Draghis Erbe Personalfragen spielen in der Geldpolitik keine wichtige Rolle

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Würde zum Beispiel Italien in der Fiskalpolitik jegliche weitere Kooperation mit der EU verweigern, so könnte die EZB mit dem OMT-Programm in der jetzigen Form nicht eingreifen. Aber selbst wenn die EZB es mit Billigung des EuGH täte, könnte das Bundesverfassungsgericht die Bundesregierung unter Bezug auf Artikel 88 im Grundgesetz – Übertragung der Geldpolitik an die der Preisstabilität verpflichtete EZB – auffordern, Abhilfe zu schaffen, da die Voraussetzung der Übertragung nicht mehr erfüllt ist. Es würde der deutschen Politik in einer solchen Lage schwerfallen, sich zugleich gegen Bundesverfassungs-gericht, Bundesbank und „Bild“-Zeitung durchzusetzen. Ähnliche Probleme ergäben sich in anderen Ländern.

Zweitens gibt es auch mit Blick auf die konventionelle Geldpolitik in ganz Europa Grenzen der öffentlichen Akzeptanz. Die Zinsen liegen bereits am unteren Ende. Betragsmäßig größere und nur durch eine Einschränkung der Nutzung von Bargeld zu stützende Negativzinsen wären vermutlich so unpopulär, dass die EZB massive politische Schwierigkeiten bekäme.

Für die konventionelle Zinspolitik und die Festlegung des ihr zugrunde liegenden Inflationsziels erwarte ich keinen massiven Schwenk. Dazu hat der Gouverneur zu wenig Gewicht im Zentralbankrat, und auch die Besetzung der EZB-Managementposten ist für einen Schwenk zu träge. Darüber hinaus ist mit Philip Lane ein moderater Chefvolkswirt im Amt, der einen wichtigen vorbereitenden Beitrag zu den Sitzungen des Zentralbankrats leistet.

Auch hinsichtlich der unkonventionellen Maßnahmen wie Quantitative Easing (QE) oder OMT gibt es offenbar klare Mehrheiten im Rat der EZB. Größere Unterschiede kann es schon eher in der Kommunikation zu den unkonventionellen Maßnahmen geben, in der schon wenige Worte einen großen Einfluss haben können. Aber mit Blick auf die jüngsten Wortmeldungen der Kandidaten sind auch dort größere Veränderungen unwahrscheinlicher geworden.

Europas Geldpolitik ist wichtig, aber ihr sind rechtliche, politische und wirtschaftliche Grenzen gesetzt. Personen in der Geldpolitik können wichtig werden – aber sie sollten es nicht sein. So spannend es also sein mag, Personalfragen im Zentralbankwesen zu diskutieren – die eigentliche Frage bleibt, ob es gelingt, die Verschuldung in Italien in den Griff zu bekommen. Geldpolitik kann diesen Prozess begleiten und unterstützen. Aber die Lösung liegt bei der Politik.



Über den Autor:
Hans Peter Grüner ist Professor für Wirtschaftspolitik an der Universität Mannheim, Lehrbeauftragter an der Hertie School of Governance in Berlin und Research Fellow des Centre for Economic Policy Research in London. Er beriet unter anderem EU-Kommission und EZB zu wirtschaftlichen Fragen. Seit 2009 ist er Beirat einer privaten Vermögensverwaltung.

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