenkursen zeigt: Hier tauschten sich die Händler in privaten Online-Chatrooms über die Manipulierung der Tages-Wechselkurse aus.

E-Mails, SMS, Twitter-Posts sind verlässliche Beweise

Aus der verstärkten Nutzung von Enterprise-Messaging-Tools ergeben sich wichtige Implikationen für eDisclosure-Prozesse und das Management elektronisch gespeicherter Informationen (Electronically Stored Information, ESI) in Finanzinstituten. So müssen beispielsweise mit Inkrafttreten der EU-Richtlinie Mifid II die Dienstleister jegliche elektronische Kommunikation speichern, wenn sich diese auf Anlagedienstleistungen mit dem Ziel einer Vereinbarung bezieht. Die Institute müssen diesen Anforderungen ab 2017 entsprechen können.

Ist ein Unternehmen in einen Rechtsstreit oder eine behördliche Untersuchung verwickelt, müssen sämtliche Datenquellen nach potenziell relevanten Informationen durchsucht werden. Das schließt auch solche Daten ein, die über die Social-Networking-Plattformen einer Firma verbreitet oder erzeugt wurden. Tatsächlich sind ESI für Gerichtsverfahren und behördliche Untersuchungen mittlerweile so wichtig geworden, dass Firmen ihre Bedeutung nicht mehr ignorieren können.

Die Justiz geht davon aus, dass „E-Mails, SMS, Twitter-Posts und ähnliches oftmals die aussagekräftigsten und verlässlichsten Beweise dafür darstellen, was jemand zu einem bestimmten Zeitpunkt gesagt oder gedacht hat... jeder Richter ist sich dessen bewusst, dass Erinnerungen trügerisch und eigennützig sind.“ Unternehmen müssen die Informationen aus neuen und sich stetig weiter entwickelnden Datenquellen daher ordnungsgemäß sichern und extrahieren können.

Gemäß einer Umfrage des Beratungsunternehmens PwC steht die Zunahme von Social Networking am Arbeitsplatz für IT- und eDisclosure-Experten jedoch an dritter Stelle unter den größten aktuellen Herausforderungen. Das legt nahe, dass die Firmen diese Schwierigkeiten erst noch umfassend verstehen müssen, um sich ihnen angemessen stellen zu können.

Lösungsansatz für das Daten-Management-Problem

In einem wichtigen ersten Schritt müssen Banken und Vermögensberater alle Datentypen ebenso wie die technische Infrastruktur und die Speicherlösungen in einer so genannten Datamap erfassen. Das schließt auch ESI ein, die mittels Social und Mobile Media erzeugt und gespeichert wurden. Da Kommunikationspraktiken sich ständig ändern, sollten mögliche neue Quellen von ESI fortlaufend geprüft werden und gegebenenfalls in die Datamap einfließen.

Zudem ist es wichtig, verbindliche Regeln für die Aufbewahrung und Löschung von ESI auf sozialen Unternehmensnetzwerken einzuführen. Ist die Datenlandkarte nicht auf dem neuesten Stand, sind viele neue Datentypen mit großer Wahrscheinlichkeit nicht darin abgebildet und Firmen können relevante Informationen infolgedessen nicht aufspüren.

Wenn Unternehmen sich nicht in der Lage zeigen, zulässige Daten wie E-Mail-Anhänge oder Gesprächsaufzeichnungen aus Arbeitsplatznetzwerken akkurat zu verwalten, können daraus ernsthafte Konsequenzen entstehen.

Das verdeutlicht die Aussage eines Richters im Rahmen eines viel beachteten Prozesses in Großbritannien: so solle von der in diesem Fall betroffenen Prozesspartei, einem bekannten Großunternehmen, erwartet werden können, „dass [sie] über ein effizientes System des Informationsmanagements verfügt, um [ihre] elektronischen Datenbestände identifizieren, erhalten, sammeln, verarbeiten, analysieren und bereitstellen zu können... es ist überraschend und bedauerlich zugleich, dass [das Unternehmen] sich unfähig gezeigt hat, dem Gericht solche entscheidenden Informationen vorzulegen.“ Die betroffene Partei wurde zu einer Strafe verurteilt.

Da digitale Kommunikation auch bei Banken und Vermögensberatern eine immer stärkere Rolle spielt und das Volumen elektronischer Daten ständig wächst, ist eine nachhaltige Strategie für das Datenmanagement wichtig. Denn wenn die Pflicht zur Datenüberwachung vernachlässigt wird, können daraus hohe Folgekosten entstehen - sowohl in finanzieller Hinsicht als auch in Bezug auf eine etwaige Rufschädigung.


Über den Autor:
Als Strategie-Direktor für die Region Deutschland, Österreich und Schweiz (D-A-CH) leitet Behnam Sadough die Frankfurter Niederlassung von Epiq Systems. Er verfügt über mehr als zwölf Jahre Erfahrung im deutschen Rechtsmarkt und ist Experte im Bereich eDiscovery.

Zuvor war er als Operativer Chef (COO) bei Pratolina Investment Company tätig. 2005 gründete er mit Cornuum das erste LPO-Unternehmen in Deutschland. Sadough hat zahlreiche Publikationen zum Thema LPO vorzuweisen und ist Verfasser des Standardwerks „Der Deutsche Rechtsmarkt“.

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