„EU-Kommission gibt Neuregelung von Open Finance auf“, berichtete die „Börsen-Zeitung“ am Montag, den 10. Februar 2025. Etwa zwei Tage später legte das Medium mit einem Artikel nach. Der Tenor hat sich aber um 180 Grad gedreht. „EU-Kommission hält doch an Neuregelung von Open Finance fest“, heißt es dort. Was ist in der Zwischenzeit passiert?
Als die „Börsen-Zeitung“ ihren ersten Artikel veröffentlichte, war der Aufschrei groß. Denn: Laut des Artikels findet sich im Entwurf für das Arbeitsprogramm der EU-Kommission, der den Redakteuren vorliegt, die Fida-Regulierung unter den Gesetzgebungsverfahren, die die Kommission zurückziehen will. Gerechnet hatte damit aber kaum ein Marktteilnehmer aus der Finanzbranche, wie die Reaktionen von Entscheidern und Verbänden zeigten. So haderte AfW-Vorstand Norman Wirth und sah „eine verpasste Chance, gleiche Wettbewerbsbedingungen in der Finanzbranche zu schaffen.“
Fida könnte Austausch detaillierterer Daten ermöglichen
Ebenso wenig rechneten Wirth und andere Marktteilnehmer wohl mit der Rolle rückwärts, an der die Kommission in der Zwischenzeit arbeitete. Denn als sie dann tatsächlich ihr Arbeitsprogramm veröffentlichte, fand sich die Fida-Regulierung unter den gelisteten Gesetzgebungsverfahren, an denen die Kommission noch arbeitet. Dass die Fida-Regulierung greift, ist also immer noch möglich und gewissermaßen wahrscheinlich.
Die Europäische Union arbeitet schon länger an dem Projekt, viele Finanzdienstleister und auch deren Dienstleister hatten sich bereits auf die Regulierung vorbereitet. Die Europäische Union möchte mit Fida schließlich den Weg für digitale Innovationen in der Finanzbranche ebnen: Fida steht für „Framework for Financial Data Access Regulation“ und soll regeln, wie Finanzdienstleister Kundendaten bereitstellen und austauschen sollen, um beispielsweise „Open Banking“ zu ermöglichen. Die Regulierung beträfe dabei nicht nur Banken, sondern auch Fintechs, Vermögensverwalter oder Versicherer.
Durch die seit 2018 gültige PSD2-Regulierung konnten und mussten bisher nur Teile dieser Unternehmen auch nur grundlegende Kundendaten bereitstellen. Fida soll – wenn die Kunden zustimmen – künftig auch den Weg zu detaillierteren Kundendaten freimachen. Wenn dritte Unternehmen nach Kundenerlaubnis diese Daten unter Fida abrufen wollen, müssten sie aber beispielsweise die Banken oder Versicherer entlohnen, die die Daten bereitstellen. Und: Unter die Daten fallen etwa Informationen zu Krediten, Darlehen, Spar- und Geldanlagen, Krypto-Assets, Immobilien, versicherungsbasierten Anlageprodukten, Altersvorsorge, Sachversicherungen und Bonitätsbeurteilungen. Durch die 180-Grad-Wende ist dieses Vorhaben auch weiterhin möglich.
Überrascht vom Hin und Her waren wohl viele Branchenkenner. Nur in welche Richtung sich diese Überraschung jeweils erstreckte, hing auch mit dem Teil der Branche zusammen, in dem die Marktteilnehmer jeweils arbeiten. So hatte der Gesamtverband der Versicherer GDV sich stets kritisch gegenüber der Regulierung geäußert. Für Banken hatte es mit PSD2 schon eine Regulierung gegeben, die den Kundendatenaustausch unter den Finanzinstituten und damit „Open Banking“ ermöglichen sollten. Die Versicherungen waren vor dieser Arbeit bisher gefeit – umso größer wäre der Aufwand, der Fida für sie mitbringen könnte. „Die Infrastruktur für die Bereitstellung wäre extrem kostspielig und würde den erwarteten Nutzen bei Weitem übersteigen“, erklärte GDV-Boss Jörg Asmussen Ende 2024.
Fida ein „wichtiges Signal für Open Finance und fairen Wettbewerb“
Zum neuen Arbeitsprogramm der Kommission und dem aktuellen Plan für Fida erklärt Asmussen: „Der Vorschlag in seiner jetzigen Form ist jedoch kaum umsetzbar.“ Der GDV habe bereits mehrfach stark kritisiert, dass der Entwurf mit erheblichem finanziellen und personellen Mehraufwand verbunden sei, ohne einen erkennbaren Nutzen zu bieten. „Es wäre jedoch ein deutliches und richtiges Zeichen in Richtung Vereinfachung gewesen, wenn die EU-Kommission den Vorschlag zu Fida komplett zurückgezogen hätte. Diese Chance wurde nicht genutzt“, so Asmussen.
Eine abwartende Haltung – gerade im von Asmussen vertretenen Versicherungssektor – beobachtet Udo Pickartz, Versicherungsrechtsexperte von Simmons & Simmons: „Regulierung wird oft als Innovationshemmnis gesehen. FiDA ist jedoch ein gutes Beispiel, dass gezielte Regulierung Innovation auch beschleunigen kann.“ Zwar könne er die Kritik an Überregulierung nachvollziehen, die Geschwindigkeit habe sich aber erhöht. Den Preis für ein komplettes Streichen von Fida hält Pickartz für zu hoch: „Ohne einheitliche Standards droht regulatorische Unsicherheit. Außerdem gibt es mit der PSD2-Verordnung bereits eine Blaupause, wie Regulierung in einem ähnlichen Feld wie FiDA für erhebliche Innovation gesorgt hat.“
AfW-Boss Wirth zeigte sich erfreut, dass die EU-Kommission weiter an Fida arbeitet: „Die Nachricht, dass Fida nun doch weiterverfolgt wird, ist ein wichtiges Signal für Open Finance und fairen Wettbewerb“, erklärte er in einer Mitteilung des Verbandes. Der Prozess müsse jetzt zügig und „mit Blick auf weniger Bürokratie vorangetrieben werden“, damit sowohl Verbraucher als die von Wirth vertretenen Vermittler Mehrwerte hätten. Der Bankenverband oder der Verband unabhängiger Vermögensverwalter haben sich bisher nicht geäußert.