Die Aussichten für die Assetklasse Infrastruktur sind im Jahr 2025 gut. Das zeigt der Infrastrukturausblick der DWS. Es gibt zwar einige Risiken – besonders durch die Wiederwahl Donald Trumps. Aber insbesondere in Europa ist der Markt laut den Studienautoren attraktiv. Zwar gibt es politische Risiken in Frankreich und Deutschland. Aber Europa sei schon lange führend in der Entwicklung von Infrastrukturprojekten.
Trumps Wiederwahl kann für europäische Infrastruktur positiv sein
Die Wiederwahl Trumps erhöht aufgrund von Zolldrohungen und einer geänderten Energiepolitik zwar die generelle Unsicherheit. Auf Europa kann dies aber einen gegenteiligen Effekt haben. Im Jahr 2025 wird die Gefahr neuer Handelszölle die politischen Entscheidungsträger der Europäischen Union laut den Studienautoren wahrscheinlich dazu motivieren, bestehende Initiativen wie das Net-Zero-Industrie-Gesetz (NZIA) und den EU-Chips-Plan weiter voranzutreiben.
Trump signalisierte bereits, dass er den Zugang der EU zu US-Energieexporten beschränken könnte. Dies dürfte die EU weiter dazu ermutigen, ihre strategische Unabhängigkeit im Energiesektor auszubauen. Dazu zählen Repower EU, die Energiemarktreform 2024 und die Erneuerbare-Energien-Richtlinien. All diese Maßnahmen dürften das Investitionsklima und die industrielle Kapazität Europas laut den Studienautoren weiter verbessern.
Vergleich der Investitionsattraktivität bei erneuerbaren Energien
Die Unterschiede zwischen den Märkten verdeutlichen sich am Beispiel der erneuerbaren Energien und emissionsarmen Technologien. Diese werden in den USA tendenziell weniger gefördert, während Europa ein Vorreiter in der Förderung von grünen Technologien bleibt.
Aber auch in Europa bestehen geopolitische Risiken, insbesondere durch Russlands anhaltende Invasion in der Ukraine. Dadurch sehen sich die Europäer gezwungen, die Wirtschaft widerstandsfähiger zu machen und strategisch unabhängige Lieferketten in Schlüsselindustrien aufzubauen.
Die Herausforderungen Europas in diesem Bereich wurden in wichtigen Berichten analysiert, unter anderem von Mario Draghi, dem ehemaligen Präsidenten der Europäischen Zentralbank, und Enrico Letta, dem ehemaligen italienischen Premierminister. Beide betonten, dass Europa seine industrielle Wettbewerbsfähigkeit stärken muss, um auf lange Sicht unabhängig von geopolitischen Spannungen zu bleiben.
DWS hat in diesem Zusammenhang mehrere Chancen für Investoren identifiziert, die aus dem notwendigen wirtschaftlichen Wandel Europas resultieren. Diese werden unter der Initiative „European Transformation“ zusammengefasst, die Strategien für Investitionen in europäische Infrastrukturen fördert.
Große Investitionslücke bei der Infrastruktur
Die Autoren der DWS schätzen den Investitionsbedarf in der gesamten europäischen Wirtschaft auf 6 Billionen Euro. Davon werden 3,5 Billionen Euro voraussichtlich durch den öffentlichen Sektor finanziert – macht bis 2030 eine Investitionslücke von mindestens 2,5 Billionen Euro.
Diese Lücke an privaten Kapital erstreckt sich hauptsächlich auf die Bereiche Gebäude, Energie, Transport, digitale Infrastruktur und grüne Infrastruktur. Auf Seiten der EU hofft man, Investoren zu ermutigen. Dadurch könnten europäische Unternehmen skalieren und es mit Konkurrenten aus den USA und China aufnehmen.
Rechenzentren: Widerstandsfähig gegenüber Marktveränderungen
Als die Zinssätze im Jahr 2023 zu steigen begannen, verzeichneten einige zuvor hoch geschätzte Bereiche einen Rückgang der Transaktionsaktivitäten. Dieser Rückgang diente dazu, die Investitionen neu zu bewerten. Dies betrifft laut den Autoren insbesondere Greenfield-Investitionen, die darauf abzielen, Unternehmen zu vergrößern, jedoch mit hohen Kapitalausgaben verbunden sind.
