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Regulierungsfuror in China Drei Konsequenzen ergeben sich aus Pekings Politik

Xi Jinping, Chinas auf Lebenszeit gewählter Staatspräsident, bei einer Inspektionsreise in der Hebei-Provinz Ende August 2021

Xi Jinping, Chinas auf Lebenszeit gewählter Staatspräsident, bei einer Inspektionsreise in der Hebei-Provinz Ende August 2021: China leitet offenbar Schritte zu einer sozialeren Zukunft ein. Foto: IMAGO / Xinhua

Polina Kurdyavko, BlueBay AM

Das für große Teile der Weltöffentlichkeit überraschende Durchgreifen des chinesischen Staates bei wachstumsstarken Unternehmen mit Monopolstatus lässt auf drei politische Implikationen schließen:

Der Staat verankert nicht die Rendite der Anleger

Peking stellt die Marktannahme in Frage, dass der chinesische Staat mit Blick auf eine Reihe von Unternehmensanleihen, die von den Marktteilnehmern ähnlich wie Staatsanleihen angesehen werden, sowie für große Unternehmen automatisch als Rettungsanker fungiert – die Annahme „kein Unternehmen ist zu groß, um zu scheitern“ hat sich offenkundig überholt. Unserer Ansicht nach wird der Politikwechsel wahrscheinlich zu einer Neubewertung in mehreren Sektoren führen.

Börsenplatz Hongkong könnte US-Notierung ausstechen

China ist bestrebt, die durch die Börsennotierung einzelner Unternehmen in New York entstehende Anfälligkeit für die Datensicherheit zu verringern. Infolgedessen sind einige Internetunternehmen auf den Radar der chinesischen Staatsführung geraten. Wir gehen vor diesem Hintergrund davon aus, dass folglich weniger Kapital den Weg in einige der großen chinesischen Internetunternehmen finden dürfte. Dennoch bleiben die langfristigen Auswirkungen unklar: Es könnte beispielsweise Kapital, das über den Börsenplatz Hongkong in chinesische Internetunternehmen fließt, von Peking toleriert werden.

China will soziale Ungleichheiten stärker eindämmen

China tendiert in seiner Politik zu einer dirigistischen „sozialistisch geprägten Marktwirtschaft“ im Gegensatz zu der von den westlichen Volkswirtschaften vertretenen freien „Marktwirtschaft“. Bildungsanbieter, Lieferdienste und die damit verbundenen arbeitsmarktpolitischen Erwägungen fallen in den Bereich dieser politischen Bestrebungen. Die Folgen dieser Politik werden wahrscheinlich höhere Kosten für die jeweiligen Unternehmen und geringere Rentabilität sein. Unseres Erachtens entsteht jedoch wahrscheinlich keine wesentliche Verschlechterung ihrer Kreditwürdigkeit.

Aus ESG-Sicht erscheint Chinas Politik in besserem Licht

Solange China alle diese Prioritäten gleichzeitig verfolgt, besteht ganz klar die Gefahr, dass die Volatilität auf dem Markt zunimmt – die Reaktion der Aktienmärkte blieb in den vergangenen Wochen nicht aus.

Im Moment haben wir den Eindruck, dass die chinesischen Politiker durchaus in der Lage sein könnten, bei der Umsetzung ihrer Maßnahmen einen maßvolleren Ansatz zu wählen, so dass sich Unternehmen und Anleger gleichermaßen auf das neue Paradigma einstellen können. Nicht auszuschließen ist, dass Peking mit seiner brachialen Politik gegenüber den Innovationsführern im Land einen politischen Fehler begeht.

Lange Zeit beruhte die Bewertung der chinesischen Politik durch die Anleger auf der Annahme, dass der soziale Zusammenhalt oberste Priorität bei den staatlichen Führungsstellen hat. Die Marktteilnehmer erwarteten stets ein sofortiges, beherztes Eingreifen des Staates, um diesen Zusammenhalt im Land um jeden Preis zu gewährleisten. Tatsächlich erleben wir jetzt die konsequente Anwendung dieses Grundsatzes.

Aus ESG-Sicht ist der Fall klar: China leitet Schritte zu einer sozialeren Zukunft ein – was die Zukunftsaussichten des Marktes in einem besseren Licht erscheinen lässt. Kurzfristig haben die weitreichenden Maßnahmen zu mehr Volatilität geführt; langfristig sollte der Gesamtmarkt, mit möglicherweise mehr Wettbewerb, fortfahren zu wachsen.

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