Dodd-Frank Act Banken sollten über eine agile Infrastruktur verfügen

Ist Senior-Projektmanagerin beim Beratungsunternehmen Consileon: Mariam Rostamzada

Ist Senior-Projektmanagerin beim Beratungsunternehmen Consileon: Mariam Rostamzada

Anfang 1988 landete die englische Band Johnny Hates Jazz mit dem Album „Turn Back the Clock" den einzigen und größten Erfolg ihrer Karriere. Fast 30 Jahre später zeigt sich, dass Clark Datchler, Mike Nocito und Calvin Hayes mit ihrem Opus Magnum den Soundtrack zu den aktuellen regulatorischen Vorstößen des US-Präsidenten Donald Trump liefern.    

Regulierung bilateral gehandelter Derivate

Im Jahr 2010 hat die damalige US-Regierung unter dem Eindruck der Finanzmarktkrise den sogenannten Dodd-Frank Wall Street Reform and Consumer Protection Act erlassen. Das Gesetz – meist kurz Dodd-Frank genannt – hatte zum Ziel, die Stabilität des Finanzmarktes zu fördern. Wesentliche Elemente waren die Erhöhung der Transparenz, Schutz der Anleger vor missbräuchlichen Handelspraktiken und die Vermeidung von Bankenrettungen mit Steuergeldern, sogenannte Bail-Outs.

Knapp zwei Jahre später hat die Europäische Union (EU) die in Teilbereichen fast deckungsgleiche EMIR-Verordnung erlassen. Die hatte zum Ziel, den OTC-Derivatemarkt neu zu ordnen. Diese nicht-börsengehandelten Derivate wurden für die Finanzmarktkrise als mitverantwortlich ausgemacht. Daher ist es aus Gründen einer quasi regulatorischen Wettbewerbsgleichheit nur folgerichtig, dass weitere Länder wie Kanada, Russland, Singapur und zuletzt auch die Schweiz entsprechende regulatorische Initiativen auf den Weg gebracht haben.

Damit herrscht nun mit Dodd-Frank, EMIR und den unterschiedlichen Länderinitiativen ein gesetzlicher Rahmen, der Marktteilnehmer dazu verpflichtet, das Clearing der OTC-Derivatgeschäfte über eine Zentrale Gegenpartei, eine Central Counterparty, durchzuführen und die OTC-Geschäfte an ein Transaktionsregister zu melden. Sofern Geschäfte nicht zentral abgewickelt werden, unterliegen sie höheren Anforderungen an Besicherung und Risikomanagement. Damit war es gelungen, an fast allen Handelsplätzen die ehemals bilateral gehandelten Derivate in das Licht der Öffentlichkeit zu zerren.

Rolle rückwärts

Anfang Februar hat nun der neue US-Präsident Donald Trump ein Dekret unterzeichnet, welches das Dodd-Frank-Gesetz – und damit die Regulierung des Derivate-Geschäfts – auf den Prüfstand stellt. Mit dieser Unterschrift hat er sein Versprechen eingelöst, die aus seiner Sicht überbordende Regulierung der Finanzmärkte – und damit der Wall-Street-Investmentbanken – zu lockern.

Auch wenn das auf mehr als 22.000 Seiten geschätzte Regulierungswerk selbst von neutralen Beobachtern als reformwürdig erachtet wird, ist der Schritt von Präsident Trump bemerkenswert: Gerade zehn Jahre nach Ausbruch der folgenschwersten Finanzmarktkrise seit den 1930er Jahren sollen die Zügel wieder locker gelassen werden?   

Während die Investmentbanken die Nachrichten aus Washington mit Kurssprüngen quittieren, folgt in Europa Stirnrunzeln. Nachdem sich die G20-Staaten gemeinsam auf die Regulierung vermeintlicher, finanzieller Massenvernichtungswaffen geeinigt hatten, schert der eigentliche Initiator mit einer Rolle rückwärts aus?

Dieses Vorgehen erinnert in der Konsequenz an die Causa FATCA: Mit dem Foreign Account Tax Compliance Act hatte die US-Regierung ausländische Finanzinstitutionen verpflichtet, ihren Kundenbestand nach möglichen US-Kunden zu durchforsten. Weltweit schufen nationale Regierungen entsprechende Rechtsrahmen und Banken hatten teils erheblichen Implementierungsaufwand – man spricht von einem Gesamtaufwand von acht Milliarden US-Dollar jährlich.

Dann im Jahr 2014 hat die OECD mit dem sogenannten Common Reporting Standard (CRS) eine FATCA-ähnliche globale Regelung – auch unter der Abkürzung GATCA bekannt – zum internationalen Informationsaustausch in Steuersachen geschaffen. Es grenzt hier an Ironie, dass gerade die USA bei dieser nicht kooperieren. Damit entsteht die an sich paradoxe Situation, dass die mangelnde Reziprozität der USA dazu führt, dass potentielle US-Steuerpflichtige global identifiziert und gemeldet werden, die USA aber zu einem sicheren Hafen für internationale Steuervermeider wird.