Da Investitionsausgaben nun teurer sind, wurden diese Projekte in vielen Fällen rationalisiert, was zu einem Rückgang der Bewertungen in Sektoren wie Entwicklung erneuerbarer Energien, Glasfaserunternehmen, Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge und anderen Sektoren mit kleiner physischer Präsenz, aber großen Entwicklungsplänen geführt hat.
Ein Sektor, der sowohl vom Rückgang der Transaktionsaktivität als auch von Neubewertungsdruck weitgehend unberührt geblieben ist, sind Rechenzentren. Die mangelnden Neubewertungen im Vergleich zu anderen digitalen Sektoren liegt teilweise daran, dass es weniger Entwicklungsprojekte im Rechenzentrumsmarkt gibt. Gleichzeitig besteht eine starke Nachfrage nach Investitionen in diesen Bereich.
Obwohl die verfügbaren Daten begrenzt sind, zeigen private Marktdaten der DWS zu abgeschlossenen Transaktionen, dass sich die EV/EBITDA-Multiplikatoren für Rechenzentren seit Anfang 2023 in einer Spanne von 19–30x bewegt haben.
2025: Ein Schlüsseljahr für den europäischen Rechenzentrumsmarkt
Das Jahr 2025 wird entscheidend für den europäischen Markt für Rechenzentren, da die Region ihre wirtschaftlichen Unabhängigkeitsziele durch Investitionen in digitale Infrastruktur verfolgt. Im Gegensatz zu den USA wird die Verfügbarkeit von Strom ein entscheidender Faktor für die weitere Entwicklung des Sektors sein.
Die meisten bestehenden Rechenzentrums-Cluster in Europa haben bereits ihre Kapazitätsgrenzen erreicht oder stehen kurz davor, insbesondere in Bezug auf verfügbare und mit Strom versorgte Flächen. Daher werden neue Investitionen bedeutender, insbesondere in:
- Italien, als großer, aber unterversorgter Markt
- Spanien, mit seiner starken Nutzung von Solar- und Windenergie
- Nordischen Ländern, mit hoher Verfügbarkeit von Wasserkraft
- Großbritanniens Norden, der Europas größter Markt für Offshore-Windenergie ist
Traditionell lag der Fokus bei Investitionen in Rechenzentren auf niedriger Latenz, doch mit der zunehmenden Entwicklung von Cloud-Diensten und Künstlicher Intelligenz (KI) entstehen neue Nutzungsmöglichkeiten. Laut den Autoren könnten weniger latenzkritische Anwendungen (wie das Training und Lernen von KI-Modellen) künftig weiter entfernt von den Verbrauchszentren angesiedelt werden.
Zunehmende Bedeutung von Datensouveränität in Europa
Die geografische Diversifizierung der Investitionen könnte zusätzlich durch die wachsende Forderung nach Datensouveränität in vielen europäischen Märkten unterstützt werden. Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verlangt zwar nur, dass Daten nach EU-Standards gespeichert werden, jedoch nicht zwingend innerhalb der EU.
Allerdings erlassen immer mehr Länder zusätzliche nationale Vorschriften, die vorschreiben, dass bestimmte sensible Daten – beispielsweise aus den Bereichen Gesundheit, Finanzdienstleistungen und Telekommunikation – lokal gespeichert und verarbeitet werden müssen.
Darüber hinaus fördern immer mehr europäische Regierungen aktiv die Entwicklung von KI-Rechenzentrums-Clustern, um ihre nationale KI-Kompetenz zu stärken. Da KI zunehmend als strategischer wirtschaftlicher Vorteil betrachtet wird, wollen Regierungen sicherstellen, dass es keine übermäßige Abhängigkeit von ausländischen Technologien gibt. Dieser Trend spiegelt sich auch in anderen Infrastruktursektoren wider, da sich die globalen geopolitischen Bedingungen in den vergangenen Jahren verschärft haben.
Die gesamte Studie auf Englisch finden Sie hier.