private banking magazin: Unser letztes Gespräch ist gut ein Jahr her. Was ist seitdem auf dem deutschen Immobilienmarkt passiert?
Benner: Wir erleben den typischen Verlauf einer Krise im Immobilienmarkt. Erst sind die Projektierer und Bauträger pleite gegangen, weil ihnen die Projektkosten und Zinskosten für die Grundstücke weggelaufen sind. Nun folgen die Baufirmen mit einiger Verzögerung, hier stehen die Pleiten erst noch bevor, weil erst Ende 2024 und 2025 hier die Auftragsbücher leer werden und letzte Aufträge ausgelaufen sind. Aber 2024 ist ein Turning Point – vieles pendelt sich nun ein, die Mutigen starten die Ankäufe und die Banken finden sich wieder langsam in der höheren Zinsnormalität ein.
Wie ist es um die Projektentwicklung bestellt? Schlägt die „Krise“ da noch heftiger durch?
Benner: Die Projektentwickler sind nach meinem Gefühl weitgehend durch. Jene, die genug Eigenkapital haben, schaffen es, die anderen nicht. Aber blickt man einmal auf die letzten 70 Jahre Immobilienzyklus, passiert es alle 10 bis 20 Jahre, dass eine Krise die Entwickler kaputt macht. Entwickler zu sein ist eben ein eher riskantes Geschäft mit schwieriger Planung und hohen Einzelprojektrisiken – das macht es lukrativ ,aber auch riskant. Es hat einen Grund, warum es kaum große Entwickler gibt, die ihr Geschäft seit 100 Jahren machen. Bei Bestandshaltern ist das anders.
Sie haben einen „flächendeckenden Ausfall der Cashflows“ prognostiziert. Waren Sie zu pessimistisch?
Benner: Meine Prognose war – wie ich finde – recht gut. Ich hatte vor einem Jahr den Ausfall von Cashflows bei Büroflächen und eine massive Abwertung der Office-Bestandshalter prognostiziert. Die Leerstände bei Office in deutschen Städten steigen, Neubauprojekte werden gestoppt und die Bestandshalter haben inzwischen 10 Prozent und 22 Prozent an Wert abgeschrieben – dies hat es so nie zuvor gegeben. Die Mietverträge laufen ja meist noch 3 bis 5 Jahre, so dass erst dann die Anschlussvermietung platzt oder tiefer liegt, der Kapitaldienst funktioniert dann nicht mehr. Wir werden hier noch einige Pleiten sehen, die Banken halten sich hier weiter zurück. Gleichzeitig kaufen nun erste mutige Investoren wieder Office, weil sie den Tiefpunkt im Office-Markt nun sehen.
P5 The Property Kongress – Der Kongress der Immobilienbranche:
Immobilieninvestoren aus den Bereichen private und institutionelle Anleger, Family Offices, Projektentwicklungen sowie Medienplattformen haben sich zusammengetan und laden zum P5 The Property Kongress: Der Großkongress vereint am 17. und 18. Juni 2024 im Kongresshaus Kap Europa in Frankfurt/Main die bekannten Gesichter und Bosse der Branche.
Die fünf Themenschwerpunkte des Kongresses:
Bestandsimmobilien
ESG
Finanzierung
Bau
Poptech
Workshops, Panels, Vorträge und mehr als 50 Aussteller decken alle wissenswerten Themen ab und bieten unzählige Möglichkeiten zum Austausch und zum Networken. Mehr zum P5 The Property Kongress hier.
Die Büromarktkrise ist in den USA seit letztem Jahr extrem, dort gelten Bürogebäude als Dead Assets, Banken schreiben Milliarden ab. Und blicke ich auf Retail, sieht die Welt nicht viel anders aus: Galeria Karstadt ist nur ein Beispiel, wie der Leerstand steigt, immer mehr Shopping Center bekommen nicht mehr die Kurve. Auch hier werden die in den nächsten Jahren auslaufenden Mietverträge zu mehr Leerstand und schwierigen Kapitaldienstfällen führen, einschließlich weiterer Abwertungen.
Haben oder hatten wir einen echte Immobilienkrise – oder haben wir lediglich eine Schockwelle erlebt und die Märkte pendeln sich wieder ein?
Benner: Die Immobilienkrise ist sehr stark und betrifft viele. Das ist kein Vergleich zu der Krise in den 90er Jahren oder 2008. Insofern hat dies deutliche Auswirkungen und wir werden noch viele Pleiten sehen. Das Einpendeln erleben wir gerade im Ankauf: Der Transaktionsmarkt war zwei Jahre tot, nun sehen die großen Maklerhäuser wie Savills oder JLL wieder ansteigende Zahlen, auch Hypoport sieht auf der privaten Finanzierungsseite einen Anstieg seit Anfang 2024. Es scheint, als hätten wir uns nun alle an Zinsen von 3 bis 5 Prozent gewöhnt. Im Baubereich wird es noch länger kein Einpendeln geben, hier geht es weiter abwärts und alle staatlichen Förderprogramme sind aus meiner Sicht nicht relevant, sondern eher vergebene Chancen, die unsere Bauministerin nicht wahrnimmt.